Harry Mulisch: Die Entdeckung des Himmels

  • Servus,


    leicht verwundert stelle ich fest, daß sich über "die Entdeckung des Himmels" hier noch nicht ausführlicher unterhalten wurde... (?)


    Ich hab es heute morgen um 5 Uhr ausgelesen und war, wie viele andere, von den letzten, sagen wir 150 Seiten etwas enttäuscht. Ansonsten war es insgesamt ein sehr vergnügliches (ja, dennoch in erster Linie vergnügliches!) Leseabenteuer. Ein empfehlenswertes Buch.


    Mit nicht wenig Interesse habe ich gerade viele "Amazon-Rezensionen" gelesen... Ein Thema für sich! Ich dachte, die werden vorzensiert, aber so ungrammatisches und fehlerhaftes Zeug darf da veröffentlicht werden, grauselig. Dann schreibt einer eine wirklich gute Kritik und drückt sich gewählt aus, bringt aber dennoch Fehler unter, bei denen man sich fragt, ob er das Buch denn auch wirklich gelesen hat, so wird aus der "Cellistin Ada Brons" eine Cembalistin gemacht... aber, wie gesagt, das mußte ich nur schnell im Vorbeigehen loswerden, vieleicht eine Anregung für einen eigenen Thread "Amazon-Idioten unterhalten sich über Literatur"


    Also, wie fortfahren? Darf ich einiges von der Handlung preisgeben oder verdirbt das den Spaß? Ich fang mal behutsam an, mit dem, was mir nicht behagt hat:


    Ich fand es gewissermaßen unredlich, daß Mulisch in seinem Buch dieses Plädoyer für Euthanasie von Koma-Patienten untergebracht hat, das in der Handlung selbst nur halbherzig veranktert wurde.


    Die "Francis Bacon"-Fährte wurde zwar gewissermaßen schon erklärt, aber ich fand sie nervig. Wenn etwas gescheites daraus werden soll, braucht das Buch eine Fortsetzung, die ja im allerletzten Satz angedeutet wird.


    Und dannn die Sache mit dem Diskos von Phaistos. Klar, es war Onnos Lebenswerk ihn zu entschlüsseln, als er merkte, daß er es niemals schaffen wird, brach sein Leben zusammen. Der Diskos war also dazu da um Onno abstürzen zu lassen. Aber da hätte ich schon noch etwas anderes in dieser Richtung erwartet (er war also nur eine bösartig ausgelegte falsche Fährte Mulischs)


    Aber so ist das in Deutschland, wenn man über etwas spricht, nimmt man sich zuerst die Kritikpunkte vor. Eigentlich ein seltsamer Ansatz, da mir das Buch viel Freude und Anregung gebracht hat!!! Die Dialoge (der phantastische Onno/Max-Wortwitz( und die diverse Leitmotive, die wir im Folgenden aufspüren können. Da ist zum einen ganz wichtig "DAS WORT" - man denke an die Sache mit der begrabenen Mütze, und an die hundert anderen Stellen, an denen das WORT leitmotivisch auftaucht.


    Naja, ich belasse es dann mal soweit und gebe meine einführenden Gedanken der Öffentlichkeit preis



    :winken:

  • ich habe das buch das erste mal vor jahren gelesen und seither immer mal wieder mit wachsender erkenntnis. ich muss zustimmen, das ende war etwas sonderbar (um nicht zu sagen weird), aber ich denke das tut dem buch nicht so viel schaden.


    es ist mir jedem neuen lesen auch immer wieder ein abenteuer und es ist ein buch das mit dem mehrmaligen lesen und sich mit dem inhalt auseinandersetzen, besser wird und nie langweilig ist.

    "Ganze Literaturen waeren nicht, riegelten die Maedchen ihre Tueren auf" Kurt Tucholsky

  • Ich könnte mich so ärgen. Das Buch war mal in meinem Besitz und ich habe es weiterverschenkt, weil ich damals nicht in die Geschichte hineinfand. Und wenn ich jetzt die Rezension lese, bin ich wieder sehr geneigt, es mir doch wieder zu kaufen. Vielleicht muss man für manche Bücher einfach älter werden...

  • Harry Mulisch selbst sagte über dieses Buch " „Ein heiteres Spiel, ein ernster Scherz.“ - und so empfand ich es eigentlich auch.


    Ich habe das Buch vor ca. 1 Jahr gelesen, es ist mir immer noch sehr gut in Erinnerung.


    Das sprachliche Ausdrucksvermögen des Schriftstellers fand ich sehr beeindruckend, die Exkursionen in die Wissenschaften sind für den Laien nicht immer nachvollziehbar und verständlich, an vielen Stellen war es hilfreich, Freund Google zu Rate zu ziehen. V.a. im Bereich der Philosophie setzt Mulisch - wie auch z.B. in "Siegfried" - doch tiefere Kenntnisse voraus und deshalb konnte ich leider einigen Gedankengängen nicht folgen.


    Oft kommt Mulisch vom Hundertsten ins Tausendste und einige Male hatte ich auch das Gefühl, er übernimmt sich ein bisschen damit. Viele - auch jetzt noch aktuelle Themen - werden aufgegriffen, viele Denkanstöße gegeben.


    Für mich war es ein sehr intensives Buch, ein Buch zum Nachdenken, ein Buch, das unsere jüngere Vergangenheit wieder ins Licht rückt und von vielen Seiten beleuchtet und ein Buch, das aufgrund der oft unvorhersehbaren Wendungen trotz fast 800 Seiten immer spannend bleibt und auch ein Buch, bei dem der Humor nicht zu kurz kommt.


    Ich, für meinen Teil fand den Schluss genial!


    Es ist auf jeden Fall ein Buch das ein Zweit- und/oder Dritt-lesen verdient und dessen wahren Umfang man wohl erst dann erkennt. Ich zumindest.

  • Hallo zusammen,


    meine Lektüre dieses Werks liegt schon ein paar Jahre zurück, aber es hatte mich damals sehr beeindruckt und ich werde es sicher noch einmal lesen. Es ist ein gutes Beispiel dafür, dass man literarischen Anspruch und spannende sowie humorvolle Unterhaltung gut miteinander verbinden kann.
    Mir sind noch besonders die Szenen, die das niederländische Leben und die Reise nach Kuba im Gedächtnis geblieben.


    HG
    finsbury