https://www.smb.museum/ausstellungen/detail/wanderlust.html
Das Wandern bedeutet, sich freiwillig zu Fuß fortzubewegen, ohne damit einem bestimmten Geschäft nachgehen zu wollen. Die unmittelbaren persönlichen Eindrücke von Natur und Landschaften stehen dabei im Vordergrund. Mitunter hat man nun die Muße, ins innere Ich zu schauen. Wenn man den riesigen Himmel über sich wölben sieht oder auf einem Berg steht und die Aussicht genießt, wird einem die Begrenztheit des eigenen Horizonts deutlich.
Es gibt verbissene Einzelgänger, die sich am liebsten allein fortbewegen. Das war ich seit früher Jugendzeit und bin es auch heute noch geblieben, wenn mir auch die Begleitung durch liebe Nächste inzwischen recht ist.
Es gibt Leute, die sich am liebsten in Familienverbänden oder mit einer Gruppe bewegen, wobei Bollerwagen, Flaschen und Picknickkörbe mitgeführt werden.
Bei manchen geht in freier Natur die körperliche Ausarbeitung eher in Sport über, sie wollen (die Ärmsten :-)) bestimmte Ziele mit einer bestimmten Geschwindigkeit erreichen und entwickeln einen diesbezüglichen Ehrgeiz. Das ist aber dann schon kein beschauliches Wandern mehr, auch nicht der Alpinismus mit Seil und Haken. Nicht mehr mein Ding, ich habe seit der Kindheit ein gestörtes Schwindelgefühl und kann mich nicht mal lange auf einer Leiter stehend halten.
Der Verlust der Gehfähigkeit oder des Augenlichts wären für einen Liebhaber des Wanderns sehr schlimme Ereignisse.
Das Wandern wurde in der Bildenden Kunst eigentlich erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zum Thema, für das Rousseau mit seinem "Emile", seiner "Neuen Heloise" und den "Betrachtungen eines einsamen Spaziergängers" einen gewichtigen Anstoß gab, ein unbeirrbarer Einzelgänger.
Als sich Karl Philipp Moritz 1782 zu Fuß aus London fortbewegte, wurde er nicht nur von Gentlemen und Vergnügungsreisenden verlacht, sondern auch von Handwerkern und Bauern. Wirte wollten ihn nicht in den Gaststuben empfangen, weil man in ihm einen Bettler sah, so unsinnig erschien es, dass jemand ohne eine konkrete Verrichtung so einfach loslief. Nikolaj Karamzin unterhielt sich 1789 in Berlin mit Moritz und lief selbst im Tiergarten und dann auf dem Weg in die Schweiz immer wieder zu Fuß. Er machte dabei die Bekanntschaft des Kopenhagener Apothekers Gottfried Becker (1767-1845), der selbst zum Inhaber der Hofapotheke werden sollte, und große Teile seines Weges mit einem Knotenstock und in Begleitung eines Hundes zu Fuß zurücklegte.
Bekanntester Fußreisender wurde schließlich Johann Gottfried Seume (1763-1810), der sich spezielle Stiefel fertigen ließ, die heute wohl niemand mehr anziehen würde, der zwar auf seinen Wanderungen nach Syrakus 1802 tatsächlich beachtliche tausende Kilometer zurücklegte, bei seiner Reise nach Russland 1805 aber beträchtlich "schummelte".
Johann Wolfgang Goethe war ein großer Fußwanderer vor dem Herrn und verfasste die "Betrachtungen im Sinne der Wanderer", sein "Wanderers Sturmlied" ist so schön verrückt, dass man ihm abnehmen kann, dass er auch umnachtet seine Touren unternahm.
Über das Wandern in der Literatur und in der Bildenden Kunst könnte man noch seitenlang berichten, von Caspar David Friedrich bis Auguste Renoir, von Adalbert Stifters Bergwanderern bis Reinhold Messner
- von dem noch eine Geschichte: er war wirklich auf allen Achttausenden des Himalaya und in der Wüste Gobi, ein besonderes Erlebnis jedoch war für ihn das Besteigen des Brockens im Hochharz, wo er dem "Brocken-Benno" begegnete, der jetzt 85 Jahre alt ist und jeden Tag, bei jedem Wetter auf den 1141 Meter hohen Brocken steigt. Der Harz für den Südtiroler Messner ein einzigartiges Naturerlebnis
Die Ausstellung in Berlin ist noch bis zum September zu sehen.