Februar 2010: Th. Mann: Die Geschichten Jaakobs (Joseph I)

  • Hallo riff-raff,


    mein derzeitiger Lesestand: Teil 2 des 4. Buchs.


    Sehr gut gefallen haben mir die Schilderungen der politischen Umbrüche, die sich in den Jahren von Josephs Haft ereignet haben: Die vereitelte Revolte gegen den alten Pharao, dessen Tod und Begräbnis, die religiösen Rivalitäten zwischen Priesterschaft und Königshof, schließlich die Inthronisierung des jungen, noch minderjährigen Pharaos, der sich so recht nicht für die alten Sitten erwärmen kann und es bspw. ablehnt, seinen Amtsantritt mit einem ordentlichen Gemetzel unter irgendwelchen Barbaren zu begehen. Soweit ich in der ägyptischen Geschichte bewandert bin, beruhen Thomas Manns Ausführungen auf gesicherten Tatsachen.


    Nun ist Joseph also an den Hof berufen worden, um Pharaos Träume zu deuten. So, wie der junge Herrscher bislang geschildert wurde, vermute ich in ihm einen Schöngeist, einen geistigen Verwandten unseres Helden. Mal sehen, ob sich das bestätigt.


    Es grüßt


    Tom

  • Hallo Tom,


    ich selbst bin diese Woche mit dem letzten Band fertig geworden. Ich muss zugeben, dass ich etwas Gas gegeben habe, weil ich ohne 'Altlasten' in die Don-Quijote-Leserunde starten wollte, die am Samstag beginnt. Rückblickend kann ich sagen, dass ich die Joseph-Lektüre trotz seines Umfangs und seiner gelegentlichen Schwierigkeiten nicht bereue.


    Ich weiss, dass du parallel noch an der Milton-Runde beteiligt bist, aber ich hoffe, dass du fortfährst, über deine Lektüreerfahrungen mit Joseph zu berichten. Ich finde jedenfalls deine Beiträge immer sehr erhellend und pointiert. Und der Roman wird mich auch sicher noch eine Zeitlang weiter beschäftigen, so dass ich vielleicht auch noch den einen oder anderen Gedanken beitragen kann.


    Liebe Grüsse


    riff-raff


  • ... ich hoffe, dass du fortfährst, über deine Lektüreerfahrungen mit Joseph zu berichten.


    Hier einige allgemeine Überlegungen:
    Ich mag die Art und Weise, wie Thomas Mann sich mit den alten Kulturen Ägyptens und Palästinas auseinandersetzt – unabhängig davon, ob es sich dabei um viel Dichtung und wenig Wahrheit oder umgekehrt handelt.


    Auf der einen Seite haben wir die semitische Kultur der Wüstenwanderer, Hirten und Bauern. In der Figur des Jaakob kulminiert das Lebensgefühl dieser Menschen: Ehrfurcht vor der wilden und oft lebensfeindlichen Wüste, der man Ackerland und Weidegrund mühsam abtrotzen muss. Dass diese Kultur einen recht strengen Gott hervorbringen muss, wird sehr plausibel erklärt. Auch, dass diese Kultur das „äffische Ägypterland“ als Unter- und Totenwelt verachtet, ist folgerichtig.


    Denn schauen wir uns das Ägypten T. Manns an, dann entdecken wir eine Hochkultur auf dem Zenith, vielleicht auch schön ein Stück jenseits davon. Die Zeit der imperialen Ausdehnung und Kriegszüge ist vorbei, das Volk lebt in Frieden und einschläfernder Sattheit. Die Sitten sind fein, dekadent, fast schon morbid. Die vergeistigt wirkende politische Elite (verkörpert insbesondere von Potiphar) frönt einem Leben, dass mit täglichen Sorgen nichts zu tun hat und auch dem Tod beinahe freudig ins Auge blickt (bedeutet er doch die Wiedervereinigung mit dem Göttlichen der Sonne). Die Elite stützt sich auf ein Heer ergebener Verwalter (Mont-kaw, Mai-Sachme) und Feldherrn sowie eine Priesterschaft, die selbst nach der Macht schielt und sich insbesondere dem pharaonischen Versuch, eine Revolution im Olymp anzuzetteln, widersetzt.


    Damit zurück zum 4. Buch.


    Sehr gut gefällt mir die Beschreibung des jungen Pharaos, der den Thron besteigt, während Joseph im Gefängnis ist. Er ist ein Kind der Macht. Verwöhnt und vergeistigt, beschäftigt er sich am liebsten mit theologischen Fragen, wird aber – nicht zuletzt in seinem berühmten Traum – mit der Realität seines Landes konfrontiert, also mit der Notwendigkeit, dass die Überflutung des Nils und die daraus resultierende schwarze, fruchtbare Erde niemals ausbleiben darf. Er weiß, dass er in seiner Rolle als Gott dafür verantwortlich gemacht wird, wenn die natürlichen Dinge nicht ihren normalen Verlauf nehmen, denn (so T. Mann): Wofür sonst hält das Volk sich einen Herrscher mit guten Kontakten nach „oben“?


    Das ist natürlich ein starkes Stück! Die Angst des Herrschers vor dem Versagen in seiner Rolle, seine Angst vor dem Volkszorn: Das habe ich in dieser Deutlichkeit schon lang nicht mehr gelesen (wenn überhaupt schon einmal).


    Nun ist hinlänglich bekannt, wie Joseph die Träume des Pharaos deutet. Gespannt bin ich darauf, was Thomas Mann daraus machen wird bzw. welche Überlegungen er mit dieser Traumdeutung verbindet.


    Ein schönes Wochenende!


    Tom

  • Hallo!


    Der Erzähler unternimmt im Text pausenlos den Versuch, den Leser von der Authentizität seiner Geschichte zu überzeugen. Er pocht darauf, kein Geschichtenerfinder zu sein und distanziert sich vom Vorwurf, Lügenmärlein für einen unterhaltenden Augenblick wie Wirklichkeit aussehen zu lassen. Es sei nicht seine Art, Wissen vorzuspiegeln, wo er nicht wirklich genau bescheid weiss. So berichtet er nur, was verbürgt ist und stützt sich dabei auf die unerschütterlichen Tatsachen der Überlieferung. Was er schreibt ist wahr.


    Mal abgesehen davon, dass heutzutage ein auktorialer Erzähler, der alle Fäden der Erzählung fest in seiner Hand hält, per se schon anachronistisch anmutet, kommen mir diese ständigen Versuche, den Leser von der Echtheit der Ereignisse zu überzeugen, für einen Roman des 20. Jahrhundert seltsam veraltet vor. Ich bin das eher von älteren Epochen gewöhnt, wo Autoren grossen Aufwand betrieben um ihre Fiktionen wie faktuale Texte erscheinen zu lassen. Auf den Umschlägen der Joseph-Bücher hingegen prangt deutlich die Gattungsbezeichnung 'Roman', was mich dahingehen belehrt, dass ich es mit einer erfundenen Geschichte zu tun habe. Wozu also dieses ständige Pochen auf Gesichertheit der Handlung?


    Oder diese Akribie mit der z.B. erörtert wird, wie viele Jahre Jaakob jetzt tatsächlich in Labans Diensten stand ... Oder ob Joseph bei Ausbruch der Hungerperiode in Ägypten siebenunddreissig oder schon neunundreissig Jahre alt war ... Das alles hat mich ehrlich gesagt ein bisschen befremdet. Bis ich kürzlich im "Kindler" den Joseph-Artikel las und dabei auf folgende Selbstaussage Thomas Manns gestossen bin:


    "[...] das Wissenschaftliche, angewandt auf das ganz Unwissenschaftliche und Märchenhafte, ist pure Ironie."


    Die versuchte Exaktheit und der wissenschaftliche Duktus im Buch sind folglich Teil der mannschen humoristisch-ironischen Grundhaltung, die so typisch für seine Werke ist.


    Gruss


    riff-raff


  • "[...] das Wissenschaftliche, angewandt auf das ganz Unwissenschaftliche und Märchenhafte, ist pure Ironie."


    Hallo riff-raff,


    über die von Dir zitierten Versuche "wissenschaftlicher Exaktheit" habe ich mich auch gewundert, ohne allerdings weiter darüber nachzudenken. Darin eine Art von Satire auf den Wissenschaftsbetrieb zu sehen, wäre mir deshalb nicht in den Sinn gekommen. Vielen Dank für diesen Hinweis!


    So long,


    Tom

  • Die Begegnung Josephs mit dem Pharao ist einer der (bisherigen) Höhepunkte der Saga. Der junge Amenhotep IV, der sich später Echnaton nennt, wird von Thomas Mann als verwöhnter Schnösel dargestellt und mit den arrogant-gelangweilten Zöglingen der englischen upper class verglichen. Mit den täglichen Regierungsgeschäften will er nichts zu schaffen haben. Seine Passion gilt der Religion, genau genommen dem Sonnengott Aton, dem er eine führende Rolle im ägyptischen Pantheon einräumt. Seine Begründung für diesen "Paradigmenwechsel" finde ich interessant: „Laß dir sagen: die Menschen sind ein ratlos Geschlecht. Sie wissen nichts zu tun aus sich selbst, und nicht das Allergeringste fällt ihnen von selber ein. Immer ahmen sie nur die Götter nach, und je wie das Bild ist, das sie sich von ihnen machen, danach tun sie. Reinige die Gottheit, und du reinigst die Menschen.“ (4. Buch, 3. Hauptstück, S. 180)


    Das ist eine Beleidigung des ägyptischen "Hauptgotts" Amun und dessen Unterweltpendant Osiris, der als verdrießlicher, dunkler Geselle gilt und dem Sonnenanbeter Amenhotep zuwider ist. Gegen Ende des Gesprächs mit Joseph greift Thomas Mann die berühmte "Sonnenhymne Echnatons" auf, die Religionswissenschaftlern als erstes Dokument für den sich anbahnenden Monotheismus gilt.


    Auch die Pharaonengattin Nofretete hat in diesem Kapitel einen kurzen Auftritt, allerdings nur in einer "stummen Rolle".


    Ein schönes Wochenende wünscht


    Tom

  • Die Zielgerade ist mittlerweile in Sicht! Joseph ist zum Ernährer Ägyptens aufgestiegen und hat geheiratet. Thomas Mann beschreibt die Hochzeit als eine Mischung aus Leichenzug und obszönem Volksfest. Er sieht einen Zusammenhang zwischen der Anbetung der Liebesgötter und der Toten - symbolisiert durch das Myrtenlaub, mit dem alle Festteilnehmer überreich geschmückt sind. Myrtenzweige als Brautschmuck sind mir durchaus vertraut. Aber als Begräbniszugabe? Kennt sich jemand aus im Reich der Botanik und Bestattungsgewohnheiten?


    Etwas seltsam mutet das eingeschobene Thamar-Kapitel an. Der allenfalls lockere Zusammenhang mit dem Rest der Geschichte erschließt sich mir (noch) nicht. Vielleicht spielen Thamar und Juda im weiteren Verlauf eine wichtige Rolle, was diesen Einschub erklären würde. Möglicherweise ging es Thomas Mann auch "nur" darum, ein Beispiel tödlicher bzw. todbringender Liebe zu erzählen, denn Thamar richtet als orientalische femme fatale zwei Ehegatten zugrunde und wird von ihrem unfreiwilligen dritten Gemahl, Juda, als Gottesfigur bezeichnet, die ihre hoffnungslos unterlegenen Liebhaber und Ehemänner vernichtet. Dieser "Warnung" hätte es nach der Geschichte der Mut-em-enet eigentlich nicht mehr bedurft ...


    Es grüßt


    Tom


  • Myrtenzweige als Brautschmuck sind mir durchaus vertraut. Aber als Begräbniszugabe? Kennt sich jemand aus im Reich der Botanik und Bestattungsgewohnheiten?


    Hallo Tom,


    habe ein bisschen gegoogelt und bin dabei auf ein Buch eines gewissen Michael Blech gestossen: Studien zum Kranz bei den Griechen. Über die Myrte weiss er Folgendes zu berichten:


    Neben der Olive konnte die Myrte im Totenkult sich besonderer Wertschätzung erfreuen. Mit ihr wurden die Verstorbenen bekränzt und ihre Gräber geschmückt.


    Eine besondere Bedeutung konnte die Myrte vielleicht durch ihre Verwendung im Kulte Demeters [Erdgöttin; Göttin des Ackerbaues] und Kores [= Persephone: Göttin der Unterwelt] sowie ihrer Mysterien erlangen. Für den Mysten mochte sie daher ein hoffnungsvolles und vielleicht auch schützendes Zeichen sein. Ihre weite Verbreitung liess sie zur spezifischen Pflanze des Totenkultes werden, eine Deutung, die in die moderne Literatur Eingang fand.


    Heutzutage steht die Myrte eher für: Ehe; Frieden; Fruchtbarkeit; Heimat; Jungfräulichkeit (Mariens); Lebenskraft; Liebe; Paradies und Schönheit.


    Da die Myrte aber auch "Liebe über den Tod hinaus" symbolisiert, könnte man hier vielleicht eine vage Verbindung zwischen Ehe und Begräbnis vermuten.


    Was mir bei Josephs Ehe aufgefallen ist, da sind kaum Gefühle im Spiel, weder von Josephs Seite noch seitens seiner Gemahlin. Besonders augenfällig wird das, wenn man sich an die hymnische Liebesgeschichte seines Vaters Jaakob mit Rahel erinnert, oder auch an die Szenen zwischen Joseph selbst und Mut-em-enet (auch wenn da das Ganze eher etwas einseitig ausfiel). Die Ehe wird ja von oben herab diktiert und vom Pharao selbst in die Wege geleitet, Joseph scheint sich dem einfach passiv zu fügen. Überhaupt, seit er zum obersten Landwirtschaftsverwalter Ägyptens aufgestiegen ist, scheint mir Joseph zunehmend fader und langweiliger zu werden. Er wirkt auf mich wie das Musterbeispiel eines rechtschaffenen Bürokraten. Die Szene, als er dem Pharao seinen Vater vorstellt und dabei ständig fürchtet, dieser könne es gegenüber dem Gottesherrscher an der nötigen Ehrerbietung fehlen lassen, fand ich geradezu beschämend und peinlich. Aber Joseph hatte ja schon immer ein ausgeprägtes Obrigkeitsdenken.


    Gruss


    riff-raff

  • Hallo riff-raff,


    vielen Dank für Deine botanischen Recherchen und Ausführungen! Nun verstehe ich auch, warum Joseph sich im zweiten Buch mit dem Flechten eines Myrtenkranzes beschäftigt, während er seinem Bruder Benjamin den Adonis-/Astarte-Kult erklärt.



    ... seit er zum obersten Landwirtschaftsverwalter Ägyptens aufgestiegen ist, scheint mir Joseph zunehmend fader und langweiliger zu werden. Er wirkt auf mich wie das Musterbeispiel eines rechtschaffenen Bürokraten. Die Szene, als er dem Pharao seinen Vater vorstellt und dabei ständig fürchtet, dieser könne es gegenüber dem Gottesherrscher an der nötigen Ehrerbietung fehlen lassen, fand ich geradezu beschämend und peinlich. Aber Joseph hatte ja schon immer ein ausgeprägtes Obrigkeitsdenken.


    Es ist schon seltsam: Das Gefühl, dass Joseph mit dem Erreichen des Höchsten immer langweiliger und angepasster wird, erzeugt bei mir den Wunsch, mit diesem Buch schnellstmöglich fertig zu werden. Die Rückkehr der Brüder in die Handlung (das ist mein derzeitiger Lesestand) empfand ich jedenfalls nicht als Highlight. Ich fürchte, wenn es erst zum Wiedersehen mit Jaakob kommt, bricht die Geschichte vollständig ein. Hoffentlich erspart Thomas Mann mir allzuviel Lamento und Sentimentalität.


    Viele Grüße


    Tom

  • Ich hatte es befürchtet: die letzten 200 Seiten sind zäh, sehr zäh.


    Joseph inszeniert und zelebriert das Auftauchen der Brüder wie ein Theaterstück, dessen zwiespältige Dramaturgie einer Mischung aus Herzlichkeit und Sadismus folgt. Er spielt mit seinen ehemaligen Peinigern, treibt einerseits Spott mit ihrem Entsetzen, behandelt sie andererseits aber sehr bevorzugt.


    Gut gefallen hat mir das Wiederauftauchen des alten Jaakob. Die Art und Weise, wie er die Söhne nach ihrer ersten Ägyptenreise abfertigt, entspricht dem Bild eines mürrischen, starrköpfigen, seine Leiden bis zu bitteren Neige auskostenden Patriarchen, der schon immer wusste, dass seine Brut zu rein gar nichts taugt. Ist es möglich, dass der Autor hier eigene Charakterzüge in seine Romanfigur legt? Denn genau so stelle ich mir den alten TM vor: Unduldsam, herrisch, apodiktisch - und damit alles andere als ein angenehmer Zeitgenosse.


    Es grüßt


    Tom

  • Geschafft!!!


    Die letzten Kapitel haben mich leider nicht mehr überzeugt. Ich hatte immer stärker den Eindruck, dass TM ein wenig die Lust am Fabulieren verloren hat. Die Begegnung Jaakobs mit dem Pharao hat er bspw. total verschenkt! Da wäre "mehr drin gewesen".


    Insgesamt hat mir das Epos jedoch sehr gefallen, nicht zuletzt aufgrund des unnachahmlichen "Sounds" und der unvergleichlichen Sprachartistik. Insbesondere der dritte Band "Joseph in Ägypten" zählt für mich zum Besten Thomas Manns.


    Über viele Aspekte haben wir hier diskutiert. Mir stellt sich abschließend die Frage nach der Einordnung der Joseph-Bände in das Gesamtwerk des Autors. Ich habe irgendwo gelesen, dass "Joseph ..." das heimliche, nur leider viel zu wenig bekannte Hauptwerk Thomas Manns sei. Angesichts solcher Großtaten wie "Buddenbrooks", "Der Zauberberg" und "Doktor Faustus" fällt es mir schwer, dieser Bewertung spontan zu folgen. Aber: Bei genauerer Betrachtung sieht die Sache anders aus. "Buddenbrooks" ist und bleibt eine vergleichsweise frühreife Leistung; "Der Zauberberg" ist aufgrund seiner Geschwätzigkeit für mich kein durchgängig gelungenes Werk. Auch "Doktor Faustus" benötigt bei aller Großartigkeit sehr viele Tricks und Kunstgriffe, um die deutsche Tragödie des 20. Jahrhunderts glaubwürdig und schlüssig in der Person eines Musikers zu bündeln und dann auch noch mit der Faust-Thematik des 19. Jahrhunderts zu verbinden. Das alles spricht sehr für die Qualitäten (insbesondere die gelassene Reife, um nur eine zu nennen) der Joseph-Tetralogie.


    Ich weiß nicht, ob es stimmt, dass Thomas Mann seinen "Joseph" in eine Reihe gestellt wissen wollte mit den beiden deutschen Großdichtungen des 19. Jahrhunderts (Goethes "Faust" und Wagners "Ring der Nibelungen"). Mit "Faust" gemein hat das Werk jedenfalls den Anspruch, Grundfragen der Menschheit bzw. des Menschseins zu behandeln; den Vergleich mit den "Nibelungen" teile ich nicht, denn wer je dieses misslungene und unerträgliche Gereime Wagners gehört hat, wendet sich ab mit Grauen (das ist übrigens kein Urteil über die Musik ...).


    In welcher Verbindung steht "Joseph ..." zum Gesamtwerk Manns? Erwähnt wurde bereits, dass die Joseph-Figur mindestens einen "Vorläufer" hat in der Gestalt Tadzios ("Der Tod in Venedig") und später noch einmal in der Geschichte des Felix Krull aufgegriffen wird. Auch ein zentrales Joseph-Thema, die Erwähltheit (für mich ein spezieller Aspekt der von TM oft behandelten Künstlerproblematik), spielt später noch einmal eine tragende Rolle ("Der Erwählte").


    Lassen wir es zunächst einmal dabei bewenden.


    Es grüßt


    Tom

  • Zum Schluss noch eine Gedächtnisliste mit den originellsten Wortschöpfungen TMs:


    → Baalsgreuel: Götzenverehrung
    → jemanden in Leichenfarbe versetzen: hinrichten
    → Großgerümpel des Todes: die ägyptischen Pyramiden
    → der Gewickelte / die hübsche Totenpuppe: Mumie
    → Höfling des Lichts: ein Vertrauter des Pharaos
    → hohle Würde: repräsentative, allenfalls dekorative Machtausübung
    → Blankschädel: glatzköpfige Amun-Priester
    → Entrückung: Josephs Verkauf an arabische Sklavenhändler und deren Reise nach Ägypten
    → Aufgespartheit: Keuschheit
    → ein Leben in sanfter Schonung: komplettes Desinteresse an alltäglichen Dingen
    → luxuriöser Spätling / Herr des Süßen Hauchs: Pharao Echnaton
    → auf den Rücken fallen: an einem Schlaganfall sterben
    → Sandhasen: Araber und Beduinen
    ...


    Viele Grüße


    Tom

  • Hallo Tom


    Eine gute Idee, das mit der Wörterliste. Bereue, dass ich nicht selbst so eine Liste angelegt habe, aber ich bin gar nicht auf den Gedanken gekommen. So gesehen: danke für den Tipp!


    Ich hoffe, wir treffen uns mal in einer anderen Leserunde wieder, würde mich sehr freuen. Bis dann, mach's gut und ein schönes Wochenende noch.


    Gruss


    riff-raff