Der heimliche Leser in der DDR

  • Moin, Moin!


    Eine Konferenz im September 2007 in Leipzig beschäftigte sich mit dem "heimlichen Leser in der DDR". Bekanntlich zieht einem Verbotenes an; so erstaunt es nicht, daß illegale, indizierte, verbotene Bücher auch in der DDR gelesen, gemocht, untereinander weitergegeben worden ist. Das DLR <a href="http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/fazit/674736/">berichtete</a> <a href="http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2007/09/27/drk_20070927_1921_acdbafdf.mp3">(mp3)</a> von dieser Tagung, die sich dieses Themas (<a href="http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2007/09/26/drk_20070926_1508_e8ab4df7.mp3">erstmals annahm</a>; die Tagesthemen <a href="http://www.tagesschau.de/multimedia/video/tt52.html">griffen</a> die verbotene Lektüre auch auf. Stefan Hemy "Collin" zählte dazu wie die Bücher Solschenizyns, Karl Mays und logischerweise George Orwells "1984". Gegenstand von Schmuggelaktionen waren oft Zeitschriften wie BILD, Kicker, Spiegel und die Bravo. Der Wachturm der Zeugen Jehovas war von 1950 bis 1989 durchgängig indiziert. Die Kriterien, nach denen Bücher der Zensur anheimfielen, wandelten sich. In den 50er und 60er Jahren waren dekadente und expressionistische Literatur verpönt; später durften Bücher von Kafka, Joyce und Co dann erscheinen, so daß viele Bücher eine richtiggehenende Zensurgeschichte besitzen. Nach dem Mauerbau durften in den Westen reisende Rentner als Bücherschmuggler fungieren; oder der riskante Postweg mußte herhalten. Es bildeten sich Lesezirkel, in denen <a href="http://www.boersenblatt.net/159799/">heimliche Lektüre</a> herumgereicht worden ist. Forscher stellen fest, daß in ihnen ziemlich schnell gelesen worden sein muß, damit die Bücher zügig die Runde machen konnten. Manche schrieben gesamte Bücher ab. All diese Bücher trugen zu Erosion des Arbeiter- und Bauernstaates bei; am dessen Ende jedoch auch die Literatur des Bruderstaates, der Sowjetunion. Autoren wie Aitmatow (Richtstatt, Der Tag zieht den Jahrhundertweg), Trifonow oder Valentin Rasputin (Abschied von Matjora) wurden verkauft, gelesen, besprochen - und sie wirkten wie Samenkörner im Boden der stillen Revolution.