März 2012 Fjodor Dostojewski - Die Dämonen

  • Hallo zusammen!


    Jetzt da die meisten mit dem Buch durch sind, möchte ich gerne eine Frage loswerden ... - Im Mythos von Sisyphos schreibt Camus, dass sich das Schlüsselwort zur Figur des Stawrogin in seinem Abschiedsbrief findet:


    Ich habe nichts verabscheuen können.


    Camus deutet diesen Satz dahingehend, dass Stawrogin "Zar in der Gleichgültigkeit" sei. Bei meiner Übersetzung von Swetlana Geier lauten Stawrogins letzte Zeilen aber:


    Niemand beschuldigen, ich selbst.


    Ich nehme an, Camus hat Dostojewski in einer französischen Übersetzung gelesen und ich selbst lese eine deutsche Übersetzung, aber die beiden Sätze unterscheiden sich so drastisch voneinander, dass man diese Diskrepanz doch kaum auf die verschiedenen Übersetzungen zurückführen kann, oder? Wie kommt also Camus zu seinem Satz, der durch Anführungs- und Schlusszeichen klar als Zitat markiert ist, und so schön zu seiner Theorie passt? Zitiert Camus hier lediglich aus der Erinnerung und schiesst deshalb so weit übers Ziel hinaus oder ist die französische Übersetzung, die er verwendet hat, tatsächlich so verschieden von der deutschen? Wie lautet die entsprechende Stelle im Original?


    Das ist halt das Kreuz mit Übersetzungen ... - Da man nicht alle Sprachen beherrschen kann, ist man wohl oder übel auf sie angewiesen, bleibt aber letztendlich stets im Unklaren, wie akkurat sie das Original wiedergeben.


    Gruss


    riff-raff


    PS: In einer Online-Übersetzung von den Dämonenaus dem Jahre 1924 (Übersetzer ist leider nicht angegeben und der Titel des Romans heisst hier Die Teufel) lautet Stawrogins kurzer Abschiedsbrief ebenfalls: Es soll niemand beschuldigt werden; ich habe es selbst getan.


  • Ich glaube, bei den von Camus zitierten "Schlüsselworten" und den "letzten Worten" handelt es sich um zwei verschiedene Stellen. Die letzen Worte , auf einen Zettel gekritzelt, lauten auch in meiner Ausgabe( Übersetzung Marianne Kegel) : Niemand beschuldigen, ich selber tat es . Die von Camus zitierten Schlüsselworte sind aus dem Brief Stawrogins an Darja Pawlowna, in dem er sie halbherzig bittet mit ihm in die Schweiz zu gehen und versucht, seine Befindlichkeiten zu schildern. In meiner Übersetzung:“ Allerdings habe ich hier weniger gern gelebt als anderswo, habe aber auch hier gegen nichts Hass empfinden können.“

  • Also bei mir steht im Brief an Darja, einmal von Nora Urban überarbeitet - Ich beschuldige nach wie vor keinen Menschen - und von Hermann Röhl übersetzt - Wie früher gebe ich niemanden die Schuld.



    Die letzen Worte , auf einen Zettel gekritzelt, lauten auch in meiner Ausgabe( Übersetzung Marianne Kegel) : Niemand beschuldigen, ich selber tat es .


    Wo, in welchem Kapitel steht dieser Satz?


    LG
    Anita

    Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können. Nietzsche in "Also sprach Zarathustra"

  • Hallo Anita und Gontscharow :winken:


    Herzlichen Dank für eure Hinweise ...


    Ich glaube, bei den von Camus zitierten "Schlüsselworten" und den "letzten Worten" handelt es sich um zwei verschiedene Stellen. Die letzen Worte , auf einen Zettel gekritzelt, lauten auch in meiner Ausgabe( Übersetzung Marianne Kegel) : Niemand beschuldigen, ich selber tat es . Die von Camus zitierten Schlüsselworte sind aus dem Brief Stawrogins an Darja Pawlowna, in dem er sie halbherzig bittet mit ihm in die Schweiz zu gehen und versucht, seine Befindlichkeiten zu schildern. In meiner Übersetzung:“ Allerdings habe ich hier weniger gern gelebt als anderswo, habe aber auch hier gegen nichts Hass empfinden können.“


    Ich denke, dass damit das Rätsel gelöst ist. Da Camus explizit "Abschiedsbrief" sagt, bin ich davon ausgegangen, er meine den bei Stawrogins Selbstmord aufgefundenen Brief ... - Schön, dass es so aufmerksame Leser gibt, die einem weiterhelfen können :klatschen:


    Gruss


    riff-raff