Hallo zusammen,
wenn ich auch bisher Dante nicht gelesen habe (ich habe ihn erst fuer naechstes Jahr eingeplant), verfolge ich mit Interesse Eure Diskussion. Einen Sinn der Hoelle zu suchen, ist wohl schon ein muessiger Versuch, in Religion Vernunft zu suchen, wo es nicht um Vernunft geht, sondern um Glauben. Nicht um Ueberzeugung, sondern um Hinnahme. Immerhin kann ein Aussenstehender in der Hoelle-Himmel Konstruktion den christlichen Fundamentalismus wiedererkennen, der ja leider heute wieder bemueht wird. Es geht naemlich nicht um Verstehen , sondern um Glauben und Vertrauen eben ohne Verstehen. Wenn es diesen Gott gibt, haben wir nicht die Freiheit, mit ihm etwas zu tun haben zu wollen oder nicht. Die Aussage, man glaube an diesen Gott, weil er so gut, gerecht oder sonst eine schoene Eigenschaft hat, ist schon in sich widerspruechlich. Jesus soll ja selbst diese Kompromisslosigkeit des Alten Testamentes mit seinem “Auge um Auge” weiterfuehren, wenn er zitiert wird: “wer nicht fuer mich ist, ist gegen mich” und (sinngemaess: “ sage ja ja, oder nein nein…sei nicht lau”). Ich denke so erklaert sich in dieser schwarz-weissen Welt des Christentums auch die Hoelle als Gegensatz zum Himmel. Nachdem Juengsten Gericht gibt es keine Aussoehnung, sondern die Welt endet mit einer grossen Polarisierung, an der auch das Fegefeuer nichts aendert. Ich meine, daran hat sich auch heute (zumindest bei den Katholiken) nichts geaendert. Aus saekulaeren Gruenden wird die Hoelle als “nicht bei Gott sein” definiert und der ewige Schmerz so auf eine emotionale Ebene verschoben (vergleichbar mit dem Liebesentzug, den Eltern gelegentlich ihren Kindern zur Strafe aussetzen). In Dantes Welt war das Bild der Hoelle noch bodenstaendiger. Genug Anschauungsmaterial hat ihm ja seine Gegenwart und nahe Vergangenheit gegeben.
Fuer mich “Nichtglaeubigen” waere im uebrigen der Gedanke der Ewigkeit, und sei es im Himmel, schon hoellenartig genug.
Ich kann mir vorstellen, dass das Interessante an der Komoedie (warum eigentlich Komoedie?) sein koennte, dass Dante eine sehr weite Spannbreite menschlichen Befindens (Geistesqualen symbolisiert in Koerperqualen) beschreibt, deren Sinn uns zwar unbekannt bleibt, deren Ursachen aber aufgezeigt werden (z.B. Neid macht Menschen blind).
Harald
Deine Definition von “Moral” birgt die Gefahr des Zweckdenkens und erscheint mir daher eher als unmoralisch. Moral scheint mir nicht das zu sein, was der Staerkere (und sei es eine “demokratische” Mehrheit) bestimmt.