Veranstaltungen zu "1001 Nacht"

  • Nachdem die Orientalistin und Musikerin Claudia Ott vor zehn Tagen im Völkerkundemuseum beim Lesekonzert "Tausendundeine Nacht" als Nay(Rohrflöte)spielerin zusammen mit Roman Bunka (Oud) und Issam El-Mallah (Riqq, Tar) sowie dem Erzähler H. Wiedenroth den Stuttgartern einen märchenhaften Abend bereitete war sie heute zu Gast in Niedlichs Literarischem Salon im Schauspielhaus in Stuttgart. Die Veranstaltung dauerte von 11.00 bis 12.30, den ZuhörerInnen hats gefallen. Frau Ott las (bzw. trug frei vor) zunächst den Beginn der Rahmenhandlung und die 1. Nacht, beantwortete dann Fragen zu "Tausendundeine Nacht" und ihrer Übersetzung und las zum Abschluß noch die 116./117. Nacht.

  • As-salam aleikum Hubert,


    das ist großartig, ich liebe Lesungen besonders wenn sie ein Buch betreffen, dass ich gerade lese. Leider muss ich wegen der Entfernung mit Frau Ott auf eine persönliche Begegnung verzichten. Mir bleibt die Hoffnung, dass "Weitere Termine sind in Vorbereitung" auf der Seite von DTV bedeutet, sie im zweiten Halbjahr 2007 auch in meine Nähe begrüßen zu dürfen.


    Willst Du etwas ausführlicher von der Lesung berichten? Mich interessieren natürlich in erster Linie die Fragen der Zuhörer und Frau Otts Antworten dazu.


    In sha' Allah


    Babur


  • As-salam aleikum Babur,


    Die von mir gestellten Fragen habe ich ja schon im Thread zur Leserunde erwähnt. Die meisten der weiteren Fragen gingen um den Ursprung und die Überlieferung der Geschichten. Die Antworten zu diesem Komplex will ich mal versuchen zusammenzufassen:


    Die ältesten Erzählungen entstanden in Indien bereits vor 2000 Jahren. Frage: Und die Rahmenerzählung ist aber sicher erst viel später entstanden? Antwort: Nein, bei Tausendundeine Nacht ist die Rahmenerzählung der älteste Teil, der später mit Geschichten aufgefüllt wurde.
    Ergänzung von mir: Schon im buddhistischen Pali-Kanon Tripitaka (aus der Zeit Buddhas und schon ca. 80 v. Chr. schriftlich fixiert ist der König, den die Untreue seiner Gattin zu Tode betrübt, bekannt und in einem buddhistischen Jataka* ist bereits die Geschichte von der Gattin des eifersüchtigen Dämons bekannt, die ihn trotz strenger Überwachung oder gerade deshalb, betrügt.


    *
    http://de.wikipedia.org/wiki/Jataka


    http://www.palikanon.com/khuddaka/jataka/j00.htm


    Als 750 n. Chr. im Irak die Abbasiden an die Macht kamen gründeten sie Bagdad (762 n. Chr.). Hier und in der Hafenstadt Basra entwickelte sich eine städtische Kultur an der Perser einen nicht unwesentlichen Anteil hatten. Diese vermittelten indische Erzählungen, die die arabische Prosa anregte. Im 8. Jahrhundert gab es im Irak eine persische Sammlung mit dem Titel “Hezar Afsane” was im arabischen “Alf Chorafa” heißt (beides bedeutet „1000 Geschichten“). Diese Sammlung wurde noch im 8. Jahrhundert unter dem arabischen Titel „Alf Laila“ (1000 Nächte) islamisiert. Im 9. Jahrhundert gab es im Irak eine Sammlung „Alf Laila“ die Geschichten persischer und arabischer Herkunft enthielt. Im 10. Jahrhundert hieß die Sammlung dann „Alf Samar“ (1000 Nachtgeschichten). Im 12. Jahrhundert gibt es in Ägypten eine Sammlung “Alf Laila wa Laila (1001 Nacht), die Geschichten aus Ägypten, Byzanz und eben der irakischen Sammlung Alf Samar enthält.


    Frage: Wieso enthält Frau Otts Übersetzung dann nur 282 Erzählungen, wenn es doch „Alf Laila wa Laila“ hieß?
    Antwort: „Tausendundeine Nacht“ bezeichnet wie vorher „1000 Nächte“ zunächst nur eine große Zahl die man erst viel später wörtlich nahm und dann aus dem großen Fundus überlieferter Geschichten auffüllte.


    Eine andere Frage: Ist „Tausendundeine Nacht“ auch für Kinder geeignet?
    Antwort: Nein, es ist kein Kinderbuch und eigentlich auch kein Frauenbuch. Die Erzählungen wurden von Männern für Manner erzählt.


    Frau Ott erzählte noch ausführlich, wie sie sich dagegen gewehrt hatte, dass der Verlag die Übersetzung als aus dem Urtext übersetzt bezeichnet, da es keinen erhaltenen Urtext gibt. Letztlich konnte sie aber nur durchsetzen, dass das Wort Urtext nicht im Buch genannt wird, sondern nur auf die Buchbinde kam. (Anmerkung von mir: Insel Verlag und Goldmann Verlag haben da weniger Bedenken und bezeichnen ihre Ausgaben im Buch jeweils als aus dem arabischen Urtext übersetzt)


    In sha' Allah


    Hubert