Wilhelm Hauff: Lichtenstein

  • Hallo zusammen!


    Wilhelm Hauffs Lichtenstein gilt als einer der ersten deutschsprachigen historischen Romane. Hauff hat sich bewusst am Urvater Walter Scott orientiert; die zeitgenössische Kritik hat ihn denn auch mit Scott verglichen - und er fiel nicht ab.


    Hauff erzählt einen Ausschnitt (Beginn des 16. Jahrhunderts, Luther hat soeben seine Thesen angeschlagen) aus der lokalen, württembergischen Geschichte: Herzog Ulerich geht seines Landes verlustig, da er sich bei den eigenen Untertanen ebenso wie bei den adligen "Kollegen" zu viele Feinde gemacht hat. Er erobert es kurzfristig zurück, bis er dann für längere Zeit ins Exil gehen muss.


    Dem heutigen Leser präsentieren sich die Schwächen des Romans nur allzu deutlich. Das Liebespärchen agiert, wie es ein Liebespärchen des Biedermeier eben tun musste - mit der Liebe des beginnenden 16. Jahrhunderts haben seine Handlungen wohl nur wenig zu tun.


    Dass ich den Roman - im Gegensatz zu Hauffs Clauren-Parodie Der Mann im Mond - zu Ende gelesen habe, liegt in erster Linie an der Figur des Herzogs. Diese übte gerade genügend Faszination aus, war als einzige Figur genügend nicht nur weiss oder schwarz, sondern auch schwarz und weiss, gezeichnet, genügend unberechenbar, um ein bisschen jenes 16. Jahrhunderts durchschimmern zu lassen, das uns in seiner Andersartigkeit bereits faszinieren kann.


    Natürlich entspringen die "bösen" Taten des Herzogs letztlich nur seinem jugendlichen Ungestüm und der Tatsache, dass er auf schlechte Ratgeber hört (die - natürlich! - nicht nur geistig-seelisch sondern auch körperlich deformiert sind). Natürlich wird angedeutet, dass der Herzog nach seinem Exil als geläuterter und "guter" Fürst zurückkehren wird.


    Wieweit hier der historischen Genauigkeit Gerechtigkeit geschieht, entzieht sich meiner Kenntnis, da ich von württembergischer Geschichte keine Ahnung habe. Dass dieses Bild eines Fürsten dem Biedermeier und auch den folgenden 100 Jahren hochwillkommen war (zusammen mit der Tatsache, dass die glücklichen Jahre seiner Protagonisten im Rückzug aus dem politischen Leben bestehen), unterliegt keinem Zweifel und erklärt wohl auch die lange andauernde Popularität des Romans. (Wurde doch sogar die vorher inexistente Burg Lichtenstein um 1840 errichtet, um dem an den Ort des Geschehens wallfahrenden Leser etwas bieten zu können!)


    Protagonist des Romans ist übrigens nicht Lichtenstein (das ist ein älterer Herr, der vorwiegend im Hintergrund agiert) sonder ein Sturmfeder genannter Jüngling und seine Angebetete, die Tochter Lichtensteins.


    Wie gesagt: Gerade genügend "Action", um mein Interesse aufrecht erhalten zu können; kein Roman, den der heutige Leser gelesen haben muss - es sei denn, man wäre an der Entwicklung des Genres "Historischer Roman" interessiert.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Lichtenstein stand schon längere Zeit auf meiner Leseliste, jetzt bin ich auf den letzten 80 Seiten oder so. Mir gefällt's, Yellow Press für KlassikLeser ;-)


    Ein unglaublicher Schmuh, alles Kitsch & Konvention. Aber nett erzählt. (Ich muss wohl doch mal Rinaldo Rinaldini lesen)


    Weiß jemand, was der Landsknecht-Fluch: "Bassa manelka" bzw. "Bassa marendete!" heißt? Die Anmerkungen sind da etwas verschämt: "Ein äußerst derber Fluch (enstelltes Ungarisch)".

  • Hallo Giesbert,



    Weiß jemand, was der Landsknecht-Fluch: "Bassa manelka" bzw. "Bassa marendete!" heißt? Die Anmerkungen sind da etwas verschämt: "Ein äußerst derber Fluch (enstelltes Ungarisch)".


    das ist aber komisch geschrieben... rendetlen heißt mal schlampig, heute werde ich aber meinen Vater anrufen und ihn fragen, er spricht perfekt ungarisch (hmm, ich frage ihn immer bloß nach Übersetzungen von ungarischen Flüchen, aber sie haben da auch einen reichen Wortschatz :zwinker:)


    liebe Grüße
    donna