"Hundert Jahre Einsamkeit"

  • Zwar bereits weit über 200 Seiten gelesen, doch täglich aufs neue zweifelnd, ob ich mich denn weiter in dieses Werk vertiefen soll. Zuweilen amüsant und unterhaltend, doch im nächsten Moment von tiefgründiger Langeweile, um am Ende gar ein Ekelgefühl aufgrund der unzähligen ordinären und vulgären Anspielungen zu erzeugen - Gabriel García Márquez' "Hundert Jahre Einsamkeit".
    Die Lektüre meiner Vorliebe spielt sich im Rahmen politischer Abhandlungen und geschichtlicher Aufarbeitung wieder, gepaart mit massenpsychologischen Arbeiten. Und doch streue ich in diese literarische Alltäglichkeit Romane ein, die für eine unbeschwerte Unterhaltung sorgen sollen. Rätselnd, ob mich Márquez' Werk nun unterhält oder derart abstößt, daß ich es nicht mehr aus der Hand legen will, verharre ich ratlos. Zum finalen Ende meiner Verunsicherung, garniert der Autor diese mit gleichbleibender Beharrlichkeit, indem er sämtliche Hauptcharaktere immer wieder selbigen Namens tauft.
    In der Hoffnung, hier Menschen anzutreffen, die bereits kostbare Freizeit diesem Familienepos der sonderbaren Art opferten, wende ich mich nun an das Publikum des Klassikerforums. Obgleich ich befürchte keinen Leser vorzufinden, der mit Begeisterung diesem Werke fröhnte. Doch ich mag mich täuschen, zumindest erhoffe ich, einer Täuschung zu unterliegen.

    Mit freundlichen Grüßen,<br />Roberto

  • Ausgehend davon, daß Sie - ich verbleibe beim "Sie", der Höflichkeit zum Vorrang - García Márquez' Werk selbst noch nicht gelesen haben, verharre ich weiterhin wartend, einen Zeitgenossen kennenzulernen, der sich bereits diesem preisgekrönten Werk gewidmet hat.
    Es sind nur wenige Passagen, welche obszön wirken und ein gewisses Ekelgefühl hervorrufen. So umschreibt der Autor die Liason zu einer Minderjährigen (wenngleich eine Ehe im zarten Alter der Jugend zu vergangenen Zeiten in Südamerika keine Seltenheit waren) oder eine sich anbahnende Affäre zwischen einem jungen Mann und einer älteren Dame, welche seine Pflegemutter war.
    Und dennoch, obgleich dieser gewöhnungsbedürftigen Passagen, fesselt es, um umgehend zu langweilen. Lesefreunde und -frust gehen Hand in Hand. Der ungeduldige Leser wird wohl nicht bis zum Ende verweilen und sich im ruhigen Gewissen, keinen literarischen Leckerbissen verpaßt zu haben, einem anderen, klassischeren Buch widmen.
    Dürfte ich Sie, werte Evelyne, fragen, wie Sie auf das Werk García Márquez' gekommen sind? War Ihr Vorschlag ein "Schuß ins Blaue", oder haben Sie es gezielt empfohlen bekommen?

    Mit freundlichen Grüßen,<br />Roberto

  • Hallo Roberto


    Ich kenne nur wenige Foren, wo man sich siezt (und ich habe schon einige gute Foren besucht). Das SIE wird üblicherweise eher als unhöflich empfunden, ganz im Gegensatz zur Geschäfts- und Politwelt. Das DU hat eher den Stellenwert des englischen neutralen YOU, ist also keinesfalls despektierlich gemeint.


    Was Marquez (die Striche lasse ich in Foren weg) betrifft: Wer hat nicht schon von ihm gehört? Wer sich für Klassiker, Anspruchvolle Literatur, Weltliteratur und Literatur-Nobelpreisträger interessiert, wird unweigerlich auf ihn stossen, wenn er nicht schon so von ihm gelesen/gehört hat, genug bekannt ist er ja.


    Und da ich nun mal neugierig bin...


    ...auch, warum gerade nur ich gesiezt werden soll :breitgrins:
    (Spitzen überlese ich gefliessentlich, denn ich mag herzlichen Umgang)

  • Hallo Roberto,


    kurzes OT:


    Es bleibt natürlich Dir überlassen, ob Du hier jemanden per "Sie" ansprichst - erwarte das gleiche jedoch nicht im Gegenzug. Die Leute hier werden ihre Gepflogenheiten sicherlich nicht für Dich ändern.


    Höflich ist es übrigens eher, wenn man sich vor dem schreiben umsieht und sich dann an den genannten Gepflogenheiten orientiert.


    Und sollte das tatsächlich nur an Ivy gerichtet sein, so bitte ich Dich, doch mal Deine eigene Signatur genauer durchzulesen.


    Liebe Grüße
    nimue

  • Zitat von "Roberto"

    Zum finalen Ende meiner Verunsicherung, garniert der Autor diese mit gleichbleibender Beharrlichkeit, indem er sämtliche Hauptcharaktere immer wieder selbigen Namens tauft.


    Mit dem Namen hatte ich auch enorme Schwierigkeiten! Und nur deshalb habe ich das Buch nach über der Hälfte zur Seite gelegt.
    Aber sonst hat es mir eigentlich gut gefallen und ich werde es in absehbarer Zeit nochmal beginnen.
    Nur dann werde ich mir gleichzeitig Notizen zu Personen aufschreiben, um sie so besser auseinanderhalten zu können. Denn es tauchen wirklich immer wieder die gleichen oder sehr ähnlich Namen für verschiedene Familienmitglieder auf.

  • Obwohl die Bezeichnung "Sie" keinesfalls als negativ zu bewerten ist - das Gegenteil ist der Fall - werde ich mich der hier angewendeten Form anpassen. Da ich mich lange eines Forums erfreuen konnte, welches das "Sie" bevorzugte, gewöhnte ich mir diesen Stil an. Dennoch möchte ich darauf verweisen, daß es aus meiner persönlichen Sicht keinen Unterschied macht, jemanden via Forum oder in Realität zu Siezen - zu beiden Anläßen erscheint es mir freundlicher und zielgerichteter.
    Wie, liebe Evelyn, kommst Du darauf, ich würde nur bei Dir diese Form anwenden wollen? Rede Dir nicht ein, ich hätte etwas gegen Dich.
    Wieso Du, liebe Nimue, mich auf meinen Signaturspruch aufmerksam machst, kann ich nicht nachvollziehen - es mag auch an meiner Begriffsstutzigkeit liegen. Doch tatsächlich trifft er genau den Punkt: Nicht alles, daß gerade einem modernen Trend entspricht, muß deshalb als erachtenswert gelten...so auch beim "Duzen/Siezen". Noch heute, haben Senioren Probleme damit, daß sich junge Menschen so schnell und unkompliziert dem "Du" widmen - andere Zeiten, andere Sitten. Aber was heute schicklich ist, kann morgen schon wieder verwerflich sein.


    Liebe Nysha, es fällt mir mit jeder Seite schwerer, dem Geschehen zu folgen. Welcher Arcadio ist denn nun der verstorbene? Welcher der an der Kastanie festgebundene? Aber ich muß ehrlich sein: Derart reizvoll finde ich es nicht, mir Notizen oder gar einen selbsterstellen Stammbaum der fiktiven Familie Buendía anzulegen. Hier würde ich mich meines Lesespaßes beraubt sehen, zumal ich vor dem Schlafengehen den größten Teil meines täglichen Lesepensums erfülle...im Bette, versteht sich. Schreibarbeiten zwischen Kopfkissen und Decke, erscheinen mir wenig verlockend.
    Gleichzeitig kam mir gestern Sebastian Haffners Abhandlung "Anmerkungen zu Hitler" in die Finger. Dieses Buch läßt mich nicht los - gegenteilig dem Werk García Márquez'. Ein ganz hervorragendes Werk, welches Hitler von sämtlichen Seiten beleuchtet, natürlich aus objektiver Sichtweise. Letzteres erscheint mir an historischen Abhandlungen am wichtigsten: Sie sollten vollkommen morallos geschrieben sein, um den Leser aufzuklären und ihm kein falsches geschichtliches Bild indoktrinieren.
    Die literarische Welt der Historie, der Politik und der Massenpychologie sind wohl, um es realistisch zu sehen, mein Metier. Doch, wie schon erwähnt, auch ich neige dazu, gelegentlich Romane zu lesen.

    Mit freundlichen Grüßen,<br />Roberto

  • Hallo Roberto


    Ich las Deine anderen Postings hier im Forum - an Angélique - alle in Du-Form, aber die waren wohl vor Deiner Umgewöhnung, was ich jedoch nicht wissen konnte. Deshalb hab ich es ja auch offen gelassen und nicht gleich sauer reagiert. :breitgrins:


    Ich persönlich halte mich privat in Foren auf und bevorzuge deshalb das lockere Du, wie es hier auch üblich ist. Im Alltag wirkt bei mir das Sie wie ein Du, aber in Foren, wo Mimik/Gestik zu wenig rüberkommen, ist das Sie enorm distanzierend und unpersönlich, nach meinem Empfinden.


    Nichts für ungut, jedem das seine! :smile: