Flann O’Brien (d.i. Brian Nolan) lebte von 1911 bis 1966 in Irland und war neben Tätigkeiten in der Verwaltung und in der Lehre im Journalismus und als Romanautor beschäftigt. In Irland ist er einer der meist gelesenen Autoren des 20. Jahrhunderts.
„Der dritte Polizist“ wurde in den 40er Jahren geschrieben, aber erst nach seinem Tod 1968 veröffentlicht. Ins Deutsche wurde er von Harry Rowohlt übersetzt und erschien zuerst 1975.
Die Handlung des Romans weist starke Ähnlichkeiten zum Absurden Theater auf.
Der Ich-Erzähler, ein Mann Anfang Dreißig, der schon in der Jugend ein Bein verlor und stattdessen ein Holzbein trägt, kehrt nach Jahren der Ausbildung und Forschung über den fiktiven Physiker und Philosophen de Selby auf seinen von den Eltern ererbten Bauernhof nebst Pub irgendwo im ländlichen Irland zurück. Er trifft dort auf den Verwalter John Divney, der den Betrieb nur sehr lasch führt und es sich dort bequem gemacht hat. Dieser rät ihm, um eine Ausgabe seines Buches über die Sekundärliteratur zu de Selby zu finanzieren und den Betrieb zu sanieren, einen alten Mann, der immer sehr viel Geld mit sich herumtrage, zu berauben und zu ermorden, was sie auch tun. Die Geldkassette nimmt Divney an sich, um sie gut zu verstecken, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Der Ich-Erzähler ist misstrauisch und weicht Divney drei Jahre nicht von der Seite, teilt sogar das Bett mit ihm, bis Divney ihm schließlich anbietet, dass er die im Haus des Ermordeten versteckte Kassette nun holen kann. Als der Ich-Erzähler das Versteck im Haus findet und öffnet, kann er nur kurzzeitig die Kassette berühren und erfährt dann einen merkwürdigen Bewusstseinswandel. Im Raum befindet sich nun der ermordete alte Mathers, der ihm auf Nachfrage sagt, er wisse nicht, wo sich die Kassette befinde, aber die Polizisten im Revier könnten ihm vielleicht weiterhelfen. Divney ist mittlerweile verschwunden, und der Ich-Erzähler begibt sich zum Revier, wo er auf zwei merkwürdige Polizisten, den Sergeant Pluck sowie Wachtmeister MacCruiskeen trifft. Diese sind vorwiegend mit Fahrraddiebstählen beschäftigt sowie mit merkwürdigen Messungen, die sie in ein Buch eintragen und sehr wichtig nehmen. Als ein Vorgesetzter auftaucht, der wegen des Mordes am alten Mathers, dessen Leiche inzwischen im Straßengraben gefunden wurde, obwohl die beiden Täter ihn eigentlich begraben hatten, alarmiert ist und nachfragt, ob die Polizisten hier schon tätig geworden sind, benennt der Sergeant den Ich-Erzähler als Täter. Dieser kennt jedoch seinen eigenen Namen nicht, weswegen der Sergeant ihn beruhigt, dass er dann auch nicht hingerichtet werden könne. Nichtsdestotrotz beginnt man im Hof, die Hinrichtungsstätte aufzubauen. Währenddessen nimmt ihn der Sergeant mit zu einer Art Stollen, genannt „die Ewigkeit“. Sie entpuppt sich als Ort der komplizierten Messungen, die die beiden Polizisten immer vornehmen. Scheinbar kann man hier alle Reichtümer und Genussmittel der Welt erhalten, sie aber nicht mit an die Oberfläche nehmen, da man nur mit dem gleichen Gewicht in einem Aufzug den Stollen verlassen kann, mit dem man angekommen ist. Schließlich entkommt der Ich-Erzähler mit dem Fahrrad des Sergeanten, das dieser in eine Zelle gesperrt hat, weil es durch die innige Beziehung zu seinem Fahrer mit diesem Atome ausgetauscht hat und er sich jetzt durch es bedroht fühlt. Der Ich-Erzähler radelt zu dem Haus von Mathers und trifft dort auf den dritten Polizisten der Wache, Fox, der aber das Gesicht von Mathers besitzt und ihm sagt, dass er die Kassette an den Hof des Ich-Erzählers geliefert habe. Als dieser dort eintrifft, löst er bei dem inzwischen verheirateten und 16 Jahre älter gewordenen John Divney einen Herzinfarkt aus, an dem dieser wohl stirbt. Beide zusammen gehen zurück zur Polzeiwache, wo sie der genau gleich geschilderte Sergeant Divney mit den gleichen Worten empfängt wie den Ich-Erzähler vor einigen Tagen. Damit endet der Roman.
Die Handlung zeigt, dass Flann O’Brien hier fast ausschließlich Elemente des Absurden benutzt, dazu das Stilmittel der Metafiktion, d.h. dass er den Leser immer wieder auf das Fiktionale der Handlung hinweist. Dies geschieht insbesondere auch in der Neben“handlung“, einem Kommentar zu den Kritikern de Selbys, der weniger im Haupttext als insbesondere in zum Teil sehr langen Anmerkungen durchgeführt wird.
Neben der Freude am Sprachwitz und der Virtuosität im Umgang mit Sprache und humanistischer sowie naturwissenschaftlicher Bildung bietet der Roman auch eine satirische Kritik am Wissenschaftsbetrieb und der irischen Gesellschaft.
Ich fand den Roman zunächst sehr obskur und schwer zu lesen. Wenn man sich jedoch auf diese Scheinwelt einlässt und den vielen neu geschaffenen Mythen, wie dem Atomaustausch zwischen Menschen und den von ihnen viel benutzten Gegenständen sowie den vielen hanbüchenen Theorien de Selbys Spaß abgewinnen kann, eröffnet sich eine sehr ungewöhnliche und skurille Romanwelt, die ein wirklich exklusives Leserlebnis bietet.