Henry James - Washington Square

  • Hallo,


    kennt jemand von euch das oben genannte Buch von Henry James (oder überhaupt etwas von dem Autor)? Ich vermute mal, dass er so Richtung Jane Austen und den Bronté Schwestern geht? Dem Buch konnte ich nämlich als absolutes Schnäppchen für 1 EUR nicht widerstehen und nun hoffe ich, dass es auch lesenswert ist :-)


    Liebe Grüße
    nimue

  • Hallo zusammen!
    Hallo nimue!


    Von James kenne ich nur "The Europeans" und "Portrait of a Lady". Beide äusserst lesenswert. Einer der grossen Romanciers, ein bisschen weniger romantisch, realistischer als Austen oder die Brontës, finde ich.


    Wenn Du "Washington Square" gelesen hast, erzähl uns doch bitte davon!


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • *threadentstaub*


    hallöchen,
    habe von henry james mittlerweile "daisy miller" und "washington square" gelesen; das erstgenannte studiumbedingt, das zweitgenannte aus reinem interesse.
    beide erzählungen (es sind kurzromane, man könnte fast sagen short stories) sind sprachlich ziemlich anspruchsvoll. das liegt zum einem am teilweise sehr vertrackt gehaltenen stil, zum anderem an einem sehr breiten vokabular.
    james war ein ausgeprägter globetrotter. die erzählungen bedienen sich gerade den beobachtungen und erlebnissen, die er im verlaufe seiner reisen vor allem durch europa gemacht hat. so eben auch "daisy miller" und "washington square", die ich einfach in einem atemzug erwähnen möchte, weil sie genau in dieses sogeannte international theme passen.


    in erster linie wird in den kurzromanen die gesellschaftliche situation des frühmodernen amerikas versucht, darzustellen. es geht vor allem um gender theorie, um soziale kommunikation, gerade was das verhältnis frühkapitalisitisches amerika und (noch) "altes" europa angeht. kritik wird an beiden geübt, aber, oder vielleicht gerade deswegen, wird nach einer lösung des konflikts gesucht, einer common vision.


    das problemlösungsdenken unterscheidet james z.b. von anderen realisten wie mark twain.


    die thematik ist sehr aktuell, wird aber IMO viel zu wenig von der literarischen seite beleuchtet, bzw. dieser wird zu wenig aufmerksamkeit geschenkt.

    den vergleich mit den Brontes finde ich nicht unbedingt so angebracht. zwar geht es in beiden um gender theorie, aber das ist IMO auch das einzige merkmal, das beide verbindet.


    romantik oder gothic novel (einfachheitshalber nenne ich beide mal in einem zusammenhang) suchen nach einem ideal, etwa der weiblichen emanzipation. es ist eine art kurzes verweilen in einer fiktiven, utopischen welt.


    der realismus eines henry james versucht die welt so zu beschreiben wie sie ist. zwar gibt es dort auch ideale, wie oben genannte common vision, aber der ansatz ist eben ein anderer.

    "i was the fool because i thought...i thought the world...turns out the world thought me...it's all the other way 'round...we're upside down..."

  • Ich bin gerade mittendrin mit "Washington Square" - ich höre es gerade als Hörbuch, gelesen von Gert Westphal.


    Besonders interessant ist für mich, dass es im Wesentlichen nur vier Hauptcharaktere gibt, deren innere Sicht im Gegensatz zu ihrem äußeren Erscheinungsbild stehen. Dieser Konflikt ist aber den Protagonisten nicht bewußt und dazu kommen die gesellschaftlichen Konventionen, die aber keinen allzu großen Einfluss ausüben. Ihre eigene Persönlichkeit, und auch wie jeder mit seinen eigenen Erwartungen und Wünsche, aber auch den Erwartungen der Gesellschaft zurecht kommt, sind sehr unterhaltend und mit feiner Ironie erzählt.


    Gruß von Steffi