Ida Pfeiffer: Reise einer Wienerin in das Heilige Land

  • Hallo zusammen!


    Nun habe ich - immer noch angeregt durch die Humboldt-Leserunde bzw. -Lektüre auch den bei mir stehenden Band der grossen Reisenden der Biedermeierzeit, Ida Pfeiffer, (nochmals) gelesen. Alexander von Humboldt hat auch diese Frau offenbar gekannt, ihre Reiseberichte immer mal wieder zitiert in Kosmos.


    Allerdings stammen die Zitate aus späteren Werken dieser Autorin, die Reise einer Wienerin in das Heilige Land ist ihr Erstling. Als Kind ein typischer Tomboy, später mit einem eine Generation älteren Rechtsanwalt verheiratet, der sowohl sein eigenes Geld wie das seiner Frau verlor, begann diese merkwürdige Frau ihre Reise- und Reiseschriftstellerkarriere nach der Trennung vom Mann und nachdem die beiden Söhne erwachsen und selbständig waren - m.a.W.: zu einem Zeitpunkt, wo sich ihre Altersgeschlechtsgenossinnen als Matronen fühlten und sich so langsam aufs Sterben vorbereiteten.


    Ida Pfeiffer aber begann zu reisen und so erfüllte sie sich zuerst ihren sehnlichsten Wunsch: eine Pilgerfahrt ins Heilige Land. Auf Wunsch ihrer Freunde, sagt sie, habe sie dann diesen Reisebericht veröffentlicht. Der unterwartete Erfolg gab nicht nur ihren Freunden Recht, er gab auch der Verfasserin die Chance, mit dem Erlös eine weitere Reise finanzieren zu können. (Über die sie wiederum einen Bericht veröffentlichte, der ihr wiederum die nächste Reise ermöglichte, über die sie ... )


    Klein, keineswegs hübsch, knochig (oder, wie sie selber sagt: "mager") macht sich dieses Persönchen aus dem Bürgertum 1842 auf den Weg - allein und praktisch ohne Geld. Alles organisiert sie selber. Immer wieder erlebt sie, dass sich die wohlhabenden österreichischen Konsule einen Dreck um sie kümmern und sie auf Hilfe der ärmeren Bevölkerung angewiesen ist. Dadurch erhält sie aber (und erhält ihr Leser) einen Einblick in den Alltag dieser Menschen.


    Ida Pfeiffer beschreibt und beurteilt die Verhältnisse sehr pragmatisch und natürlich auch sehr subjektiv. Dadurch aber erhalten wir immer den Eindruck einer absoluten Ehrlichkeit. Ihre Reiseroute führte sie von Wien aus die Donau hinunter bis zu deren Mündung über Istanbul und Zypern nach Syrien und Jerusalem, vom Heiligen Land noch nach Ägypten (Suez, Kairo, Gizeh) und von dort nach Hause. Tagebuchartig schildert sie ihre Erlebnisse, und schildert das karge Essen ebenso wie das faulige Wasser, das sie oft trinken musste, die Läuse und Wanzen, unter denen sie litt, die Überheblichkeit der ägyptischen subalternen Behörden oder die Versuche der lokalen Diener und Übersetzer, sie über die Ohren zu hauen und zu bestehlen. (Ich habe im übrigen eine gekürzte Fassung gelesen, die nach den Abenteuern in Ägypten abbricht. Das Original schildert auch die Heimreise über Italien und Frankreich.)


    Fazit: Sehr interessant, gut geschrieben (und immer wieder mal an Karl Mays Romane erinnernd, der (oder dessen Quellen es getan haben) bei seinen Schilderungen des Nahen Ostens wohl viel bei Frau Pfeiffer abgeschrieben hat :zwinker: ).


    Grüsse


    sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus