Fritz Reuter: Ut mine Festungstid / Aus meiner Festungszeit

  • Nachdem ich die ersten fuenf Kapitel gelesen habe, will ich mal ein wenig dazu schreiben:

    Reuter wurde wegen seiner "Aktivitaet" bei der Burschenschaft im Studentenalter zum Tode verurteilt, dann zu 30 Jahren Festungshaft " begnadigt" und schliesslich durch Eingreifen des Grossherzogs von Mecklenburg nach 7 Jahren als dreissigjahriger entlassen. Mit einem Abstand von ueber 20 Jahren verfasste er den plattdeutschen Roman "ut mine Festungstid" (aus meiner Festungszeit) ueber diese Zeit, den bisher finsbury und ich lesen. Obwohl die Geschichte mit viel (Galgen) humor erzaehlt wird, greift einem doch der untergruendige Ernst ans Herz, etwa wenn er ueber die nichtigen Gruende schreibt, derentwegen er verurteilt wurde, oder wenn er erfaehrt, dass der Raubmoerder in der Zelle unter ihm am naechsten Morgen hingerichtet wird, dass der liebenswurdige Vizekommandant der Festung, in der er gerade einsitzt, in "angeheitertem" Zustand am Weihnachtsabend in einem unbedachten Augenblick einen Stafling erstochen hat. (in einer eingeschobenen Erzaehlung erfaehrt man, dass die einzige Tochter dieses Vizekommandanten - in die sich Reuter als 24jaehriger bei einem Spaziergang unter Aufsicht (aussichtsslos) verliebt hatte - an einem Weihnachtsabend gestorben und der Vater daraufhin den "Verstand verloren" hat und in einem Irrenhaus lebt.

    Finsbury liest den Roman in einer hochdeutschen Fassung, ich bin sehr gluecklich, ihn recht fluessig in Plattdeutsch lesen zu koennen. Einige Sachen von Reuter lese ich immer wieder mal, so zum Besipiel Doerlaeuchting (Durchlaucht), ut mine Stromtid (Strom ist ein Landwirtschafts"lehrling"), alle Sachen in denen Entspektor Braesig eine Rolle spielt, ut de Franzosentid, ut mine Festungstid und besonders gern de Reis nah Belligen, die Kempowski, der sie "im Block" gelesen hat, albern fand. Aber wie schrieb Sandhofer so schoen: Albernheit schliesst Grossartigkeit nicht aus..... Und Grossartig ist schon die erste Seite von der Reis nah Belligen.

    Nachtrag: Durch ein Missverstaendnis meinerseits, bin ich mit dem Lesen vorgeprescht. Wir wollen aber erst im Juni anfangen. Ich bitte um Entschuldigung!

    if all you have is a hammer, all you see looks like a nail.

    Einmal editiert, zuletzt von Volker ()