Eine Fülle der Empfindung überschwemmt einen Herrn Fleischereibesitzer. Er kann sich nicht wehren, obwohl er ein blutiges Handwerk gewohnt ist. Er ist starr vor Staunen. Er sät nicht, er erntet nicht, er hört nicht gut, aber er kann in einem öffentlichen Konzert besichtigt werden. Neben ihm die weiblichen Teile seiner Familie, die mitgehen wollen.
SIE [Erika, die Protagonistin] tritt eine alte Frau gegen die rechte Ferse. Jeder Phrase vermag sie den vorherbestimmten Ort zuzuordnen. Nur SIE allein kann jegliches Gehörte an die richtige Stelle schieben, wohin es gehört. Sie packt die Unwissenheit dieser blökenden Lämmer in ihre Verachtung und straft die Lämmer damit. Ihr Körper ist ein einziger großer Kühlschrank, in dem sich die Kunst gut hält.IHR Sauberkeitsinstinkt ist unheimlich empfindlich. Schmutzige Leiber bilden einen harzigen Wald rungsumher. Nicht nur der körperliche Schmutz, die Unreinlichkeit gröbster Sorte, die sich den Achselhöhlen und Schößen entringt, der feine Uringestank der Greisin, das aus dem Leitungsnetz der Adern und Poren strömende Nikotin des Greises, jene unzählbaren Haufen von Nahrung billigster Qualität, die aus den Magen herausdünsten; nicht nur der fahle Wachsgestank des Kopfschorfs, des Grinds, nicht nur der haardünne, doch für den Geübten durchdringende Gestank von Scheißemikrotomen unter den Fingernägeln - Rückstände der Verbrennung farbloser Nahrungsmittel, jener grauen, ledrigen Genußmittel, wenn man es Genuß nennen kann, die sie zu sich nehmen, peinigen IHREN Geruchssinn, IHRE Geschmacksknospen - nein, am schlimmsten trifft es SIE, wie sie einer im anderen hausen, sich einer den anderen schamlos aneignen. Einer drängt sich sogar noch in die Gedanken des anderen hinein, in seine innerste Aufmerksamkeit.
Dafür werden sie bestraft. Von IHR. Und doch kann sie sie niemals loswerden. Sie reißt an ihnen, schüttelt sie wie ein Hund seine Beute. Und dennoch wühlen sie ungefragt in ihr herum, sie betrachten IHR Innerstes und wagen zu behaupten, daß sie nichts damit anfangen können und daß es ihnen auch nicht gefällt.
Die Mutter schraubt, immer ohne vorherige Anmeldung, IHREN Deckel ab, fährt selbstbewußt mit der Hand oben hinein, wühlt und stöbert. Sie wirft alles durcheinander und legt nichts wieder an seinen angestammten Platz zurück. Sie holt etliches nach kurzer Wahl heraus, betrachtet es unter der Lupe und wirft es dann weg. Anderes wieder legt sich die Mutter zurecht und schrubbt es mit der Bürste, Schwamm und Putztuch ab. Es wird dann energisch abgetrocknet und wieder hingeschraubt. Wie ein Messer in eine Faschiermaschine.
Die alte Frau ist jemand, der neu zugestiegen ist, obwohl sie sich nicht beim Schaffner meldet. Sie denkt, sie kann es verheimlichen, daß sie hier hereingetreten ist, in diesen Waggon. Eigentlich ist sie längst ausgestiegen aus allem und ahnt es auch. Das Zahlen lohnt sich gar nicht mehr. Die Fahrkarte ins Jenseits hat sie ja schon im Handtascherl. Die muß auch in der Straßenbahn Gültigkeit besitzen" (vergleiche Seite 24/25/26).