Ein unbedingt empfehlenswerter moderner Klassiker der niederländischen Literatur, er wurde in Beitrag #10 schon einmal erwähnt, ist der Antwerpener Willem Elsschot. "Kaas" (Käse) ist eines seiner besten Bücher. Vor kurzem war es noch in deutscher Übersetzung erhältlich.
Beiträge von Bladwijzer
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Hat jemand in den letzten 10 Jahren noch Martin du Gard gelesen? Ich habe ihn vor ein paar Monaten entdeckt, nämlich den schmalen Roman, der auf Französisch "Vieille France" heisst. Das hat mir so gut gefallen, dass ich mir, die umfangreichen Korrespondenz ausgenommen, das Gesamtwerk zugelegt habe. Auf Deutsch gibt es das wohl nur noch antiquarisch. Die Thibaults muss ich noch lesen, die liegen noch in einem weit entfernten Antiquariat, aber warten auf mich. Jean Barrois hat mir sehr gut gefallen. Der Verleger, der es ursprünglich angeboten bekam, fand es total misslungen und meinte kein Leser käme weiter als 100 Seiten. Mir hat es sehr gut gefallen. Es sind eigentlich zwei Geschichten. Jean Barois wächst sehr gläubig in einer katholischen Familie auf, aber entfernt sich immer weiter von seinem früheren Glauben, trennt sich von seiner Frau, die dies, den Glaubensabfall, nicht akzeptiert. Er gründet eine "freisinnige" Zeitschrift, die gegen den Einfluss der Kirche auf die Gesellschaft streitet. Die andere Geschichte ist die Dreyfuss Affaire, die im Roman sehr getreu wiedergegeben wird. Intellektuelle Redlichkeit und Gerechtigkeit sind die beiden grossen Themen von Jean Barois. Sein unvollendet gebliebener letzter Roman, an dem er 16 Jahre gearbeitet hat, wurde nie ins Deutsche übersetzt. Lieutenant - Colonel de Maumort ist eine 1000-seitige fiktive Autobiographie. Sie lese ich z.Zt. mit Begeisterung. Merkwürdig, dass Roger Martin du Gard so vergessen ist, auch in Frankreich. Es lohnt sich unbedingt, zumindest nach meiner bescheidenen Meinung, sich seine Werke antiquarisch zu beschaffen.