Beiträge von Jana

    2 Brecht-Gedichte, die ich ganz toll finde:


    Die Bücherverbrennung


    Als das Regime befahl, Bücher mit schädlichem Wissen
    Öffentlich zu verbrennen, und allenthalben
    Ochsen gezwungen wurden, Karren mit Büchern
    Zu den Scheiterhaufen zu ziehen, entdeckte
    Ein verjagter Dichter, einer der besten, die Liste der
    Verbrannten studierend, entsetzt, daß seine
    Bücher vergessen waren. Er eilte zum Schreibtisch
    Zornbeflügelt, und schrieb einen Brief an die Machthaber.
    Verbrennt mich! schrieb er mit fliegender Feder, verbrennt mich!
    Tut mir das nicht an! Laßt mich nicht übrig! Habe ich nicht
    Immer die Wahrheit berichtet in meinen Büchern? Und jetzt
    Wer ich von euch wie ein Lügner behandelt! Ich befehlte euch:
    Verbrennt mich!



    Rudern, Gespräche


    Es ist Abend. Vorbei gleiten
    Zwei Faltboote, darinnen
    Zwei nackte junge Männer. Nebenbei rudernd
    Sprechen sie. Sprechend
    Rudern sie nebeneinander.

    Hallo ihr Lieben,


    hat jemand schon "Der große Gatsby" gelesen? Was haltet ihr von dem Buch?
    Ich hatte erst große Schwierigkeiten, das Buch zu verstehen. So genau verstehe ich das Ende nun auch nicht. Bringt Gatsby sowohl sich, als auch einen anderen Mann um? Es wird nur gesagt, dass ein Schuss fiel. Und wie sieht das mit dem Autopunfall aus? Ich lese mir das Ende noch mal durch.
    Womit ich am meisten Schwierigkeiten hatte, war, was will das Buch von mir? Warum soll ich mich mit dem Leben der Sportler und Berühmtheiten auseinander setzen? Die Sportler haben irgendwie überhaupt gar keine moralische Wertvorstellungen, so kommt es mir vor. Der Golfspieler betrügt seine Ehefrau mit einer Geliebten. Seine Ehefrau weiß es und akzeptiert es. Der Ich-Erzähler (Nick) fragt sich, warum sie sich nicht von ihrem Ehemann trennt. Die Ehefrau hat auch kein richtiges Verhältnis zu ihrer 3-jährigen Tochter. Die "Freunde" Gatsbys sehen auch gar nicht ein, zu Gatsbys Beerdigung zu gehen. Gatsby selbst verhält sich unmoralisch (Alkoholschmuggler), um zu Geld zu kommen. Zuerst fragte ich mich: Warum soll ich das Buch lesen? Mit Berühmtheiten habe ich nix zu tun. Aber unterhaltend ist das Buch schon. Reicht das aber aus? Nächste Frage: Über welche Figur kann ich mich identifizieren? Über welche Figur bekomme ich einen Zugang zur Erzählung? Da dachte ich an den Ich-Erzähler (Nick). Er ist der "Normalo"-Bürger, der auch bestimmte Wertvorstellungen mitbringt. (Die Ehefrau akzeptiert die Untreue des Ehemannes, Nick regt sich darüber auf, dass zu Gatsbys Beerdigung keiner kommt usw.) Ich habe dann an Lessings bürgerliches Trauerspiel gedacht. Die Bürger vertreten moralische Wertvorstellungen und der Adel integriert, missachtet jegliche Moral. Ähnliches kann man auch in dem Roman ausmachen. Nick als Vertreter des Bürgers besitzt Moral, die Reichen setzen sich aus Eigennutz darüber weg. Die Reichen sind egoistisch.
    Was denkt ihr?


    Liebe Grüße Jana

    Hallo ihr Lieben,


    ich habe mir jetzt ein Hörspiel zum Zauberberg geholt. Ich befürchte nämlich, dass ich das Buch doch eher aufgebe. Mal schauen, allerdings befürchte ich, dass das Hörspiel eher die Dialoge und weniger die Zwischengedanken des Gedankens thematisiert.


    Kennt ihr eventuell einen guten "Thomas Mann"-Biografen?


    Was mich am meisten stört an dem Roman, ist, dass Mann manchmal sehr ausführlich über die Patienten erzählt. Dabei haben die einzelnen Personen echt nichts in ihrem Leben gemacht, außer: reich geheiratet. Allerdings kommen streckenweise wirklich gute Abschnitte über "Was ist Zeit" oder "Was ist Leben" (also die ganzen philosophischen Themen). Vielleicht muss ich den Zauberberg bzw. den Berghof so verstehen: es ist die Zeit, um geistig zu arbeiten, sich philosophische Fragen zu stellen. Das ist ja genau das, was der junge Hans Castorp macht. Er sucht ja immer nach Fragen und Literatur und sucht ja die Diskussion mit Settembrini. Problematisch ist nur: Vom Denken allein lebt der Mensch nicht allein. Während sich Naphta und Settembrini durch ihre Lehrertätigkeit einmal das Sanatorium, die Behandlung und ihr eigenes Leben finanzieren können, ist der junge Hans Castorp als Ingenieur zwar in der Lage sich mit Hilfe seines Berufes sein Leben zu finanzieren, aber als Naturwissenschaftler muss er sich den Raum / die Zeit erst schaffen, um philosophische Fragen zu stellen. Die Zeit und der Ort ist der Besuch des Sanatoriums. Als Naturwissenschaftler / Ingenieurs hat man eigentlich nicht unbedingt das Umfeld, um sich mit philosophischen Fragen zu konfrontieren. So macht der Zauberberg für mich Sinn und so kann ich Hans Castorps Liebe zum Sanatorium auch nachvollziehen.


    Liebe Grüße
    Jana

    Hallo erst einmal und lieben Dank für die prompte und mich anregende Antworten.
    Mit dem Mann / Brecht - Artikel wollte ich erst meinen ersten Leseeindruck loswerden. Wie gesagt, es kam mir wie ein Kulturschock vor: erst Brecht, dann Mann.
    In dieser Mann-Filmbiografie wurde gesagt, dass die Manns über die Zeitpolitik super informiert wurden. Thomas Mann verlangte sogar von seinen Kindern, dass sie sich jede Woche ein zeitpolitisches Thema aussuchen sollten und darüber bei Tisch berichten sollten. Also: politisches Bewußtsein war schon zentral im Hause der Manns. Ich habe sogar auch schon daran gedacht mir die "Betrachtungen einen Unpolitischen" durchzulesen, die ja auch in die Zeit des Zauberberges fallen.


    Was die Literatur der 20iger Jahre angeht: da will ich in nächster zeit sowie so noch Döblin: Berlin Alexanderplatz u.a. lesen.


    Ich persönlich habe bis jetzt immer Schwierigkeiten gehabt, Thomas Mann zu lesen. Ausnahme war: Felix Krull, weil das ein Abenteuer- und Reiseroman für mich war. Zu den Romanen und Novellen habe ich persönlich kaum Zugang gefunden, was ich schon ändern möchte. Deswegen lese ich ja auch den Zauberberg. Ich habe immer wieder gehört, dass das Thema des "Zerfalls" eine wichtige Rolle spielt im Werk Manns. Die Familiengeschichte der Buddenbrocks endet ja damit, dass die Familie aufgrund einer Krankheit zugrunde geht. Der Zauberberg endet, so wie ich das aus dem Klappentext entnehmen konnte, ja auch mit dem Zerfall bzw. mit dem Krieg und dem Tod.


    Ich wollte auch gar nicht gegen Thomas Mann wettern, sondern nur meinen ersten Leseeindruck wiedergeben, in der Hoffnung, dass ich durch andere kompetene Lesepartner einen neuen Blickwinkel auf das Werk bekomme.


    Nur eine Frage: Haltet ihr mich für eine Brecht-Liebhaberin, nur weil ich einen etwas ausführlicheren Artikel über Brecht geschrieben habe? Na ja, war wohl der erste Eindruck, der immer haften bleibt, was?


    Liebe Grüße
    Jana





    :breitgrins: :breitgrins:

    Hallo ihr Lieben,
    ich bin vor einigen Tagen das erste Mal auf diese Seite gestoßen und habe einen Beitrag über Brecht und Gay gelesen. Ich wollte hier nur noch einiges über die Person Brecht mitteilen. Dabei allerdings weniger auf die Werke eingehen. Da empfehle ich die Literatur aus dem Reclam-Verlag. und vieles mehr. Brecht ist ja kein unbekannter Autor.


    alle Infos zu Brecht aus: Jan Knopf: Bertolt Brecht. Reclam (7,10 Euro)
    zu Leben:
    10. Februar 1898 (Augsburg) - 14. August 1956 (Berlin)
    Bert Brechts Vater Berthold Friedrich war zuerst kaufmännischer Angestellter, später stieg er auf und wurde Fabrikbesitzer einer Papierfabrik. (Bert Brechts Geburtsname lautete: Eugen Berthold, später nannte sich BB: Bert oder Bertold Brecht). Brecht war schon seit seiner Geburt Herzkrank.
    da der Vater beruflich Karriere machte, lebten die Brechts schnell in guten Verhältnissen. Allerdings wohnten sie in der Klaucke-Vorstadt Augsburgs im Arbeiterviertel.
    Brecht lernte früh Latein, brachte sich autodidaktisch die verschiedensten Gedichtformen bei und spielte Gitarre, dichte Lieder dazu. Englisch und Französisch waren nicht unbedingt seine Lieblingssprachen, weil er sie nicht so gut beherrschte.
    Brecht wäre beinahe von der Schule verwiesen worden. Grund: Brecht sollte 1916 einen Aufsatz zu dem Thema schreiben: warum es süß und ehrenvoll sei, für das Vaterland zu sterben. Brechts Antwort: Das sei alles nur Zweckpropaganda. Es ist nicht ehrenvoll für das Vaterland zu sterben. Jeder hat Angst vor dem Tod. Schon früh zeigt sich Brechts Widerspruchsgeist. Die Lust, gesellschaftlich gegebene Verhältnisse nicht als gegeben anzusehen, sondern sie zu kritisieren. (später entwickelte er aus diesem Ansatz - das sage ich jetzt ganz lax dahin, ohne dass ich das irgendwie überprüft habe!!!! - seine theoretischen Überlegungen zum epischen Theater (Verfremdungs-Effekt), in denen es genau darum geht: die gegebenen Verhältnisse so zu verfremden, dass das Gewöhnliche/Alltägliche nicht mehr zu erkennen ist. Eine neue Situation entsteht, die darauf wartet, neu gesehen zu werden und verändert zu werden.)
    Brecht studierte Medizin in München und wurde 1917/18 Militärkrankenwärter in Augsburg. In München besuchte er auch ein Theaterseminar, durch das er Frank Wedekind kennen lernte.
    Brecht suchte schon früh Kontakt zu anderen Künstlern. Er lernte 1918/19 Karl Valentin, Leon Feuchtwanger, Arnold Bronnen usw. kennen. In der Zeit schreibt er seine ersten Stücke.
    Schon 1923 (1. Hitlerputsch) wurde BB auf eine schwarze Liste der Nationalsozialisten gesetzt, weil er das Gedicht: "Die Ballade vom toten Soldaten" geschrieben hat. Falls die Nationalsozialisten an die Macht kamen, gehörte Brecht zu den ersten Personen, die zu verhaften seien.
    im Februar 1933 floh Brecht aus Deutschland. Im Exil gründete er den DAD (Deutscher Autorendienst). Brecht half emigrierten Schriftstellern zu etwas Geld, indem er kleine poetische und feuilletonistische Texte vermittelte. Brecht selbst erhielt von seinem Verlag kein Geld mehr. Brechts Vater Friedrich unterstützte hier seinen Sohn finanziell.
    Brecht lebte polygam, er war mit Helene Weigel (Jüdin) verheiratet. lebte Brecht im Einverständnis seiner Frau polygam? wusste seine Frau von seinen Geliebten? ich weiß es nicht. ist das für seine texte wichtig? gibt es da widersprüche zwischen seinen texten und seinem leben?
    Brecht hat in vielen Stücken, die er schrieb, andere Prosa und Dramenstücke als Grundlage gehabt. Aber er hat sie umgearbeitet und ihnen eine neue Aussage gegeben. (Allerdings habe ich mich nicht so intensiv damit beschäftigt. da gibt es andere Brecht-experten, die mehr dazu sagen können, als ich. allerdings ist das auch immer eine nette angelegenheit, texte miteinander zu vergleichen.) Brechts Dreigroschen-Oper und Gays Beggar s Opera: Brecht übernimmt viele Figuren und Handlungszüge aus der Vorlage Gays. Bei Brecht neu ist 1) die zu Beginn des Stückes ausgeführte Hochzeitsszene: Polly heiratet Mackie Messer. 2) Gay hat zeitgeschichtliche Kritik an den Politikern geübt und Brecht hat die gesellschaftlichen Verhältnisse der Arbeiter und Angestellten und ihre Ausbeutung von den Arbeitgebern angesprochen. Das sieht man, wenn man Den Arbeitgeber Peachum mit seinen angestellten Bettlern vergleicht. Es gibt dazu bestimmt noch einiges zu sagen.
    Brecht selbst arbeitete gerne im Kollektiv, mit mehreren Menschen zusammen. Brecht wollte nicht nur für das Theater schreiben, sondern auch für das neue Medium: Film. Die Dreigroschenoper wurde zum Film: Die Beule umgearbeitet. Zu Brechts Arbeitshaltung hat auch Walter Benjamin einiges gesagt.)
    zentrale Themen Brechts: Hunger, Armut, Ausbeutung: wie lebe ich mit bestimmten gesellschaftlichen Verhältnissen, ohne mich selbst zu verraten oder aufzugeben? welche kompromisse kann ich eingehen, welche nicht? (ist mir spontan gekommen. ich denke da an galilei, der ja seine these widerrufen hat, weil die wahrheit nicht aufzuhalten ist, und er noch weiter leben und weiter forschen kann. oder auch an die 7 Todsünden der Kleinbürger. Das Ziel der Hauptfigur ist das eigene Haus. Dafür geht sie mehrere Kompromisse ein, entwürdigt sich auch.)
    Brechts Menschenbild (Mackie Messer) Ich lasse mal Mackie Messer aus der Dreigroschen-Oper sprechen:
    „2. Dreigroschen-Finale: Mac: (...) Erst kommt das Fressen, dann die Moral. Erst muss es möglich sein auch armen Leuten Vom großen Brotlaib sich ihr Teil zu schneiden. (...) Denn wovon lebt der Mensch? Indem er stündlich den Menschen peinigt, auszieht, anfällt, abwürgt und frisst. Nur dadurch lebt der Mensch, dass er so gründlich vergessen kann, dass er ein Mensch doch ist.“ (S. 64)
    Wird hier der Mensch als rein guter Mensch betrachtet? Meiner Ansicht nach nicht. Hier wird der Mensch als jemand gesehen, der als arbeitender Mensch aufgrund der gesellschaftlichen Verhältnisse ausgebeutet wird bzw. selbst ausbeutet.
    Denkt man beispielsweise an die Angestellten der Billig-Lebensmittel-Läden (Aldi, Lidl). Die Angestellten verdienen wenig, dürfen keiner Gewerkschaft angehören, arbeiten viel. Dennoch wird der Aldi/Lidl gut besucht, gerade weil dort die Lebensmittel billig sind. Das Preisverhältnis kann aber nur u.a. durch die Ausbeutung der Angestellten gesichert werden. Und Geld spielt leider eine große Rolle, spätestens dann, wenn sich jeder selbständig finanzieren muss. Dann ist es wichtig, wie viel der einzelne verdient, um seine notwendigen Ausgaben (Versicherungen, Lebensmittel, Miete usw.) decken zu können und seine Wünsche (Urlaub, Bücher, Sport) zu erfüllen.
    zentral: nicht der Charakter (psychologisch, Innenleben) einer Figur war für Brecht wichtig, sondern eine gewisse Haltung/Einstellung. So war die Figur des Galilei Wissenschaftler. Und als Forscher geht er seinen Wissenschaften nach, auch wenn er von der Kirche eingesperrt/bewacht wird.
    (Eine Warnung vorab: selbst wenn ich jetzt auf den ersten Blick recht viel schreibe, heißt das nicht, dass das Geschriebene nicht mit vorsicht zu genießen ist oder immer gar wahr/richtig ist. Ich habe aber meine Quelle angegeben, so dass sich jeder eine eigene Meinung bilden kann.!!!!)
    zu den Werken empfehle ich jetzt wirklich den Jan Knopf. Der ist ein Mitherausgeber der Gesamten kritischen Werke.)

    Max Frischs Romananfänge sind super. Ich habe den Homo Faber jetzt nicht vorliegen, aber da weißt der erste Satz schon auf die ständige Verspätung hin, mit der die Hauptfigur Walter Faber (der biologische Vater der Sabeth Piper/Faber??) ständig zu kämpfen hat. Den Sazt kann ich später noch mal nachliefern.


    Dann habe ich jetzt den "Großen Gatsby" vor mir liegen (aus der Reihe der Süddeutschen Zeitung). "In meinen jüngeren Jahren, als ich noch zarter besaitet war, gab mein Vater mir einmal einen Rat, der mir seitdem wieder und wieder durch den Kopf gegangen ist. >Bedenke<, sagte er, >wenn du an jemand etwas auszusetzen hast, dass die meisten Menschen es im Leben nicht so leicht gehabt haben wie du.<"
    Das ist ein schöner Satz. Da lernt jemand (und nimmt das auch an), dass er sich in die Situation anderer Menschen hineinversetzen sollte, bevor er irgendein Urteil über diese Person abgibt. Dieser Satz birgt zwar die Gefahr, dass sich die Figur selbst herabsetzen könnte, weil sein Leben angeblich leichter verlaufen sei, als das jedes anderen Menschen.


    Für mich ist der erste Satz in einem Roman sehr wichtig, denn er entscheidet darüber, ob ich weiterlesen möchte oder nicht.


    Liebe Grüße Jana

    Hallo,
    nachdem ich einige Stücke Bert Brechts gelesen habe, wollte ich mich mit einem anderen Autoren auseinander setzen. Da fiel mein Blick auf Thomas Manns Zauberberg, den ich mal angefangen habe, aber noch nicht beendete.
    Puh, das war ein absoluter Kulturschock :zwinker: für mich, besonders wenn ich Zeitgeschichte mit berücksichtige. Thomas Mann hat mir der Figur des Hans Castorp ein "Sorgenkind des Lebens" geschaffen, der sich aus dem Arbeitsleben und dem gesellschaftlichen Leben vollständig zurückzieht (ich habe bis jetzt erst die Hälfte des Romans gelesen). So ein Rückzug zum Sanatorium "Berghof" ist ja nicht verkehrt. Man findet dann eine innere Einkehr zu sich selbst und kann sich mit wichtigem Bildungsgut auseinander setzen (Hans Castorp führt gerne lange Gespräche mit Settembrini, einem Gelehrten). Dazu kommt man nicht, wenn man sich unten im Tal um das berufliche Leben kümmern muss. Und genau das ist ein Thema Brechts, insbesondere das Leben des Proletariers, der nicht ausreichend Geld zum Überleben hat und der schwer zu kämpfen hat, um sich seine Wünsche zu finanzieren.
    Ich will beide Autoren nicht schlecht machen. Aber wenn ich mir überlege, in welchem Zeitraum der Zauberberg entstanden ist (1912-1924: zur Zeit des 1. Weltkrieges und der Arbeitskämpfe um bessere Arbeitsbedingungen usw.) und ich kaum, bis gar keine Bezüge zur politischen Zeitgeschichte im Zauberberg finde, dann kommt das bei mir schon sehr merkwürdig an. Dafür kann man im Zauberberg viel über die Zeit als philosophischer Gegenstand nachdenken. Deshalb vielleicht schreibt Thomas Mann auch so detailgenau. Mal abgesehen davon, dass das wohl auch zu seinen Schreibelementen gehört. Das wollte ich nur mal loswerden.


    Liebe Grüße

    Hallo Sandhof,


    Novelle? Dazu müsste ein 'Falke' vorkommen, d.i., ein Höhe- und Wendepunkt gegen Ende der Geschichte.


    Das in einer Novelle ein "Falke" vorkommt, ist schon ganz richtig. "Falke" heißt hier, dass auf dem Höhe- und Wendepunkt der Geschichte ein Symbol, ein Bild steht, das im bedeutungstragenden Zusammenhang mit der Geschichte steht. Der "Falke" ist das konkrete, bildhafte Zentrum der Geschichte. Das Falkensymbol ist auf eine Novelle zurückzuführen, die Boccaccio im Decamerone geschrieben hat. Demnach unterscheidet sich auch hier die Novelle von der Kurzgeschichte.


    Die Kurzgeschichte thematisiert inhaltlich einen Wendepunkt im Leben der Hauptfigur. Es ist ein kurzer Ausschnitt im Leben der Hauptfigur, in dem etwas ganz Wesentliches passiert.


    Würdet ihr mir da zustimmen?


    Liebe Grüße Jana Sabeth

    Wenn du über Autoren schreibst, wären folgende Infos ganz nett:
    werde dir aber erst über den Umfang deiner Texte bewusst. wieviel Raum willst du jeder Frage widmen. vielleicht fallen dir noch andere Fragen ein.


    1) Biografie: von wann bis wann hat er gelebt? wo hat er wann und mit wem gelebt? (Autoren lieben die Wanderschaft und die Kommunikation mit anderen wichtigen Personen. Aber nicht jeder Autor. Grunddaten seines Lebenslaufes: Schule, Ausbildung, Beruf, Uni, ....)
    2) welche zeit- und literaturgeschichtliche Epoche war das? (Aufklärung, Expressionismus oder oder oder) was war da alles interessant und wichtig? Kriege?
    3) welche Werke hat er geschrieben und in welcher Reihenfolge? kannst du etwas über den Inhalt der Werke heraus finden? (kurz und knapp natürlich)hat der autor nur poetische Werke geschrieben, oder hat er sich auch Gedanken gemacht wie zb. folgende: was ist ein Autor? was ist Dichtung usw.
    4) was sind so die typischen werke des Autors bzw. was ist sein typischer schreibstil? (wenn du was findest)
    5) von wem wurde der autor beeinflusst? wen beeinflusste der autor? wie wurde der autor selbst gelesen und verstanden? (nur wenn du etwas dazu herausfindest)


    das sind so ungefähr einige wichtige inhaltliche merkmale. ich weiß nicht, ob es dir darum ging.

    Hallo ihr Lieben,
    ich bin vor einigen Tagen das erste Mal auf diese Seite gestoßen und habe einen Beitrag über Brecht und Gay gelesen. Ich wollte hier nur noch einiges über die Person Brecht mitteilen. Dabei allerdings weniger auf die Werke eingehen. Da empfehle ich die Literatur aus dem Reclam-Verlag. und vieles mehr. Brecht ist ja kein unbekannter Autor.


    alle Infos zu Brecht aus: Jan Knopf: Bertolt Brecht. Reclam (7,10 Euro)
    zu Leben:
    10. Februar 1898 (Augsburg) - 14. August 1956 (Berlin)
    Bert Brechts Vater Berthold Friedrich war zuerst kaufmännischer Angestellter, später stieg er auf und wurde Fabrikbesitzer einer Papierfabrik. (Bert Brechts Geburtsname lautete: Eugen Berthold, später nannte sich BB: Bert oder Bertold Brecht). Brecht war schon seit seiner Geburt Herzkrank.
    da der Vater beruflich Karriere machte, lebten die Brechts schnell in guten Verhältnissen. Allerdings wohnten sie in der Klaucke-Vorstadt Augsburgs im Arbeiterviertel.
    Brecht lernte früh Latein, brachte sich autodidaktisch die verschiedensten Gedichtformen bei und spielte Gitarre, dichte Lieder dazu. Englisch und Französisch waren nicht unbedingt seine Lieblingssprachen, weil er sie nicht so gut beherrschte.
    Brecht wäre beinahe von der Schule verwiesen worden. Grund: Brecht sollte 1916 einen Aufsatz zu dem Thema schreiben: warum es süß und ehrenvoll sei, für das Vaterland zu sterben. Brechts Antwort: Das sei alles nur Zweckpropaganda. Es ist nicht ehrenvoll für das Vaterland zu sterben. Jeder hat Angst vor dem Tod. Schon früh zeigt sich Brechts Widerspruchsgeist. Die Lust, gesellschaftlich gegebene Verhältnisse nicht als gegeben anzusehen, sondern sie zu kritisieren. (später entwickelte er aus diesem Ansatz - das sage ich jetzt ganz lax dahin, ohne dass ich das irgendwie überprüft habe!!!! - seine theoretischen Überlegungen zum epischen Theater (Verfremdungs-Effekt), in denen es genau darum geht: die gegebenen Verhältnisse so zu verfremden, dass das Gewöhnliche/Alltägliche nicht mehr zu erkennen ist. Eine neue Situation entsteht, die darauf wartet, neu gesehen zu werden und verändert zu werden.)
    Brecht studierte Medizin in München und wurde 1917/18 Militärkrankenwärter in Augsburg. In München besuchte er auch ein Theaterseminar, durch das er Frank Wedekind kennen lernte.
    Brecht suchte schon früh Kontakt zu anderen Künstlern. Er lernte 1918/19 Karl Valentin, Leon Feuchtwanger, Arnold Bronnen usw. kennen. In der Zeit schreibt er seine ersten Stücke.
    Schon 1923 (1. Hitlerputsch) wurde BB auf eine schwarze Liste der Nationalsozialisten gesetzt, weil er das Gedicht: "Die Ballade vom toten Soldaten" geschrieben hat. Falls die Nationalsozialisten an die Macht kamen, gehörte Brecht zu den ersten Personen, die zu verhaften seien.
    im Februar 1933 floh Brecht aus Deutschland. Im Exil gründete er den DAD (Deutscher Autorendienst). Brecht half emigrierten Schriftstellern zu etwas Geld, indem er kleine poetische und feuilletonistische Texte vermittelte. Brecht selbst erhielt von seinem Verlag kein Geld mehr. Brechts Vater Friedrich unterstützte hier seinen Sohn finanziell.
    Brecht lebte polygam, er war mit Helene Weigel (Jüdin) verheiratet. lebte Brecht im Einverständnis seiner Frau polygam? wusste seine Frau von seinen Geliebten? ich weiß es nicht. ist das für seine texte wichtig? gibt es da widersprüche zwischen seinen texten und seinem leben?
    Brecht hat in vielen Stücken, die er schrieb, andere Prosa und Dramenstücke als Grundlage gehabt. Aber er hat sie umgearbeitet und ihnen eine neue Aussage gegeben. (Allerdings habe ich mich nicht so intensiv damit beschäftigt. da gibt es andere Brecht-experten, die mehr dazu sagen können, als ich. allerdings ist das auch immer eine nette angelegenheit, texte miteinander zu vergleichen.) Brechts Dreigroschen-Oper und Gays Beggar s Opera: Brecht übernimmt viele Figuren und Handlungszüge aus der Vorlage Gays. Bei Brecht neu ist 1) die zu Beginn des Stückes ausgeführte Hochzeitsszene: Polly heiratet Mackie Messer. 2) Gay hat zeitgeschichtliche Kritik an den Politikern geübt und Brecht hat die gesellschaftlichen Verhältnisse der Arbeiter und Angestellten und ihre Ausbeutung von den Arbeitgebern angesprochen. Das sieht man, wenn man Den Arbeitgeber Peachum mit seinen angestellten Bettlern vergleicht. Es gibt dazu bestimmt noch einiges zu sagen.
    Brecht selbst arbeitete gerne im Kollektiv, mit mehreren Menschen zusammen. Brecht wollte nicht nur für das Theater schreiben, sondern auch für das neue Medium: Film. Die Dreigroschenoper wurde zum Film: Die Beule umgearbeitet. Zu Brechts Arbeitshaltung hat auch Walter Benjamin einiges gesagt.)
    zentrale Themen Brechts: Hunger, Armut, Ausbeutung: wie lebe ich mit bestimmten gesellschaftlichen Verhältnissen, ohne mich selbst zu verraten oder aufzugeben? welche kompromisse kann ich eingehen, welche nicht? (ist mir spontan gekommen. ich denke da an galilei, der ja seine these widerrufen hat, weil die wahrheit nicht aufzuhalten ist, und er noch weiter leben und weiter forschen kann. oder auch an die 7 Todsünden der Kleinbürger. Das Ziel der Hauptfigur ist das eigene Haus. Dafür geht sie mehrere Kompromisse ein, entwürdigt sich auch.)
    Brechts Menschenbild (Mackie Messer) Ich lasse mal Mackie Messer aus der Dreigroschen-Oper sprechen:
    „2. Dreigroschen-Finale: Mac: (...) Erst kommt das Fressen, dann die Moral. Erst muss es möglich sein auch armen Leuten Vom großen Brotlaib sich ihr Teil zu schneiden. (...) Denn wovon lebt der Mensch? Indem er stündlich den Menschen peinigt, auszieht, anfällt, abwürgt und frisst. Nur dadurch lebt der Mensch, dass er so gründlich vergessen kann, dass er ein Mensch doch ist.“ (S. 64)
    Wird hier der Mensch als rein guter Mensch betrachtet? Meiner Ansicht nach nicht. Hier wird der Mensch als jemand gesehen, der als arbeitender Mensch aufgrund der gesellschaftlichen Verhältnisse ausgebeutet wird bzw. selbst ausbeutet.
    Denkt man beispielsweise an die Angestellten der Billig-Lebensmittel-Läden (Aldi, Lidl). Die Angestellten verdienen wenig, dürfen keiner Gewerkschaft angehören, arbeiten viel. Dennoch wird der Aldi/Lidl gut besucht, gerade weil dort die Lebensmittel billig sind. Das Preisverhältnis kann aber nur u.a. durch die Ausbeutung der Angestellten gesichert werden. Und Geld spielt leider eine große Rolle, spätestens dann, wenn sich jeder selbständig finanzieren muss. Dann ist es wichtig, wie viel der einzelne verdient, um seine notwendigen Ausgaben (Versicherungen, Lebensmittel, Miete usw.) decken zu können und seine Wünsche (Urlaub, Bücher, Sport) zu erfüllen.
    zentral: nicht der Charakter (psychologisch, Innenleben) einer Figur war für Brecht wichtig, sondern eine gewisse Haltung/Einstellung. So war die Figur des Galilei Wissenschaftler. Und als Forscher geht er seinen Wissenschaften nach, auch wenn er von der Kirche eingesperrt/bewacht wird.
    (Eine Warnung vorab: selbst wenn ich jetzt auf den ersten Blick recht viel schreibe, heißt das nicht, dass das Geschriebene nicht mit vorsicht zu genießen ist oder immer gar wahr/richtig ist. Ich habe aber meine Quelle angegeben, so dass sich jeder eine eigene Meinung bilden kann.!!!!)
    zu den Werken empfehle ich jetzt wirklich den Jan Knopf. Der ist ein Mitherausgeber der Gesamten kritischen Werke.)