Joseph Campbell - Die Kraft der Mythen

  • Hallo zusammen !
    Hallo Hubert !


    Hubert hatte in einem anderen thread nach dem Mythologen Joseph Campbell gefragt und was ich an ihm erstaunlich und interessant finde.


    Zwei Bücher von Joseph Campbell "Die Kraft der Mythen" und "Hero with a thousand faces" habe ich 1990 gelesen ("Hero" nur zum Teil).


    Damals fand ich besonders erstaunlich, dass Campbell anhand von Vergleichen zwischen unterschiedlichen Mythologien (Inuit, Indianer, Griechenland, Bibel usw.) einen Zusammenhang erkennen lässt und sogar eine Übereinstimmung. Er sieht das als eine Art innere Übereinstimmung aller Menschen. "Mythen sind Schlüssel zu den geistigen Entwicklungsmöglichkeiten des menschlichen Lebens."


    Dann schließt er den Bogen zur modernen Welt, indem er z.B. Rituale erklärt und deren Fehlen in der modernen Welt für heutige Mißstände verantwortlich macht, indem man für das eigene Leben keine Perspektive erkennen kann. Als Beispiel: Das Fehlen der Pubertätsriten führt dazu, dass Jugendliche nicht in die Gesellschaft der Erwachsenen aufgenommen werden und sich als Ausgleich selbst Rituale schaffen z.B. Graffiti, Banden usw.


    Immer wieder zitiert er in "Die Kraft der Mythen" auch Literatur. Tonio Kröger, Yeats, aus der Bibel, Meister Eckhart, Hamlet usw.


    Als ein Beispiel führt er die Schöpfungsgeschichte an und deren Übereinstimmung mit dem "Weltgesang" der Pima-Indianer, einer indischen Upanischad von 8. JH. v. Chr. und einer Sage der Bassari in Westafrika. "Die innere Versöhnung mit den Bedingungen des Lebens ist für alle Schöpfungsgeschichten grundlegend."


    Auch über die Schlange als Symbol und den Mythos von Adam und Eva versucht er, historische Erklärungen zu geben.


    Erstaunlich fand ich aber auch seine Aussagen zum Verhältnis zwischen Theologie und Mythologie:
    "Die Mythologie ist sehr fließend. ... Man kann sogar einmal in einer bestimmten Kultur vier oder fünf Mythen finden, die alle dasselbe Geheimnis in verschiedenen Versionen wiedergeben. Dann kommt die Theologie daher und erklärt, es dürfe nur so und so sein."


    Für mich war das damals erstaunlich, vielleicht kennst Du, Hubert, das aber auch schon alles. Alles in allem finde ich diese Sicht auf die Seele des Menschen recht interessant. Vielleicht gibt es ja auch andere Mythologen, die sich mit der Mythologie in Bezug auf das moderne Leben auseinandersetzen ?


    Gruß von Steffi

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Steffi"

    [...]dass Campbell anhand von Vergleichen zwischen unterschiedlichen Mythologien (Inuit, Indianer, Griechenland, Bibel usw.) einen Zusammenhang erkennen lässt und sogar eine Übereinstimmung. Er sieht das als eine Art innere Übereinstimmung aller Menschen. "Mythen sind Schlüssel zu den geistigen Entwicklungsmöglichkeiten des menschlichen Lebens."


    ... Klingt nach C.G. Jung ...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Zitat von "Steffi"

    Hallo zusammen !
    Hallo Hubert !


    Hubert hatte in einem anderen thread nach dem Mythologen Joseph Campbell gefragt und was ich an ihm erstaunlich und interessant finde.


    Hallo Steffi,


    vielen Dank für Deine ausführliche Antwort. Wie Sandhofer schon anführte klingt das nach C.G.Jung, der in lebenslanger Arbeit die Mythen der Völker verglich und diese ebenso wie die griechischen Götter als Archetypen der menschlichen Seele erklärt. Das ist in der Tat ein interessanter Ansatz. Ich will mir Campbell mal in der Bibliothek ansehen, möglicherweise hat er ja zusätzliche Beispiele.


    Das Fehlen der Pubertätsriten führt dazu, dass Jugendliche nicht in die Gesellschaft der Erwachsenen aufgenommen werden und sich als Ausgleich selbst Rituale schaffen z.B. Graffiti, Banden usw.


    Genau genommen könnte man ja Firmung bzw. Konfirmation als solche religiösen Pubertätsriten auffassen, aber wahrscheinlich ist es der Preis der Säkularisierung, dass diese Rituale nicht mehr so erkannt werden.




    Interessant ist in diesem Zusammenhang auch Eugen Drewermanns "Tiefenpsychologie und Exegese", das m.M.n. auf der Arbeit von C.G.Jung aufbaut.


    Gruß von Hubert

  • Hallo !


    Hubert schrieb:

    Zitat

    Genau genommen könnte man ja Firmung bzw. Konfirmation als solche religiösen Pubertätsriten auffassen,


    Ja, genau das führt auch Campbell an. Auch z.B. der Übergang von kurzen zu langen Hosen früher bei Jungs etc.


    Campbell baut tatsächlich auf die Arbeiten von C.G.Jung auf. Folgendes habe ich bei Wikipedia über ihn gefunden:
    http://en.wikipedia.org/wiki/Joseph_Campbell


    Hubert, solltest Du mal was von ihm lesen, würde mich Deine Meinung sehr interessieren. Ich habe, alles in allem zu wenig Ahnung von diesen Dingen, um mir ein Urteil bilden zu können.


    Gruß von Steffi