Georg Heym - Der Abend

  • Versunken ist der Tag in Purpurrot,
    Der Strom schwimmt weiß in ungeheurer Glätte.
    Ein Segel kommt. Es hebt sich aus dem Boot
    Am Steuer groß des Schiffers Silhouette.


    Auf allen Inseln steigt des Herbstes Wald
    Mit roten Häuptern in den Raum, den klaren.
    Und aus der Schluchten dunkler Tiefe hallt
    Der Waldung Ton, wie Rauschen der Kitharen.


    Das Dunkel ist im Osten ausgegossen,
    Wie blauer Wein kommt aus gestürzter Urne.
    Und ferne steht, vom Mantel schwarz umflossen,
    Die hohe Nacht auf schattigem Kothurne.



    soviel zu meinem Gedicht. ich muss eine Gedichtsanalyse auf morgen hinblättern und habe bis jetzt die zusätzlich epochenzeit (expressionismus) verfasst und danach mit der Textanalyse begonnen.
    Leider konnte ich das erscheinungsdatum nicht herausfinden was mir bei der interpretation weiterhelfen würde (betr. 1. u. 2. Weltkrieg)
    Denke mir dass es schon, zumindest wage, ein solchen bezug hat.


    Würde aber denken, wenn der Expressionismus nicht ein gegenstrom zum Naturalismus gewesen wäre, und sowieso nichts "einfach so" gemacht wurde, dass es einfach ein schönes gedicht ist.... :-) jaja ich weiss, wäre auch zu schön.


    Falls mir jemand von euch überhaupt helfen kann und somit georg heym kennt weiss, dass er dafür bekannt ist, dass ,durch seine komplizierte Ausdrucksweise, nicht jederman in der Lage war (und heute noch ist) seine Gedichte zu verstehen. mir fählt es abgesehen von der Inhaltsangabe nur schon schwer die gattung und versmass zu bestimmen!


    was hab ich schon:
    Gattung denke ich es ist eine Ballade, er war ja auch für seine Novellen bekannt und die sind der Ballade verwandt.


    ich gehe jetzt nicht zu fest ins detail betr. inhaltsanalyse aber ich denke dass es darum wie sich etwas verschlechtert sozusagen ins dunkel der nacht geriessen wird, dem Schiffer kommt dabei eine besondere Rolle zu als der der darüber steht, oder dafür verantwortlich ist, mit der ungeheuren Glätte und dem Raum, den klaren, denke ich will er die tückische ruhe vor dem sturm darstellen.


    den rest der 2. strophe sowie die 3. strophe verstehe ich nicht wirklich citharen = eine alte art Guitare?
    kothurne = hoher schnürschuh aus dem antiken Theater?


    ich hab nicht herausgefunden wofür die farbe blau steht
    der rest der dritten strophe ist denke ich die umschreibung von: zu spät, jetzt kommt das unheil auf uns zu.


    die ganze 2. strophe kann ich nicht einordnen, fällt mir kein bezug zur geschichte oder sont was ein.


    hoffe ihr könnt mir helfen. und das meine ausführungen verständlich sind.


    besten dank


    ratsapus

  • Hallo ratsapus!


    Das nenne ich nun mal eine Anfrage, wo man sieht, dass der/die Fragende sich auch schon selber Gedanken gemacht hat!


    Leider bin ich auch kein Spezialist für Heym oder den Expressionismus. Ein bisschen aber kann ich wohl weiterhelfen.


    Zitat

    Leider konnte ich das erscheinungsdatum nicht herausfinden was mir bei der interpretation weiterhelfen würde (betr. 1. u. 2. Weltkrieg)


    Heym lebte von 1887-1912; er wusste also weder vom 2. noch vom 1. Weltkrieg etwas.


    Versmass: 5 Jamben pro Zeile.
    Sicher keine Ballade, Balladen sind - salopp ausgedrückt - versifizierte Novellen. Hier ist aber reine Lyrik, d.h. Stimmung, keine 'Action'.


    Typisch für den Expressionismus: ein exzessiver Gebrauch von Farben.


    Typisch für Heym, soweit ich ihn kenne: Abendstimmung, oft verbunden mit dem Schifffahrtsmotiv, Anspielungen aufs klassische Griechenland. (Cithare und Kothurn hast Du ja soweit richtig 'übersetzt'.)


    Ich sehe hier - so auf den ersten Blick - verschiedene Methaphern für den Tod / das Sterben. (Auch dies ein Lieblingsthema sowohl des Expressionismus wie von Heym, so viel ich weiss.) Der Schiffer, der einen über den Fluss des Vergessen führt; die Nacht etc.


    Ich hoffe, das hilft zuerst einmal weiter.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • hey sandhofer!


    Besten dank für deine Prompte antwort!


    Konntest mir tatsächlich schon weiterhelfen.


    das heym schon 1912 starb wusste ich selber eigentlich auch ich habs allerdings nicht wirklich übernommen. obwohl, falls er das gedicht 1912 schrieb wäre es schön möglich dass es mit dem drohenden weltkrieg der ja durch wilhelm II heraufbeschwört wurde in zusammenhang stehen könnte.


    bin mega dankbar fürs versmass!!


    gattungstechnisch stehe ich jetzt wieder am anfang... schade. aber immerhin weiss ich dass es keine ballade ist ;-) aber was sonst? ode, sonett, hymne und lied fallen weg. ballade auch. dan bleiben nur noch elegie und epigramm. aber das gedicht ist nicht in distichen geschrieben... :redface:


    die restlichen inhaltsangaben von dir leuchten mir ein und sind nachvollziehbar, jedoch ergibt es für mich dann nicht wirklich einen gesammt sinn. zusätzlich kann ich mit ein paar versen a la "Wie blauer Wein kommt aus gestürzter Urne. " gar nichts anfangen. ich erkenn den sinn nicht wieso bei heym der wein blau ist. mit blau fällt mir nur das "blaue blut" von adligen ein, womit es jedoch ziemlich sicher nicht viel zu tun hat. genauso wie die beiden sätze mit den griechischen ausdrücken mir nicht verraten was sich heym ev. dabei gedacht hat (und bewogen diese so zu formulieren)


    fragen über fragen...


    wäre weiterhin total froh wenn mir jemand noch ein bisschen auf die sprünge helfen könnte.


    Danke seehr.


    ratsapus


    edit: ach ja wie war das mit dem sterben bei den alten griechen? sind die auch schon über den jordan gefahren?

  • Hallo ratsapus,


    Du hast gepostet:
    . ich erkenn den sinn nicht wieso bei heym der wein blau ist.


    Nicht nur bei Heym ist der Wein blau. Anscheinend hast Du noch nie in Österreich Rotwein getrunken. Die bekanntesten Sorten sind dort „Blaufränkisch“ oder „Blauer Zweigelt“ und es gibt dort auch „blauen Portugieser“ und „blauen Burgunder“. Siehe dazu auch folgenden Link:


    http://www.europewine.com/rebsorten4.0.html



    wie war das mit dem sterben bei den alten griechen? sind die auch schon über den jordan gefahren?


    Nein die Griechen wurden nach dem Sterben vom Fährmann Charon über den Styx, einen Fluß der Unterwelt, in den Hades gebracht.


    Gruß von Hubert