Humboldt: Enzensberger startet Millionen-Edition

  • Hallo zusammen!


    Noch eine Presse-Mitteilung:


    Berlin (dpa) - Er gilt als letzter Universalgelehrter und erster global denkender Wissenschaftler: Alexander von Humboldt (1769-1859) hat mit seinen Expeditionen und Natur-Erkundungen eine neue Sicht der Welt eröffnet.


    Wenige Deutsche sind so berühmt wie dieser preußische Adelige, der mit der Französischen Revolution sympathisierte und in abgewetztem Gehrock bei Hofe verkehrte. Hunderte Orte sind nach ihm benannt. Es gibt einen Pico Humboldt in Venezuela, den Humboldt-Strom im Pazifik, einen Humboldt-Gletscher in Grönland und auf dem Mond das Mare Humboldt.


    Doch für Hans Magnus Enzensberger ist der Baron aus Berlin in seiner Heimat noch ein großer Unbekannter. Mit der Veröffentlichung seiner wichtigsten Werke will der Schriftsteller den «Pionier des modernen wissenschaftlichen Denkens» jetzt auch in Deutschland populär machen. Zum 20. Geburtstag der von Enzensberger und Verleger Franz Greno gegründeten «Anderen Bibliothek» (Motto: «Wir drucken nur Bücher, die wir selber lesen möchten») erscheinen an diesem Mittwoch Humboldts drei wichtigste Werke als Originaleditionen: Die «tollkühne» Weltbeschreibung «Kosmos» samt Atlas, die «Ansichten der Natur» und erstmals komplett auf Deutsch die reich bebilderten «Ansichten der Kordilleren».


    Die Bände - insgesamt rund 2000 Seiten - werden mit einer für ein populärwissenschaftliches Thema bisher einmaligen Medienkampagne begleitet. Der Eichborn Verlag investiert 1,5 Millionen Euro in das Projekt. In Magazinen, Fernsehinterviews und Talkshows, einem Gala-Diner in Humboldts Familienschloss, einem Auftritt von Daniel Barenboims Staatskapelle und einer Präsentation auf der Berliner Museumsinsel trommelt der Lyriker und Essayist auf allen Kanälen für den Forscher. Knapp 200 Euro kosten alle Werke zusammen.


    Die reich bebilderten Bücher kommen in einer Auflage von zunächst 50 000 Exemplaren in den Handel - eine weitere Auflage ist in Druck. Alle 30 000 Schüler der 32 deutschen Humboldt-Gymnasien sollen mit Unterstützung prominenter Paten die üppigen Bände kostenlos erhalten, über das Humboldt-Portal können Interessierte im Internet in das Universum des Wissenschaftlers eintauchen.


    Mit seinem Mammut-Vorhaben will Enzensberger «Ruck»-Stimmung im Land erzeugen. Humboldt, der seine Weltreisen aus eigener Tasche bezahlte, wirke mit seiner Risikobereitschaft, seinem Enthusiasmus und seiner Neugierde noch heute ansteckend. «Mit der lahmen und lähmenden Stimmung, die derzeit in Deutschland zu herrschen scheint, hatte er nichts im Sinn», beteuert Enzensberger.


    Tatsächlich ist Humboldt aus der Moderne nicht mehr wegzudenken. Mit seiner Amerika-Reise (1799-1804), seinen Erkundungen in Europa und Asien, den Beobachtungen vor Ort und akribischen Aufzeichnungen öffnete er die «intellektuelle Kontinentalsperre» seiner Zeit. Humboldts Messungen und Sammlungen begründeten Disziplinen wie die Geophysik, die Pflanzengeographie oder die Klimaforschung. Er ging in die Welt, um sich ein Bild zu machen von Dingen, von denen es noch kein Bild gab, schreibt Humboldt-Experte Manfred Osten.


    Humboldt erforschte die Lebenswelt von Inkas und Azteken, drang mit Freund Aimé Bonpland in den Amazonas-Urwald und bestieg unter großen Strapazen den 6000 Meter hohen Chimborazo im heutigen Ecuador. Er kritisierte die Sklaverei und begrüßte Lateinamerikas Unabhängigkeitsbewegungen. Der Freiheitskämpfer Simón Bolívar nannte ihn den wahren «Entdecker der Neuen Welt».


    Es sei schwer vorstellbar, dass heute jemand wie «dieser Erd- und Himmelsdetektiv» eine solche Universalkompetenz erreichen könne, sagt Enzensberger. Als erster habe Humboldt die Wissenschaft als «globalisiertes Projekt» verstanden. Seine lebendige Prosa sei noch heute für jeden verständlich. Mit seinem Projekt macht sich Enzensberger, der am 11. November 75 Jahre alt wird, auch ein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk. «Nur wer, wie Humboldt, seine Projekte "con amore" angeht, wird in Zukunft eine Chance haben».


    http://www.humboldt-portal.de


    Grüsse


    Sandhofer
    PS. Ich sehe gerade auf obiger Seite, dass Nina Ruge offenbar wirklich lesen kann :rollen:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo sandhofer !


    Danke für die Information - ich habe vor ein paar Jahren Auszüge aus Humboldts Reisebeschreibung in Südamerika gelesen.


    Zitat

    Humboldt, der seine Weltreisen aus eigener Tasche bezahlte, wirke mit seiner Risikobereitschaft, seinem Enthusiasmus und seiner Neugierde noch heute ansteckend.


    Hihi, ich glaube, wenn er gewußt hätte, was ihn dort alles an 'Natur' erwartet, hätte er es sich vielleicht nochmal anders überlegt. :entsetzt:


    Gruß von Steffi