Re: Schmidt, Wittgenstein, Platon

  • Hallo zusammen!


    Eigentlich müssten wir nun einen separaten Wittgenstein-Thread eröffnen ...


    Zitat von "xenophanes"

    Rückt man aber dem berühmten Tractatus mit dessen eigenen Mitteln (also der formalen Logik) zu Leibe, ist man sehr schnell sehr ernüchtert: Mehr Fassade als logische Substanz.


    Es ist imho eines der grossen Missverständnisse der Philosophiegeschichte, dass der Tractatus logico-philosophicus mit den Mitteln oder genauer: ausschliesslich mit den Mitteln der formalen Logik geschrieben worden sei. Der Bogen, den Wittgenstein spannt, geht weit über die Logik hinaus. Das Werk ist nicht umsonst zuerst in den Annalen der Naturphilosophie erschienen und lehnt sich im Titel an Spinozas Tractatus theologico-politicus an.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo sandhofer,


    ich zitier jetzt nicht noch mal alles, sondern gehe so auf deine Bemerkungen ein.


    Ich glaube nicht, dass Süskind in der besagten Erzählung Wittgenstein damit loben wollte, es war wohl eher eine Anspielung darauf, dass W.s Texte extrem anspruchsvoll und durchdacht sind. Aber ich kann dazu nicht wirklich was sagen, da ich W. wie gesagt noch nie gelesen habe.


    Was meinst du damit, dass Schriftsteller Tiefen bei Philosophen immer im existentialistischen Sektor ansiedeln? (Was heißt "existenzialistischer Sektor"? :redface: Etwa DER Existentialismus von Camus und Sartre?)


    Was heißt "imho"?


    Gruß,
    Caiman

  • Zitat von "sandhofer"


    Philosophiegeschichte, dass der Tractatus logico-philosophicus mit den Mitteln oder genauer: ausschliesslich mit den Mitteln der formalen Logik geschrieben worden sei. Der Bogen, den Wittgenstein spannt, geht weit über die Logik hinaus.


    Unbestritten. Aber er erweckt durch seine Nummerierung ja den Eindruck logischer Zusammenhänge, die einer genaueren Überprüfung nun mal nicht standhalten.


    IMO wird Wittgenstein stark überschätzt, auch unter analytischen Philosophen.


    CK

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Caiman"

    Was meinst du damit, dass Schriftsteller Tiefen bei Philosophen immer im existentialistischen Sektor ansiedeln? (Was heißt "existenzialistischer Sektor"? :redface: Etwa DER Existentialismus von Camus und Sartre?


    Nicht "immer", auch nicht "Philosophen" im Allgemeinen, nicht einmal - aber da war ich unklar - alle Schriftsteller: Es gibt oder gab mal eine Tendenz unter deutschsprachigen AutorInnen, Wittgenstein im weitesten Sinn existenzialistisch zu begreifen. Das war im Falle der Bachmann ein durchaus fruchtbares Missverständnis. Süskinds Text kenne ich nicht, vielleicht war's auch ironisch gemeint ... (Ja, der Existentialismus - ich kenne keinen andern.)


    Zitat von "xenophanes"

    IMO wird Wittgenstein stark überschätzt, auch unter analytischen Philosophen.


    Gerade unter analytischen Philosophen, weil sie zentrale Anliegen Wittgensteins nicht erfassen können. :breitgrins:


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen!


    Hab jetzt den Wittgenstein doch mal abgetrennt.


    Die analytischen Philosophen übersehen imho, dass Wittgenstein im Tractatus den Weg beschreibt. Es geht Wittgenstein nicht darum, dass, wie in der Naturwissenschaft, - einmal das Resultat erreicht - es keine Rolle mehr spielt, wie der Mensch zum Resultat (z.B., dass die Erde sich um die Sonne dreht) gekommen ist. Und so wird auch gerne 6.54 (Er muss diese Sätze überwinden, dann sieht er die Welt richtig.) unterschlagen bzw. die Arbeit des Überwindens als bereits geleistet angenommen.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus