Beiträge von efeukletterer

    B.-H. L. und A.F. sind in Frankreich sehr umstritten, vor allem B.-H.L. mit seinen Starallüren, der sich so gerne als der Saubermann der Nation ausgibt, ist peinlich. Seine Bücher haben auch nicht den von ihm erwarteten Erfolg, trotz grosser Werbung, die französische Linke macht sich einen Spass draus, ihn im Radio und in der geschriebenen Presse blosszustellen, weil er auch noch extrem arrogant ist.


    Danke für die Klarstellung und Erklärung, liebe Donna, ich sehe, ich muß mein Kusturica-Bild ein wenig korrigieren. Habe gerade auch ein wenig im Netz recherchiert und auf eine krasse Lagerteilung gestoßen, was seine Filme und Person angeht. Aus der "Entfernung" des Westens zu beurteilen fällt mir sehr schwierig, andererseits gilt es festzustellen, dass ja gerade Künstler, die so polarisieren können, oft die bereicherndsten sind oder sein können.


    Genug über Kusturica, uns geht es hier um Bücher, also meine ganz persönliche aber umso aufrichtigere Empfehlung, liebe Nikki, "Wie der Soldat das Grammofon repariert" zu lesen (komisch, das Grammofon ohne "ph"...). Selten war ich so gerührt und so erheitert durch ein Buch, hinten steht auch etwas vom Kopfkino, das kann ich voll und ganz bestätigen, eine so fruchtbare Bilderwelt, lebhaft und quirrlig, ich bin noch ganz benommen (in positivster Weise), wenn ich zum Beispiel allein an den Schluß des Buches denke.


    Auch davon jetzt aber genug, denn es geht ja auch darum, was wir aktuell lesen. Nach Stanisic habe ich ein weiteres nominiertes Buch (Deutscher Buchpreis, Longlist) zu lesen angefangen, den zweiten Debütanten übrigens: Steffen Popp "Ohrenberg oder der Weg dorthin". Vom Layout her schon mal ein echtes Schmankerl! Werde berichten!


    Viele Grüße!
    ek


    hallo efeukletterer,
    ich denke nicht, dass Kusturica den Balkan romantisiert, er ist ganz klar ein Jugo-Nostalgiker, was ich gut nachvollziehen kann, vor allem wenn man in Friedenszeiten in Gegenden gelebt hat , die vollkommen durchmischt waren.


    Das hast du mir voraus, wie es scheint hast du dort gelebt? Ich kenne die ehemaligen jugoslawischen Gebiete recht gut, aber nur aufgrund zahlreicher Reisen (nicht nur Urlaub an der Adria, sondern auch wissenschaftlicher Art). Und auf keiner dieser Reisen sind mir Begegnungen oder Menschen untergekommen, wie sie in Kusturicas Filmen häufig auftreten, ich habe kaum "Zigeuner" (was ist die korrekte BEzeichnung?) angetroffen und die Feste waren eher so wie auch Stanisic sie beschreibt - üppig und lustig und bunt - aber die Musik z.B. war eher gediegen und immer der Gegend angepasst (ich war meistens in Montenegro und Bosnien unterwegs), aber ich hatte immer den Eindruck: so kann man auch bei uns (in D) feiern. Kusturicas Filme spielen ja aber eben in Gebieten, die ich nicht kenne (Vojvodina z.B.), es mag also sein, dass die Sitten und die sozialen Umstände dort anders sind. Kritik konnte ich ehrlich gesagt in keinem seiner Filme vorfinden, auch "Underground" kann mir eher einfach politisch korrekt vor, erwartbar und nur aufgrund des absurden Szenarios interessant.


    Ich mag mich irren, aber bei Stanisic dachte ich eine große Ironisierung dieser "Balkan"-Bilder gelesen zu haben. Wie gesagt, gerade das Kapitel um das Fest - es kommt mir vor, als würde der Autor Kusturica "anzitieren", um dann aber das Zitat zu brechen - "Die Leute denken, dass wir hier immer feiern, aber das stimmt nicht, wir müssen das Gefeierte doch auch irgendwann aufräumen" (da gibt es so einen ähnlichen Satz von Aleksander), ich habe das Buch nicht bei mir, aber habe mir gerade die Stelle gut eingeprägt, denn genau dort wußte ich: okay, hier spielt jemand ganz bewußt mit den bekannten Balkanismen, die wir im Westen im Kopf haben, und sagt uns auch noch augenzwinkernd: "ihr im Westen habt eine bestimmte Vorstellung davon, wie wir sind, aber wir können auch ganz anders"


    Der letzte Film von Kusturica war für mich völlig inakzeptabel, so eine Menge an Klischees und wie du auch sagst Klamauk, war einfach zu viel.


    Wo wir also einer Meinung sind: das Erzähltempo beim Filmemacher und beim Textmacher! Das finde ich nämlich auch, man wird richtig gepackt, Stanisc variiert das auch so schön, leise Stellen mit lauten, direkten, drastischen.


    Und die Kriegskapitel waren so gut, so herzergreifend, daß ich sie meiner Frau laut vorlesen musste, worauf sie sagte, ihr Vater habe ihr ähnliche Dinge (Schutzbunker, Belagerung) aus dem zweiten Weltkrieg erzählt, den er auch als Kind erleben musste. Da wiederholt sich das Grausame, obwohl so viel Zeit und Raum dazwischen liegt.


    lg
    efeukletterer

    Leider kommt der Film nicht an das Buch, aber das war auch nicht zu erwarten. Trotzdem für jeden, dem die Grundstruktur der Geschichte gefallen hat, sehenswert. Stellt euch aber auf einen sehr sehr sehr "anderen" Protagonisten, ich fand sein Aussehen (hübsch) bis zum Schluss permanent störend.


    Wir haben anscheinend die selben Vorlieben! Stanišic (den Strich auf dem "c" bekomme ich leider nicht hin) lese ich auch gerade und bin schier beeindruckt! Das mit Kusturica empfinde ich gar nicht so präsent, nur das Kapitel mit dem Fest hat mich zu Beginn daran erinnert und auch das nur wegen der bunten Bild-Ästhetik. Was Kusturica macht, und was bei Stanišic zum Glück fehlt, ist eine gewisse Romantisierung des Balkans mit allzu ausuferndem Figurentheater. Stanišic löst das viel subtiler, es kommt mir fast vor, als würde er Kusturicas Welt ironisieren (die Aufzählung des Essens beim Fest). Das Buch jedenfalls kann ich (bisher, bin auf Seite 210) absolut empfehlen. Ich muss zugeben, mehrmals musste ich gewaltig schlucken (vor allem bei den beiden Kriegskapiteln), das ist so was von packend und ergreifend und rührend!


    Danke Dostoevskij für die Links! Habe mir einige Einträge im Blog des Autors durchgelesen, da kriegt man schon so ein wenig mit wie genau er mit der Sprache arbeitet.


    Übrigens, davor gelesen: Thomas Glavinic, "Die Arbeit der Nacht". Auch lesenswert, beklemmend!, obwohl kleinere logische Fehler (eine zweimal zu Ende gegessene Schokolade bspw.) das Lesevergnügen etwas stören. Ist so etwas nicht die Arbeit des Lektors?