Zu dieser Sammelbezeichnung für die Geschichten, die in Island im Laufe des 13.und 14. Jahrhunderts verschriftlicht, im 12. Jahrhundert entstanden sind und Ereignisse des 10. und 11. Jahrhunderts literarisch reflektieren, scheint es noch keinen Thread zu geben.
Ich beschäftige mich gerade mit den drei Sagas, die sich mit den Grönlandfahrern und frühen Entdeckern Nordamerikas beschäftigen.
Hier einige Zeilen zu
Die Saga von Erik dem Roten
Erik muss wegen eines Totschlags Island für einige Zeit verlassen und segelt mit seinen Knechten nach Westen. Er kommt zur Südostküste Grönlands, segelt um das Kap Farvel und überwintert in Südgrönland, im heutigen Qaqortoq/Julianehab. In den nächsten Jahren erforscht er den Südwesten nach geeigneten Siedlungsplätzen und kehrt nach ca. drei Jahren nach Island zurück, aber nur um dort Begleiter für eine dauerhafte Besiedlung der von ihm entdeckten Gegend zu gewinnen.
Sein Sohn Leif segelt zum ersten Mal nach Westen und entdeckt dort Land. Er kehrt abe zunächst zurück und fährt dann nach Norwegen, von wo er mit dem Auftrag des norwegischen Königs zurückkehrt, Grönland zu kolonisieren. Später fährt er wieder mit anderen Siedlern von Grönland aus nach Westen, wo sie Flachsteinland (Labrador), Waldland (Neufundland) und Vinland (Neuschottland) entdecken. In Vinland, von dem die Saga behauptet, dort wüchse wilder Wein (was während des hochmittelalterlichen Klimamaximums auch durchaus möglich gewesen sein kann) siedeln sie sich an, kommen jedoch mit der Urbevölkerung, den Skraelingar, in Konflikt und brechen die Besiedelung nach der Begegnung mit einfüßigen Fabelwesen ab. Ein Teil der Siedler wird über den Ozean nach Irland abgetrieben, gerät dort in Knechtschaft und stirbt. Der Rest kehrt zurück und die Geschichte endet mit genealogischen Blicken in die spätere Zukunft und verknüpft die Siedlerfamilien mit isländischen Bischöfen des 12. Jahrhunderts.
Die Saga ist einerseits sehr formelhaft erzählt, indem zum Beispiel die Abschnitte immer anfangen mit "Ein Mann hieß …" und gibt nur sehr selten Erzählerkommentare zum Geschehen oder Charakter der Beteiligten ab. Andererseits rückt gerade diese lakonische Erzählweise das Geschehen und die Menschen ganz nah an einen heran, weil sie so selbstverständlich erscheinen. Ein sehr interessanter Einblick in diese weit zurückliegende und scheinbar so karge Welt, die aber zumindest in der Saga viele Höhepunkte in Festgelagen hatte, in denen sich diese Kultur entfaltete und darstellte.