Hallo Robinson,
also, dass du sagst, dass dir die Geschichte wie eine Art Traum erscheint, kann ich gut nachvollziehen. Das wird oft über Kafkas Werk gesagt.
Gleich zu Anfang kommen zwei sehr kafkaeske Motvie vor. Zuerst wird die Kleidung der kleinen Frau beschrieben. (wie auch im Process,Schloß) Dies spiegelt ihren Charakter, vor allem aber ihre Abhängigkeit wider. Allerdings habe ich schon da wirkliche Probleme die Beschreibung der Kleider zu deuten. Ich denke sie soll hiermit als eine, trotz ihrer ärmlichen und einfachen Herkunft, freien, unabhängigen Frau dargestellt werden.
Das zweite, für Kafka typische, Motiv zu Anfang der Geschichte ist die Hand, welche beschrieben wird. Das Motiv kommt ähnlich, wenn ich mich nicht täusche, im Process vor. Hier muss ich leider passen, die Beschreibung der Hand weiß ich nicht zu deuten.
Ich muss sagen, ich bin auch kurz vor der Resignation gewesen beim Lesen. Die Geschichte ist sehr schwehr zu interpretieren. Am Ende bin ich auf zwei Interpretationsansätze gekommen.
Spontan fiel mir Kafkas Vater ein, der, wie die kleine Frau, so viel an Kafka auszusetzen hat.
Mein zweiter Ansatz wäre Faschismus, bzw. als biografische Deutung Antisemitismus. Wer sagt denn, dass der Erzähler wirklich die Ursache des Leidens ist? Es ist genauso möglich, dass der Erzähler der Sündenbock der Frau darstellt. Es ist immer leichter die Schuld bei Anderen zu suchen, jedoch traut sie es keinem Anderen an, sie will mit hinterlistigen Methoden die Öffentlichkeit auf ihre Seite bekommen, genau wie Faschisten.
Ich hoffe du bzw. ihr (ich hoffe, dass sich noch ein paar mehr Leute beteiligen) könnt mit meinen Ideen etwas anfangen und noch ein wenig ausbauen.
Gruß Jonas
Beiträge von JonasGrille
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Meiner Meinung nach wird dem Trapezkünstler unbewusst klar, dass ihm der Kontakt zu anderen Menschen fehlt. Diesen fehlenden Kontakt versucht er nun mit weiterer Arbeit, die ihn aber niemals "ausfüllen" kann, zu kompensieren. Die Folge wird sein, dass der Trapezkünstler immer unglücklicher werden wird, dies könnte zu Unkonzentriertheit und schließlich zum tragischen Ende führen (eine Art Burn-out-Syndrom).Das ist sicherlich ein interressanter Ansatz, ich denke seine Arbeit erlebt der Trapezekünstler als Sucht. Er weiß, dass sie ihn in den Abgrund bzw. seiner völligen Isolation treibt, kann aber dennoch nich aufhören damit.
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Ich finde den Interpretationsansatz bei Wikipedia ganz gelungen, wir könnten das ja mal als Startpunkt nehmen:
ZitatDeutung des Titels
Wessen "Erstes Leid" wird hier geschildert? Der Künstler hat schon oft gelitten, wenn er das Trapez verlassen musste. Spürt er plötzlich selbst das Alter mit Schrecken und will deshalb ein 2. Trapez sozusagen als Gegenmittel? Oder ist es das erste Leid des Impresarios im Umgang mit dem Künstler, dem er sehr nahe steht, der aber mit zunehmendem Alter für ihn wertlos wird?
[Bearbeiten]Biografische Deutung
Die kurze Erzählung entstand im Frühjahr 1922 und erschien zunächst im Herbst 1922 in der Zeitschrift Genius. Kafka hat die Erzählung nicht hoch eingeschätzt und bezeichnete sie als "widerliche kleine Geschichte". Trotzdem integrierte er sie 1924 in seinen letzten Erzählband "Ein Hungerkünstler". Soweit man als Leser hier bewerten darf, muss man Kafka Recht geben. Die Geschichte hat nicht die Eindringlichkeit und Vielschichtigkeit der beiden anderen Künstlergeschichten des Bandes. Es fehlt ihr an Tiefe; so, als versuchte jemand anderes im Stil Kafkas zu schreiben und erreichte dies fast.
Die Geschichte ist auch eine Aussage über Kafkas Lebensrhythmus. Das Verweilen in der Trapezkuppel entspricht den Phasen des Schreibens, das zwangsläufige Heruntersteigen den Anforderungen, die der verhasste Alltag an ihn stellt. In dem überaus fürsorglichen Impresario soll der Freund Max Brod zu erkennen sein. Der Freund wird in der Erzählung als Geschäftsverbindung definiert. Er sieht die Zeichen des Verfalls (Kafkas Krankheit) und zweifelt am weiteren künstlerischen Schaffen.
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Ich kann mit stolz sagen, dass nun meine erste, von mir in die Wege geleitete, Leserunde vonstatten gehen wird.
Ich denke es sei wahrscheinlich am Besten wenn wir pro Geschichte einen kleinen Zeitraum vorgeben würden, z.B. 4 Tage, und danach kann man dann sich vollkommen der nächsten widmen. Am Ende könnte man ja auch noch ein Resümee machen, in dem man die Einzelnen Geschichten miteinander vergleicht.
Ich lese, wie schon erwähnt, die kritische Ausgabe...
Aber nun: "Let the games begin!" :breitgrins: -
Ja, du hast sicherlich Recht, ich meinte eigentlich nur, dass man den Mord an Aljona Iwanowna mit dem Mord an dem Pferd gleichsetzen kann. Das Pferd steht vielleicht auch dafür, was sein Leben noch vorwärts bringt, R. denkt er tue sich mit dem Mord (mit den Peitschenschlägen) einen Gefallen, obwohl er damit sich nur noch mehr ins Verderben lenkt...
Dein Interpretationsansatz gefällt mir allerdings auch! -
Salut la table,
ich habe jetzt den ersten Teil zuende gelesen und mir gefällt der Roman immer besser
Zwar muss ich sagen, dass ich mit den vielen Personen, die nicht richtig vorgestellt werden,(z.B. in dem Brief von R.'s Mutter) anfangs Probleme hatte, aber das verliert sich dann langsam, desto tiefer man in den Roman eindringt.
Was mir sehr gut gefallen hat war der Traum R.'s (Kapitel V, S.76-82,Geier), der ein Geschehen, vor der Schenke, aus seiner Kindheit, darstellt. Ich denke das dieser Traum eine Parabel zu seinem Seelenleben darstellt:
Mikolka steht hierbei für die Umstände die ihn zu dem Mord drängen, die Kutsche vielleicht für sein Leben und dessen positive Entwicklung. Das Pferd, denke ich, sei Aljona Iwanowna, er als Kind sei sein rationels Denken bzw. sein schlechtes Gewissen und sein Vater sei die Verdrängung.
Mikolka will die Kutsche (sein Leben) mit dem Gepeitsche (mit dem Mord) vorantreiben. Das Kind (sein schelchtes Gewissen) möchte dies um jeden Preis verhindern. Sein Vater (die Verdrängung) will ihn nur ablenken.
Was haltet ihr von diesem Ansatz?
Gruß, Jonas -
Hallo,
ich habe nun auch angefangen zu lesen, bin aber bis jetzt noch nicht über das erste Kapitel hinausgekommen. Dennoch kann ich schon sagen, dass mir, was ich bis jetzt gelesen habe, gefällt. Vor allem sind mir die inneren Monologe postiv aufgefallen. (Hierzu: Ist das eine personale oder eine auktoriale Erzählperspektive?) Gefallen hat mir sonst noch, dass das Wort Mord niemals fällt, es wird immer nur angedeutet. Außerdem: Gab es wirklich einen Zaren Goroch? Bei Wikipedia habe ich nichts dazu gefunden, kenne mich selbst auch nicht sonderlich in der russ. Geschichte aus. Kann mir jmd. helfen? -
Hallo,nachdem ich nun schon seit Wochen in diesem Forum mitlese, habe ich mich heute endlich mal angemeldet.
Ich bin Anna, 21 Jahre alt und studiere Germanistik und Kunstgeschichte an der Heinrich-Heine Uni in Düsseldorf.Hallo Anna, auch von mir ein herzliches Willkommen in unserem Forum. Weißt du schon was du machen willst nach deinem Studium, ich hatte auch schon mal an ein Germanistik-Studium gedacht, ich weiß aber nicht so wirklich ob oder was man damit anfangen kann....
Gruß Jonas -
Ja, also ich habe mal 'nen Text übersetzt, vom französischen ins deutsche...
Claude Bourgeyx - LucienZitat
LucienLucien war behaglich zusammengerollt. Eine Position die ihm gefiel. Er fühlte sich niemals zuvor so glücklich zu leben, niemals so entspannt. Sein ganzer Körper befand sich in Erholung und erschien ihm leicht. Leicht wie eine Feder, wie ein Seufzen. Wie ein Nichtvorhandensein. Es war als treibe er in Luft oder eventuell in Wasser. Er hatte keinerlei Drogen genommen, nahm keinerlei Gebrauch von Künstlichem um diese Vollkommenheit der Sinne anzutreiben. Lucien fühlte sich gut in seiner Haut. Er war glücklich zu leben. Ohne Zweifel war dies ein etwas egoistisches Glück.
Eines Nachts, wurde der Leidende von entsetzlichen Schmerzen geweckt. Er fühlte sich wie in einem Schraubstock eingeklemmt, zerquetscht von einem unausweichlichen Gewicht. Welches war nun dieses Leid, das sich auf ihm lag! Und warum auf ihm und nicht auf jemandem anderen? Welche Strafe wurde ihm hier auferlegt? Es war als wenn man ihn auseinander ziehe, als zerbräche man seine Muskeln mit Stockschlägen. „Ich werde sterben“, sagte er sich.
Der Schmerz war derart, dass er seine Augen schloss und sich aufgab. Er war unfähig sich gegen diese Flut zu wehren, die ihn überschwemmte, gegen diesen Strom der ihn weit weg von seinen vertrauten Ufern zog. Er hatte nicht mehr die Kraft sich zu bewegen. Es war wie ein Halseisen, das ihn von Kopf bis Fuß einsperrte. Er wurde angezogen von einem Unbekannten, der ihn in Schrecken versetzte. Es schien ihm, als hörte er eine tiefgründige Musik. Sein Widerstand wurde schwächer.
Das Nichts zog ihn an.
Ein fremdes Gefühl von Einsamkeit drang so in ihn ein. Er war allein in seiner Prüfung, schrecklich allein. Niemand konnte ihm helfen. Er musste in Einsamkeit diesen Moment überstehen. Er konnte sich nicht anders verhalten. Seine Schläfen pochten, Schmerzwellen fuhren ihm durch den Kopf. Seine Schultern drückten sich in seinen Körper. „Das ist das Ende“, sagte er sich nochmals. Es war ihm unmöglich sich zu rühren.
Plötzlich wurde der Schmerz so stark, dass er glaubte den Verstand zu verlieren und schlagartig fühlt er etwas wie ein inneres Zerreißen. Ein Blitz ließ ihn erblinden. Nein, kein Blitz, es war vielmehr ein intensives und bleibendes Licht. Seine Lunge fing Feuer. Er schrie auf. Die Hebamme nahm in bei den Füßen und sagte: „Es ist ein Junge“
Lucien wurde geboren.
Originaltext:Zitat
Lucien
Lucien était douillettement recroquevillé sur lui-même. C'était là une position qu'il lui plaisait de prendre. Il ne s'était jamais senti aussi heureux de vivre, aussi détendu. Tout son corps était au repos et lui semblait léger. Léger comme une plume, comme un soupir. Comme une inexistence. C'était comme s'il flottait dans l'air ou peut-être dans l'eau. Il n'avait absorbé aucune drogue, usé d'aucun artifice pour accéder à cette plénitude des sens. Lucien était bien dans sa peau. Il était heureux de vivre. Sans doute était-ce un bonheur un peu égoïste.
Une nuit, le malheureux fut réveillé par des douleurs épouvantables. Il se sentit comme serré dans un étau, écrasé par le poids de quelque fatalité. Quel était donc ce mal qui lui fondait dessus ! Et pourquoi sur lui plutôt que sur un autre ? Quelle punition lui était là infligée ? C'était comme si on l'écartelait, comme si on brisait ses muscles à coups de bâton. " Je vais mourir ", se dit-il.
La douleur était telle qu'il ferma les yeux et s'y abandonna. Il était incapable de résister à ce flot qui le submergeait, à ce courant qui l'entraînait loin de ses rivages familiers. Il n'avait plus la force de bouger. C'était comme si un carcan(2) l'emprisonnait de la tête aux pieds. Il se sentait attiré vers un inconnu qui l'effrayait déjà. Il lui sembla entendre une musique abyssale(3). Sa résistance faiblissait.
Le néant l'attirait vers lui.
Un étrange sentiment de solitude l'envahit alors. Il était seul dans son épreuve, terriblement seul. Personne ne pouvait l'aider. C'était en solitaire qu'il lui fallait franchir le passage. Il ne pouvait en être autrement.
Ses tempes battaient, sa tête était traversée d'ondes douloureuses. Ses épaules s'enfonçaient dans son corps. " C'est la fin ", se dit-il encore. Il lui était impossible de faire un geste.
Un moment, la douleur fut si forte qu'il crut perdre la raison et soudain ce fut comme un déchirement en lui. Un éclair l'aveugla. Non, pas un éclair, une intense et durable lumière plus exactement. Un feu embrasa ses poumons. Il poussa un cri strident. Tout en l'attrapant par les pieds, la sage-femme dit : " C'est un garçon. "
Lucien était né.Ja, also, würde mich über Kritik freuen...!
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Herzlich Willkommen im Forum!
Ich bin selbst auch erst seit kurzem dabei, aber dafür lese ich hier eigetnlich jeden Tag Beiträge. Schau doch mal ob du bei ein paar Leserunden mitmachen willst: unter Buchvorschläge.
Gruß, Jonas -
Ja Moin/Guten Tag,
ich wollt mich eben vorstellen, mein Name ist Jonas bin 18 Jahre alt, Gymnasiast und ein Begeisterter von Literatur. Mein Lieblingsautor ist Franz Kafka! Außerdem bin ich ein großer Fan von den Novellen von Maupassant. Diese lese ich in der Originalausgabe, also auf französisch. Finde die Idee der Leserunden super! Ich werde in Zukunft auf jeden Fall mal mitmachen auch wenn ich nicht denke, dass ich so viel dazu beitragen kann, aber dabei sein ist ja bekanntlich alles!
Jonas