Februar 2006: Thomas Mann - Der Zauberberg

  • Ich eröffne hier meine erste Leserunde im Klassikerforum.


    Der Zauberberg von Thomas Mann- 1924 erschienen- bietet sicher viele interessante Ansätze für Diskussionen.


    Ich habe schon vor ein paar Tage mit der Lektüre angefangen, weil ich ein sehr langsamer Leser bin.
    Ich lese die neu durchgesehene Fischer Taschenbuchausgabe und bin im Kapitel Aufsteigende Angst....
    Bis jetzt gefällt mir die Sprache und Ironie Th. Manns sehr gut.


    Lg
    Germa

  • Ich habe heute mit lesen begonnen und bin momentan fast am Ende des Dritten Kapitels beim unterkapitel Herr Albin angelangt. Meine Ausgabe des Zauberbergs ist die Fischertaschenbuchausg. in der 17. Aufl. der Text wurde anhand der Érstaug. von 1924 neu durchgesehen.
    Auch mir gefällt es bis jetzt ziemlich gut. Vorallem auch die genauen Beschreibungen haben es mir angetan. Wunderbar!

  • Hi,


    ich habe heute abend erst angefangen zu lesen, und bin gerade am Anfang des zweiten Kapitels. Diese Leserunde ist übrigens meine Zweitlektüre vom "Zauberberg", aber das erste Mal muss gute 20 Jahre her sein; ich glaube, ich war damals noch in der Schule. Ich lese die Ausgabe mit Kommentar, die xenophanes im Thread "Buchvorschläge" empfohlen hat.


    Man bekommt den Eindruck vermittelt, dass der "Berghof" eine Welt für sich ist. Joachim betont, dass "dort oben" andere Gesetze gälten als im Flachland. Hans Castorp reagiert auf die Welt dort ziemlich verwirrt. Auf die Geschichte vom Tod der Amerikanerin in Nr. 34 z. B. reagiert er ganz unangemessen mit Erklärungen zum Rasieren. Ebenso unangemessen ist seine Frage nach Porter, als Joachim sich beklagt, er stagniere "dort oben", fast wie ein fauliger Tümpel.
    Wenn HC versucht, sich mit dem Neuen dort oben auseinanderzusetzen, z. B. als er das Husten des Herrenreiters beschreibt, bemerkt er erst nicht, dass er taktlos Joachim gegenüber ist.
    Aber sowohl Joachim als auch Krokowski deuten an, HC werde sich schon dort einleben ...
    Nachdem HC im ersten Kap. so viel gelacht hat, auch an Stellen, die eigentlich gar nicht zum Lachen waren, erfahren wir, dass seine Mutter starb, als sie gerade lachte. Das dürfte wohl Absicht von ThM sein, nicht? Damit der Leser sich ein bisschen erschreckt?

  • Mir ist auch aufgefallen, dass der Berghof eine Welt für sich ist. Oft wird ja erwähnt: wir hier oben und die da dunten in der Ebene. Also eine ganz deutliche Abrenzung vom, sagen wir mal "realen" Leben. Ein Ort des Übergangs vom Leben zum Tod.
    Irgendwie muss man in diesem Milieu krank werden oder krank bleiben. Ab und an habe ich den Eindruck, man will dort oben gar nicht wirklich heilen und gesund werden. Eher im Gegenteil. Dort kann man fern des Alltags leben und die Augen vor der Realität verschließen.



    Lg
    Germa

  • Ja dieser Aspekt wir auch sehr deutlich dadurch das Hans ja auch plötzlich kränker erscheint als er es vorher war.
    Skuril finde ich ja die ganzen Figuren die auftauchen. Jede hat so ihr kleines und großes wewechen und irgendwie scheint sich jeder darin zu sulen. Auffalend ist auch das bisjetzt jeder Patient länger da war als es hies das er bleiben müsse.

  • Zitat von "HoldenCaulfield"

    Auffalend ist auch das bisjetzt jeder Patient länger da war als es hies das er bleiben müsse.


    Würde der Arzt den Patienten von Anbeginn die Diagnose stellen, sie müssten ihr ganzes restliches Leben auf dem Zauberberg verbringen, so hätte dies wohl unangenehme Auswirkungen :breitgrins:


    Fällt es euch eigentlich nur auf oder wundert ihr euch ernsthaft, dass der Zauberberg als eine eigene Welt mit ihren eigenen Gesetzen beschrieben wird? - Ist das in einem gewissen Masse nicht natürlich? - Ich kenne Sanatoriumsschilderungen sonst nur noch von Kafka und auch dort wird das Sanatorium indirekt als Zuflucht vor der Realität geschildert und ganz bestimmt als dem Alltag völlig fremd.



    Grüsse
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Zitat von "alpha"

    Fällt es euch eigentlich nur auf oder wundert ihr euch ernsthaft, dass der Zauberberg als eine eigene Welt mit ihren eigenen Gesetzen beschrieben wird?


    Natürlich wundere ich mich nicht darüber, aber in meinen Augen soll eine Leserunde den Inhalt eines Buches diskutieren, Gedanken dazu austauschen und Themen für Gespräche liefern.
    Die Basis hierfür ist meiner Meinung nach erstmal die Grundzüge eines Buches zu thematisieren. Und dazu gehört auch die Schilderung des Lebens im Berghof-Sanatorium.


    Ich lese dieses Buch nicht mit der Option hinterher eine Doktorarbeit darüber zu verfassen, sondern aus Liebe zur Literatur und deren Genuß.

  • Zitat von "alpha"

    Fällt es euch eigentlich nur auf oder wundert ihr euch ernsthaft, dass der Zauberberg als eine eigene Welt mit ihren eigenen Gesetzen beschrieben wird? - Ist das in einem gewissen Masse nicht natürlich?


    Natürlich ist es schon, dass ein Sanatorium eine Welt für sich ist. Auffällig ist aber, wie sehr ThM es betont. Das setzt sich ja auch in den folgenden Kapiteln fort, als immer wieder von HC's Schwierigkeiten die Rede ist, sich dort zu akklimatisieren, wie er aber andererseits immer wieder das Gefühl bekommt, schon immer dagewesen zu sein. Also wird es schon was besonderes zu bedeuten haben. :smile:
    Settembrini vergleicht im 2. Kapitel den "Berghof" rundheraus mit dem Hades. Das wird in aller Ausführlichkeit durchgespielt, mit HC als Odysseus, der die Unterwelt nur besucht, den Ärzten als den "Höllenrichtern" Rhadamynthys und Minos.
    Lt. Kommentar wird Settembrini dabei auch in der Beschreibung als Merkur, der in der griechischen Mythologie die Seelen in die Unterwelt führt, charakterisiert: Hut und Stab (Spazierstock). Die gekreuzten Füße, als er sich bei der Begrüßung vor HC und Joachim aufbaut, sind ein Attribut des Todes, den ThM aus Lessings "Wie die Alten den Tod bildeten" entnommen hat und der sich immer wieder bei ThM findet (sagt der Kommentar, ich kenne Lessings Text nicht und kenne mich auch bei ThM nicht so gut aus). Jedenfalls habe ich schnell in "Tod in Venedig" nachgesehen, da ist tatsächlich auch im ersten Kapitel der "merkwürdige Mann" an der Trambahnstation, der Aschenbach zu der Reise nach Venedig anregt, mit diesen drei Attributen ausgestattet.
    In den Kapiteln 2 und 3 wird dann auch deutlicher, was die "Welt des Berghofs" im Roman bedeuten soll. Irgendwas Anrüchiges hängt dem Berghof anscheinend an. Die Krankheit, der die Bewohner verfallen sind und in die sie sich fallenlassen, wird z. B. von HC mit Schande gleichgesetzt, die Gesundheit und das Streben danach mit Ehre (im Kap. 2, als HC über Herrn Albin und das Sitzenbleiben in der Schule nachdenkt).
    HC wird ja auch zweimal gewarnt, dass er besser abreisen sollte, ehe er sich zu seinem Schaden zu gut eingewöhnt: durch die Anekdote von Ottilie Kneifer, die Settembrini erzählt, und die Geschichte von dem Jungen mit dem salzlöffelartigen kleinen Fingernagel, die ihm Joachim erzählt.
    Anscheinend kann HC sich aber trotzdem nicht vom "Berghof" losreißen. Die Krankheit hat für ihn etwas Ehrwürdiges, sie macht die Menschen "fein und klug und besonders". Als er zum ersten Mal einen Todkranken sieht, der nicht mehr lange zu leben hat, versucht er spontan, dessen Gesichtsausdruck und Blick nachzuahmen - eigentlich eine groteske Reaktion!
    Anscheinend hat HC eine gewisse Neigung zum Tod, sag ich mal ganz dreist.
    Natürlich hat es auch mit Clawdia Chauchat zu tun, dass er nicht abreisen will.
    Spricht man den Vornamen eigentlich wie den deutschen Namen Claudia aus?

  • Zitat von "Roland"


    Die Krankheit, der die Bewohner verfallen sind und in die sie sich fallenlassen, wird z. B. von HC mit Schande gleichgesetzt, die Gesundheit und das Streben danach mit Ehre (im Kap. 2, als HC über Herrn Albin und das Sitzenbleiben in der Schule nachdenkt).
    [...]
    Anscheinend kann HC sich aber trotzdem nicht vom "Berghof" losreißen. Die Krankheit hat für ihn etwas Ehrwürdiges, sie macht die Menschen "fein und klug und besonders". Als er zum ersten Mal einen Todkranken sieht, der nicht mehr lange zu leben hat, versucht er spontan, dessen Gesichtsausdruck und Blick nachzuahmen - eigentlich eine groteske Reaktion!



    Dies ist interessant, müsste die Stellen suchen - was den Sinneswandel wohl verursacht haben könnte?



    Germa: Ich wollte niemandem auf die Füsse treten, wirklich nicht und möchte mich für meinen vielleicht missverständlichen Beitrag entschuldigen, denn meine Frage war eigentlich als solche gemeint und nicht nur rhetorsich!



    Grüsse
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Zitat von "alpha"

    Dies ist interessant, müsste die Stellen suchen - was den Sinneswandel wohl verursacht haben könnte?


    Autsch, da habe ich gleich zwei Fehler gemacht.
    HC gebraucht zwar das Wort "Schande", aber das ist eher die konventionelle Deutung, heimlich sehnt er sich nach ihr: "Und indem er sich probeweise in Herrn Albins Zustand versetzte und sich vergegenwärtigte, wie es sein müssen, wenn man endgültig des Druckes der Ehre ledig war und auf immer die bodenlosen Vorteile der Schande genoß, erschreckte den jungen Mann ein Gefühl von wüster Süßigkeit, das sein Herz vorübergehend zu noch hastigerem Gange erregte."
    Es ist also kein richtiger Sinneswandel.
    Zweitens sollte ich wohl immer die Kapitel und Unterkapitel hinschreiben:
    1.) Drittes Kapitel. Herr Albin (Grr, auch die Kapitelnummer habe ich oben falsch hingeschrieben.)
    2.) Viertes Kapitel. Er versucht sich in französischer Konversation
    So, das stimmt jetzt hoffenlich.

  • alpha
    Allerdings ist es eine Recht realistische Beschreibung eines Sanatoriums. Jeder der schonmal länger im Krankenhaus war oder in einer Anstalt oder ähnlichem wird bestätigen können das man sich doch sehr isuliert vorkommt und sie Ausenwelt irgendwie in weiter ferne zu liegen scheint.


    Ich hatte irgendwie von Anfang an das Gefühl das HC es gar nicht soo schlimm fände wenn er länger als die Drei Wochen bleiben müsste. Er ist ja von so mancher Behandlung recht schnell begeistert.
    Auch die anderen Patienten sind ja recht begeistert davon das er aus Krankheits bedingten Gründen zu bleiben hat. Es sieht so aus wie wenn sie sich in ihrer Meinung bestätigt fühlen.
    Interessant finde ich auch die Tatsache das HC eigentlich gar nicht so genau weiß was er eigentlich hat da ihm der Arzt nur irgendwelche Fremdwörter an den Kopf wirft ohne diese wirklich zu erklären. Seine Eigene Erklärung er habe nur einen Schnupfen wird gar nicht erst akzeptiert sondern es wird gleich versucht es zu wiederlegen. Es ensteht der Eindruck ihn auf Teufel komm raus im Sanatorium zu behalten.

  • Hallo zusammen,


    hier ist ja richtig was los :smile: also dann auch mal meine ersten Eindrücke: Auch mir ist ganz stark aufgefallen, wie sehr die Bewohner des Berghofs diesen als eigene Welt ("wir da oben") ansehen. Auch scheinen sie sich in ihren Urteilen und Wertmaßstäben schon ganz stark von der übrigen Welt entfernt zu haben, was deutlich wird, als der Chefarzt den Tod der Amerikanerin fest einplant, damit das Zimmer für Hans frei wird - und Ziemßen findet das ganz normal :entsetzt:


    Die lange Liegedauer verschiedener Insassen hat mich schon erschreckt (z.B. die Dreißigjährige, die schon seit ihrer Jugendzeit im Sanatorium ist). Das ist heute gar nicht mehr vorstellbar, meine Oma war allerdings während des zweiten Weltkriegs auch 2 Jahre im Krankenhaus.


    Ist bei Euch übrigens auch die Vorrede Manns zu den amerikanischen Studenten enthalten? Hat mir sehr gut gefallen, insbesondere seine Aussage, dass man nicht "contre coeur" lesen sollte.


    Zitat von "Roland"

    Nachdem HC im ersten Kap. so viel gelacht hat, auch an Stellen, die eigentlich gar nicht zum Lachen waren, erfahren wir, dass seine Mutter starb, als sie gerade lachte. Das dürfte wohl Absicht von ThM sein, nicht? Damit der Leser sich ein bisschen erschreckt?


    Ja, das scheint ein böses Omen zu sein. Ebenso, dass er nichts dagegen hat, sich als "tous les deux" ansprechen zu lassen.


    Liebe Grüße
    Manjula

    [size=10px] &quot;Kunst soll keine Schulaufgabe und Mühseligkeit sein, keine Beschäftigung contre cœur, sondern sie will und soll Freude bereiten, unterhalten und beleben, und auf wen ein Werk diese Wirkung nicht übt, der soll es liegen lassen und sich zu andrem wenden.&quot; [/size]

  • Hi,


    ehe ich mich wieder an den "Zauberberg" setze, will ich noch eine Frage loswerden:
    Fühlt man sich in den ersten Tagen wirklich so eigenartig wie HC, mit Gesichtshitze, Herzklopfen, evtl. Neigung zum Nasenbluten, wenn man auf 1600 m Höhe ist?
    (Ich war das letzte Mal vor vielen Jahren im Gebirge, und wahrscheinlich war es auch da weniger m über NN als Davos.)

  • Zitat von "Roland"


    Fühlt man sich in den ersten Tagen wirklich so eigenartig wie HC, mit Gesichtshitze, Herzklopfen, evtl. Neigung zum Nasenbluten, wenn man auf 1600 m Höhe ist?


    Ich kann davon nichts berichten, hatte nie irgendwelche seltsamen Erscheinungen...
    Aber Leute mit Herzkreislauf-Schwierigkeiten haben schon Probleme, glaube ich...



    Grüsse
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Ich finde es ja sehr interessant, was Roland über die Symbolik Hut, Spazierstock und gekreuzte Beine geschrieben hat.
    Die Zahl 7 kommt im Zauberberg immer mal wieder vor: 7 Jahre Aufenthalt, 7 Tische usw. Weiß jemand von euch, ob das etwas zu bedeuten hat?


    Zum Aufenthalt in großen Höhen kann ich nur sagen, dass das Herz durch den geringeren Sauerstoff in der Luft viel mehr arbeiten muss und dadurch schon Gesichtsröte (aber sicher auch durch die Kälte, da die Zimmer nur bei Schneefall geheizt werden) entsteht. Alle Aktivitäten sind dadurch auch viel anstrengender für den Körper und daraus resultieren Herzrasen und Luftnot.


    @ Alpha: Alles wieder in Ordnung :bussi:


    Gruß
    Germa


    PS: Ohne allerdings krank zu sein, würde mir so eine Liegekur mit einem Stapel Bücher und 5 leckeren Mahlzeiten am Tag auch gefallen :urlaub:

  • Zitat von "Germa"


    Die Zahl 7 kommt im Zauberberg immer mal wieder vor: 7 Jahre Aufenthalt, 7 Tische usw. Weiß jemand von euch, ob das etwas zu bedeuten hat?


    WAS es zu bedeuten hat, kann ich dir leider nicht sagen, aber es HAT wohl schon etwas zu bedeuten - zumindest ist es eine bewusste Spielerei von T. Mann. Die Zahlenmystik liegt ihm bekanntlich alles andere als fern - vielleicht auf die Spitze getrieben hat er es in Joseph und seine Brüder - Aber die Zahlensymbolik taucht immer wieder in seinem Werk auf.


    Die Zahl 7... Nein, wirklich keine Ahnung mehr, aber es ist immer sieben: sieben Weltwunder, sieben Todsünden, sieben Planeten, Siebengestirn, sieben Tage (dauerte die Schöpfung) usw, siehe: auch hier



    Grüsse
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • was mich immer wieder fasziniert, ist der zeitbegriff in diesem eigenen kleinen mikrokosmos... da schläft man ein, von dem ganzen kliniktratsch und temperaturen und so weiter berauscht... ich habe damit durchaus schon eigene erfahrungen machen können und freue mich deshalb immer über diese lebensnahen schilderungen. und nur settembrini (in den kapitelüberschriften heißt er "satana", was mir zu denken und zu lächeln gibt) reißt einen gelegentlich hinaus. ich sage "einen", weil es damit, glaube ich, nicht nur hans castorp so geht, sondern zumindest in mir als leser steigt eben dieses gefühl durch thomas manns worte auf. das passiert aber wohl generell, wenn man mann liest und sich auf ihn einlassen kann...

    spring ihr doch nach! aber du hast angst, das glas zwischen dir und den anderen könnte zerbrechen. du hältst die welt für eine schaufensterauslage.

  • ... Clawdia Chauchat wohnt in Zimmer Nr. 7, und es waren sieben Schöpfungstage, nicht sechs, wie Settembrini in Kap. 4, Tischgespräche behauptet.
    Neben der allgemein hervorgehobenen Stellung der Sieben, auf die alpha schon hingewiesen hat, gibt es lt. dem Kommentar noch ein paar literarische Assoziationen, bei denen sieben Jahre, an einem fernen Ort verbracht, eine Rolle spielen. Hier werden genannt:
    - Zwerg Nase: Am 3.8.1915 schreibt ThM in einem Brief u. a.:
    "'Der Zauberberg' heißt es, etwas vom Zwerg Nase, dem sieben Jahre wie Tage vergehen, ist darin, [...]"
    weiterhin Texte, die ThM vermutlich gekannt hat:
    - Tannhäuser bleibt sieben Jahre im Venusberg (Heine)
    - Fontanes "Tom der Reimer" oder "Thomas der Reimer", der nach einem Kuss der Elfenkönigin für sieben Jahre verfällt
    - mglw. Odysseus' sieben Jahre bei Kalypso
    - die Legende von den Siebenschläfern (die sieben Christen, die von einem römischen Kaiser in einer Höhle eingemauert wurden, nach 200 Jahren befreit wurden und frisch und munter die Höhle verließen. Dann sind sie aber doch schnell gestorben (!).)
    ThM hat auch zeitgenössische medizinische Berichte über "Zeitentrückungen" gesammelt (sind das Menschen, die für eine Zeit ins Koma gefallen sind???)
    Aber dass ein Mensch an einem fremden Ort, quasi entrückt, sieben Jahre verbringt und meint, es seien nur wenige Tage, kommt wohl in Märchen noch häufiger vor.


    Manjula
    Die Einleitung für die Studenten in Princeton ist in meiner Ausgabe nicht drin, aber ich glaube, ich habe sie irgendwo in anderer Form. Danke für den Hinweis!


    alpha und Germa
    Also ist HC's Zustand doch tw. normal für einen, der das Hochgebirge nicht gewohnt ist, und muss nicht unbedingt ein frühes Anzeichen der Tuberkolose sein.

  • Hallo zusammen,


    ich bin gestern leider nicht mehr weit gekommen (obwohl Eure Kommentare mich sehr neugierig machen), aber eins ist mir aus dem ersten Kapitel noch eingefallen: da heißt es, Hans isst immer sehr viel, schon aus Selbstachtung. Ein interessanter Gedanke, das Essen auch aus Respekt vor sich selbst nicht zu vernachlässigen (wenn man auch heute wohl eher "viel" durch "gesund" ersetzen würde). Bei mir entstand da sofort die Verbindung zur Magersucht, aber darauf wollte Mann wohl nicht anspielen. Oder doch? Was denkt Ihr darüber?


    Liebe Grüße
    Manjula

    [size=10px] &quot;Kunst soll keine Schulaufgabe und Mühseligkeit sein, keine Beschäftigung contre cœur, sondern sie will und soll Freude bereiten, unterhalten und beleben, und auf wen ein Werk diese Wirkung nicht übt, der soll es liegen lassen und sich zu andrem wenden.&quot; [/size]

  • @ Manjula: An Magersucht habe ich dabei nicht gedacht. HC will sich durch seinen großen Appetit vielleicht deutlich machen, dass er gesund ist und nicht zu den Kranken zählt und doch nur Gast da oben ist.


    Im 4.Kapitel Abschnitt "Hippe" erinnert HC sich an seine Schulhofliebe Pribislav. Soll damit angedeutet werden, dass HC homosexuell ist? Ist er nur in Clawdia verliebt, weil sie ihn an Hippe erinnert?


    Wie in seiner Schulzeit gibt er sich mit dem Anhimmeln aus sicherer Entfernung zufrieden, was ja auch auf seine mangelnde Tatkräftigkeit hinweist. Er neigt meiner Meinung nach stark zur Lethargie. Später sagt er Joachim gegenüber, dass er gerne ein Geistlicher geworden wäre und auch, dass er mehr zum Kranksein als zur Gesundheit neige. Der Schnupfen kommt ihm wohl nicht ungelegen und nimmt ihm die Entscheidung länger zu bleiben aus der Hand.


    Thomas Mann hatte seine Frau Katia in Davos im Sanatorium besucht und ihm ist es genauso ergangen. Er bekam eine Erkältung und sollt sich dort auskurieren. Dieses Ereignis führte dazu, dass er zunächst eine Erzähung schrieb, die sich zum Zauberberg ausreifte.


    Gruß
    Germa