Was ist klassische Musik?

  • Bester Roquairol,


    wenn wir die Sache aus der Sicht eines Komponisten betrachten, kommen wir auch nicht sehr viel weiter.
    Eine Musik als reine l'art pour l'art gibt es fast nicht.
    Selbst wenn Oscar Wilde meinte, alle Kunst sei nutzlos, wird sie doch vielfältig genutzt.
    Und darauf stellt oder stellte sich der Komponist ein, egal welche Musik er zu komponieren hat oder hatte. Dabei gibt und gab es Komponisten, die von sich viel verlangten und Komponisten, die weniger Ansprüche an sich stell(t)en.
    So ein Komponist beherrscht(e) dann sein Metier oder er beherrscht(e) es nicht.
    Stravinkij meinte sinngemäß, je enger er dabei begrenzt werde oder sich begrenze, desto größere Freiheiten habe er.


    Stravinskij hat von seinen Kompositionen gut leben können, so wie Händel oder Beethoven oder heutzutage Moritz Eggert.
    Bei allen finden wir eine "kommerzielle Rücksichtnahme".


    Herzlich
    Wispel

  • Lieber Wispel,
    ich kann mir aber nicht vorstellen, daß irgendjemand zu Stravinskij gesagt hat: "Das können Sie so nicht komponieren! Sowas will doch niemand hören!"
    Wie hat man sich die kommerzielle Rücksichtnahme bei ihm also konkret vorzustellen?


    Es ist klar, daß auch Komponisten sich immer an gewisse Konventionen halten, z.B. "Auf Trauerfeiern keinen Boogie!" (um das Beispiel von oben nochmal aufzugreifen). Aber ich sehe einen großen Unterschied darin, ob der Komponist selbst von diesen Regeln überzeugt ist, oder ob sie ihm von außen aufgezwunden werden bzw. er sich ihnen nur unter dem Druck irgendwelcher Sachzwänge unterwirft.


    Beste Grüße,


    R.

  • Lieber Roquairol,


    Stravinskij hat Ballettmusiken geschrieben. Das war funktionale Musik, die z. B. von Diaghilew in Auftrag gegeben worden ist. Die ästhetischen Maßgaben waren weniger positiv als negativ definiert. Um es salopp auszudrücken: Diaghilew verlangte einen Anti-Tschaikowskij. Ein Spätromatik-Gesülze hätte Diaghilew nicht akzeptiert.
    Da hätte Diaghilew gesagt: ""Das können Sie so nicht komponieren! Sowas will doch niemand hören!"


    Beste Grüße
    Wispel

  • Bester Wispel,
    Ballett-Musik ist ja auch eine Form der ernsten Musik, oder Kunst-Musik, oder wie auch immer wir das nennen wollen. Natürlich sind in diesem Fall Rücksichten auf das Ganze zu nehmen (wie auch bei der Oper u.a.), aber es handelt sich doch um keine kommerziellen Rücksichten.


    Deshalb trifft dein Beispiel meiner Ansicht nach nicht die Art von Rücksichtnahme, die ich gemeint hatte.
    Oder hat Stravinskij auch aus kommerziellen Gründen Einschränkungen hingenommen?


    Viele Grüße,
    R.

  • Hallo Roquairol


    Ich meinte schon, dass das auch kommerzielle Rücksichten sind, wenn einer das komponiert, was sicher zu vermarkten ist.


    Ein Beispiel bei Beethoven:
    er ließ sich von seinem Verleger dazu drängen, einem späten Streichquartett einen gefälligeren letzten Satz zu verpassen, so dass es besser verkauft werden konnte. Gekauft wurden die Noten von Liebhabern.
    (Beethoven hat dann den ausgeschiedenen Satz extra vermarktet. :smile: )


    Beste Grüße
    Wispel

  • Bester Wispel,
    also Beethovens späte Streichquartette als Beispiel für kommerzielle Musik?


    Darauf wäre ich wohl nie gekommen. Das gibt mir nun zu denken ... :rollen:


    Viele Grüße,
    R.

  • Lieber Roquairol,


    Beethovens Geschäftsgebaren lohnt in der Hinsicht betrachtet zu werden.


    Ein Beispiel bei Mozart:
    er beeilt sich, seine Opernmelodien zu Harmoniemusiken zu machen, bevor ihm ein anderer zuvorkommt und damit Geschäfte macht.
    Diese Harmoniemusiken (Bläsersätze) sind Kunstmusik und Gebrauchsmusik und kommerzielles Arrangement zugleich.


    Wispel

  • Daran ist nichts klischeebeladen. Das ist ein Beispiel für Mozarts Professionalität.
    Mozart hat im Falle der "Entführung aus dem Serail" darüber in einem Brief an seinen Vater geschrieben.
    Darin heißt es:
    "Nun habe ich keine geringe arbeit. - bis Sonntag acht Tage muß meine Opera auf die harmonie gesezt seyn - sonst kommt mir einer bevor - und hat anstatt meiner den Profit davon;"
    Und:
    "Sie glauben nicht, wie schwer es ist, so was auf die harmonie zu setzen - dass es den blassinstrumente eigen ist, und doch dabey nichts von der Wirkung verloren geht"


    Nun fehlt noch, dass du, xenophanes, darlegst, was daran klischeebeladen sein soll.


    Beste Grüße
    Wispel

  • Zitat von "Wispel"

    "Nun habe ich keine geringe arbeit. - bis Sonntag acht Tage muß meine Opera auf die harmonie gesezt seyn - sonst kommt mir einer bevor - und hat anstatt meiner den Profit davon;"


    Die "Entführung" hat er ja am Anfang seiner Wiener Zeit geschrieben. Die Briefe an Leopold aus dieser Zeit haben vor allem einen Zweck: Diesen über seine Lage zu beruhigen.


    CK

  • Zitat von "Wispel"

    Und was bleibt von deinem Klischeevorwurf?


    Dass Mozart verarmt jeden Auftrag hinterher gelaufen ist (dachte darauf willst du hinaus), hat die Mozartforschung inzwischen widerlegt. Das kann man sehr schön in Braunbehrens "Mozart in Wien" nachlesen.


    Wenn es um eine Entscheidung zwischen künstlerischer Qualität und Profit gegangen ist, hat sich Mozart doch fast immer für ersteres entschieden (Nebenwerke mal ausgenommen). Sonst hätte er nicht die Oper revolutioniert, sondern brav koventionelle italienische Opern für den Wiener Adel komponiert, was sicher gewinnmaximierend gewesen wäre.


    CK

  • Und warum nimmst du den Vorwurf nicht zurück, sondern rettest dich in Vermutungen?

  • Zitat von "Wispel"

    Und warum nimmst du den Vorwurf nicht zurück, sondern rettest dich in Vermutungen?


    Dass Mozart die Oper revolutioniert hat & und bei ihm künstlerische Qualität das Hauptmotiv war ist für dich eine "Vermutung" ?


    Belege doch du erst mal deine These, mit mehreren Opern. Mozart hat bekanntlich viele geschrieben und die Entführung spielt aufgrund der Unsicherheit der ersten Zeit in Wien eine Sonderrolle.


    CK

  • Bester x.,


    was soll das Getrickse?
    Ist es so schwer, einzugestehen, sich geirrt zu haben?


    Wispel

  • Zitat von "Wispel"


    was soll das Getrickse?
    Ist es so schwer, einzugestehen, sich geirrt zu haben?


    Deine These war so allgemein formuliert, dass sie schlicht falsch ist. Ein Zitat zur "Entführung" ändert daran nichts, da diese biographisch eine Sonderrolle spielte.


    Du hast es so formuliert als hätte Mozart jede Oper mit ängstlichen Schielen auf die Konkurrenz hektisch zu Ende komponiert: und das bleibt Unsinn, weshalb du zur Sache ja offenbar nichts mehr beizutragen hast.


    CK

  • Ei, was habe ich denn da für einen überheblichen "Gegner"!
    Mit Figaros Hochzeit z. B. lässt sich das belegen.
    Junge, du hast dich verrannt.


    Wispel

  • Zitat von "Wispel"

    Mit Figaros Hochzeit z. B. lässt sich das belegen.


    Nur zu, lerne immer gerne etwas Neues :breitgrins:


    Vielleicht sollten wir sachlich von vorne anfangen (mein Fehler): Was genau ist deine Behauptung?


    Gerade der Figarostoff war ja politisch extrem heikel und eine denkbar schlechte Wahl, wenn Profit das Hauptmotiv war. Das Stück von Beaumarchais war in Wien verboten und das hätte der Oper auch passieren können.


    Ästhetisch ist Mozart hier komplett neue Wege gegangen. In der Operngeschichte gab es nichts vergleichbares. Spricht IMO auch nicht wirklich für eine Profitmaximierungs- bzw. Angst-vor-Konkurrenz-These.


    CK

  • Zitat von "xenophanes"

    Was genau ist deine Behauptung?


    Das ist weiter oben zu lesen.


    Wispel[/quote]