Simone de Beauvoir

  • Simone de Beauvoirs Bücher sind einfach lesenwert! Interessant finde ich die biografischen Bezüge in ihrem Werk, die man auch in ihren "kleineren" Romanen findet. Was ist eure Meinung zu "Das Blut der anderen?"


    Frankreich zur Zeit der Resistance: Der Sohn eines Druckereibesitzers erkennt die Ungerechtigkeit zwischen seinem privilegierten Leben und dem Dasein der Arbeiter in der Fabrik seines Vaters. Er macht selbst eine Druckerlehre und verlässt schließlich sein Elternhaus, um als Arbeiter zu leben. In der Arbeiterbewegung wird er zu einer charismatischen Persönlichkeit. Doch er entdeckt auch die Schattenseiten seiner Wirkung auf andere. Ein Freund, den er auf eine Versammlung mitnimmt, wird dort getötet. Auch eine junge Frau, mit der er nach längerem Zögern eine Beziehung einging, liegt schließlich im Sterben.
    Der Protagonist trägt schwer an der Erkenntnis, dass seine Handlungen immer auch Auswirkungen auf andern haben. Jede Entscheidung, die er trifft, kann fatale Folgen für andere haben. Sein Gefühl der Verantwortung für andere wird zu einer schweren Last.
    Simone de Beauvoir schreibt hier wieder sehr persönlich, ihre Figuren sind nicht nur Mittel, um etwas aufzuzeigen. Sie werden für den Leser/die Leserin lebendig. Gelungen finde ich auch die Form dieses Romans, der sich auf zwei Erzählebenen bewegt. Die eigentliche Geschichte, der Handlungsverlauf, wird in Rückblenden erzählt und immer wieder vermischt mit der gegenwärtigen Gefühlslage des Protagonisten.


    Welches sind eure Favoriten von Simone de Beauvoir?

  • Hi Judith,
    ich kann Dir zwar nicht meine Favoriten nennen, denn dafuer liegt meine Lektuere zu lange zurueck. Ich erinnere mich, dass mir besonders die "Mandarins" gefallen hatten. Doch habe ich gerade letzte Woche die "Memoiren einer Tochter..." gelesen und war so beeindruckt von ihr als Mensch, Frau und Schriftstellerin, dass ich mir nun auch die anderen Teile ihrer Autobiographie bestellt und auf meine Leseliste gesetzt habe.


    Gruss
    Antonio

  • Hallo Antonio!


    Die "Mandarins" finde ich nicht ganz leicht zugänglich wegen der politischen Bezüge, aber da es ja als ein Schlüsselwerk von SdB gilt, werde ich es wohl noch einmal lesen...
    Von der Autobiographie gefällt mir "In den besten Jahren" besonders, weil nicht nur der Weg von der Studentin zur Philosophin beschrieben wird und der Einfluss, den Sartre auf Simone de Beauvoir hatte (und umgekehrt), sondern SdB sich immer auch als reale junge Frau mit all ihren Stärken und Schwächen zeigt.
    Ansonsten las ich auch ihren Briefwechsel mit Sartre sehr gerne.

  • Hallo,


    danke. Auch der Briefwechsel mit Sartre ist auf meiner Order- und Leseliste; ihre Beziehung ist zu ungewoehnlich, als dass man nicht etwas von ihr lernen koennte...


    Gruss
    Antonio

  • War die Beziehung zu Sartre wirklich so erfüllend für Simone de Beauvoir?
    Ich habe da meine Zweifel. Was wäre gewesen, wenn sie sich auf die Beziehung mit Nelson Algren in den USA eingelassen hätte? Hätte eine "normale" monogame Beziehung nicht vielleicht ihr Weltbild verändert?


    Judith

  • Hallo Judith,


    zunächst herzlich willkommen, hier im Klassikerforum. Deine Frage, ob die Beziehung von Simone de Beauvoir zu Sartre wirklich so erfüllend war, ist natürlich absolut berechtigt. Ich denke sie war es nicht, im Gegenteil. Ob eine „normale“ Beziehung (aber welche Beziehung ist das schon?) ihr Weltbild verändert hätte? Wir wissen es natürlich nicht, aber ich kann mir das gut vorstellen, und – was ist dann ihr Weltbild noch wert? Zu Sartre: Ich persönlich mag „Weltverbesserer“ nicht, die im eigenen zwischenmenschlichen Bereich so viel zu verbessern hätten, aber dazu nicht in der Lage sind.


    Liebe Grüße von Hubert

  • Da mein Buchhändler seit Tagen auf eine neue Bestellung wartet, möchte ich diesmal einfach seinem Anraten nachgeben und einmal wieder zu Simon de Beauvoir greifen. Nun sollte es aber möglichst dasjenige ihrer Werke sein, welches ihr Weltbild im allgemeinen am besten bzw. am klarsten zum Ausdruck bringt. Oder wäre es zu diesem Zweck besser, zunächst eine gut recherchierte Biografie zur Hand zu nehmen, um sich auf diesem Wege einen Überblick ihres Schaffens zu vergenständlichen :rollen:?


    Freundliche Grüße
    F. Hermann