März 2007 - Tycho Brahes Weg zu Gott

  • Guten Tag!


    Dann kann es also losgehen. Schön! Vielen Dank für die Materialhinweise! Da ich Mitglied der VDS (in diesem Fall steht VDS für "Vereinigung der Sternfreunde") bin, möchte ich ergänzend auf die Geschichtsrubrik meines Clubs hinweisen (http://geschichte.fg-vds.de/ ), die einen guten Überblick zum Forschungsfeld der Astronomiegeschichte bietet. (Übrigens muss ich auf diese Seite verweisen, da ich selbst kein Experte der Astronomiegeschichte bin.)


    Am wohl eher späten Abend werde ich sicherlich meine ersten Leseeindrücke und Gedanken zum ersten Kapitel schildern können. Die ersten Seiten sind ja vielversprechend.



    Alles Gute und eine angenehme wie lehrreiche Lektüre!


    Anton Thalberg

  • Hier noch ein Werk, das man getrost als Standardwerk zur deutschsprachigen Literatur Prags (und Böhmens) bezeichnen kann, und das ich wärmstens empfehlen möchte:


    SERKE, Jürgen: Böhmische Dörfer. Wanderungen durch eine verlassene literarische Landschaft; Wien, Hamburg o.J. [= Paul Zsolnay]



    Serke stellt hier nach einem einleitenden Essay (Titel: Europa starb in Prag) eine ganze Reihe von literarisch hochrangigen Autoren vor, die häufig nur wenigen bekannt, wenn nicht gar komplett vergessen sind. Die vier großen Autoren Prags (Kafka, Rilke, Werfel und Kisch - vgl. Karl Kraus: In ganz Prag kafkats und rilkets und werfelts und kischts!) erscheinen naturgemäß auf fast jeder Seite des Werks, doch widmet ihnen Serke keine eigenen Kapitel, da er seine Aufgabe in der Erinnerung an jene anderen Autoren sieht, die - wie er überzeugend darlegt - zu Unrecht vergessen wurden. Der einleitende Essay zeigt, wie es zwei totalitäre Systeme des zwanzigsten Jahrhunderts vermochten, eine reiche Kulturlandschaft zu zerstören. Ausführliche Informationen zu Max Brod finden sich übrigens auf den Seiten 377-388, darunter auch wertvolle Hinweise zu "Tycho Brahes Weg zu Gott" und Brods Philosophie, die u.a. in unserem Roman zum Ausdruck kommt. Nicht zu vergessen: Das Buch ist reich bebildert. Die Fülle des seltenen und erstaunlichen Bildmaterials lässt nur erahnen, welche Arbeit sich Serke mit seinem Projekt gemacht haben muss.


    ICH EMPFEHLE DIESES BUCH ALLEN, DIE VERGESSENE AUTOREN MIT KLASSIKERPOTENTIAL WIEDERENTDECKEN MÖCHTEN!


    Serke ist es zu verdanken, dass etwa Leo Perutz wiederentdeckt wurde. Übrigens taucht in dessen Prag-Roman "Nachts unter der steinernen Brücke", den ich ebenfalls empfehlen möchte, im Kapitel "Der Stern des Wallenstein" auch Kepler auf. Nach der Brod-Lektüre werde ich also sicherlich wieder ein Kapitel Perutz lesen.




    Viele Grüße,


    Anton Thalberg

  • Vielen Dank für den Hinweis.


    Meinst du, du könntest das erwähnte Sonett Paul Flemings ("An sich") hier posten? - Oder einen Link dazu?

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Aber gerne! Am Wochenende schreibe ich dann auch die versprochenen Zeilen für die Hauptleserunde. Hier also das Sonett Flemings, das ich der Conrady-Sammlung entnehme.



    An sich


    Sei dennoch unverzagt, gib dennoch unverloren,
    Weich keinem Glücke nicht, steh höher als der Neid,
    Vergnüge dich an dir und acht es für kein Leid,
    Hat sich gleich wider dich Glück, Ort und Zeit verschworen.


    Was dich betrübt und labt, halt alles für erkoren,
    Nimm dein Verhängnis an, lass alles unbereut.
    Tu, was getan muss sein, und eh man dir's gebeut.
    Was du noch hoffen kannst, das wird noch stets geboren.


    Was klagt, was lobt man doch? Sein Unglück und sein Glücke
    Ist ihm ein jeder selbst. Schau alle Sachen an:
    Dies alles ist in dir. Lass deinen alten Wahn,


    Und eh du förder gehst, so geh in dich zurücke.
    Wer sein selbst Meister ist und sich beherrschen kann,
    Dem ist die weite Welt und alles untertan.



    Paul Fleming [1641]



    [Conrady schlägt vor, "Glück" im Sinne von "Fortuna" zu lesen. ]


    Alles Gute,
    Anton Thalberg

  • Guten Tag!


    Hier die in der Leserunde erwähnte Passage:


    Zitat

    Wie man vielleicht noch in Erinnerung hat, zog sich durch das Buch von "der Auferstehung der Metaphysik" als Leitfaden das in einem solchen Zusammenhang etwas fremdartige Prinzip der Besonderung, und mit Recht hat mancher meiner Leser damals gefragt, was denn eigentlich dieses metaphysische Prinzip in einem solchen rein historischen Zeitgemälde der Philosophie zu suchen habe. Erst heute kann ich auf diese hier und da von kritischen Lesern gestellte Frage die Antwort geben, dass sich mir damals fast unbemerkt ein systematischer Gedankenfaden in das Geflecht der historischen Darlegungen hineingeschlungen hatte. [...] Aber einem Menschen, der eines Tages von einer besonderen Idee erfasst wird [...] , geht es oft so, dass er am Anfang sich selbst noch nicht klar ist über das, was in den Untergründen seiner Seele nagt und bohrt und Gestalt begehrt. In parzivalischer "tumpheit" muss er oft eine gute Weile umherirren, bis er dann endlich eines Tages seinen Trevrizent findet [...].


    Quelle:
    WUST, Peter: Naivität und Pietät; Münster 1964 [= WUST, Peter: Gesammelte Werke, Bd. II], S. 25f..



    Übel kalauernd die Moral von der G'schicht: Der Leser als Rezipient wird manchmal auch zum Trevrizent.
    Und, bevor ich hier noch weiter abstürze:




    Alles Gute,


    Anton Thalberg

  • Eine kleine Korrektur zu meinem Beitrag vom 21. März 2007: Karl Kraus’ Kommentar zum literarischen Betrieb in Prag lautet korrekt:


    Zitat

    Es werfelt und brodelt, es kafkat und kischt.


    (Nachzulesen an verschiedenen Stellen bei Serke (vgl. oben), z.B. als Glosse auf Seite 379)



    Alles Gute!


    Anton Thalberg