Wie ich! den Zauberberg bis jetzt verstanden habe:
Exkurs/Hintergrundinformationen: Zauberberg entsteht in der Zeit zwischen 1912-1924:
1) Was in der Zeit passierte: Streit mit seinem Bruder Heinrich Mann über die Bedeutung der Politik (Kaisertum / Republik / Krieg)
2) Seine Frau kam in ein Sanatorium
Katia Mann gehört zur reichsten Familien Münchens. Kurz nach Monikas Geburt erkrankte sie an Tbc; lange Sanatoriumsaufenthalte, später Genesung. Siehe hierzu auf die Seite: (http://www.fembio.org/biograph…-familie/katia-mann.shtml)
Der Zauberberg spielt in einem Sanatorium und Thomas Mann verarbeitet sehr viel medizinisches Wissen in seinem Roman (Psychologie: Krokowski ist „Seelenzergliederer“, Röntgenstrahlung, Katarrh usw.)
3) Eigene Kinder befanden sich in der Pubertät, als der Zauberberg geschrieben wurde (Erika: 14 – 20 Jahre) => alle Kinder Thomas Manns haben Schulen mit reformpädagogischen Ansatz besucht. Manns Interesse an der (beruflichen, seelischen, geistigen, sozialen ) Entwicklung der eigenen Kinder scheint ihm sehr wichtig zu sein.
Die Figur Hans Castorps befindet sich in seiner Zwischenphase zwischen Ausbildung (Examen als Schiffsbaumeister absolviert) und Berufsleben (Hans Castorp hat sich als Praktikant bei einem Schiffsbauunternehmen beworben).
Thema:
Zu den wesentlichen Themen im Zauberberg gehört
1) der Tod und
2) Gestaltung der einem Menschen verbleibenden Lebenszeit.
Die Figur Hans Castorp:
Vorinformationen:
Er ist sehr früh Waise geworden. Als er 7 Jahre alt war, sind sowohl seine Eltern, als auch sein Opa gestorben. Demnach spielt der Tod eine zentrale Rolle im Leben Hans Castorps. Sein nächster Erziehungsberechtigter war der in Hamburg lebende Onkel.
Hans berufliche Laufbahn wurde von außen gesteuert. Hans selbst wusste nicht, welchen Beruf er ergreifen sollte. Das Ingenieursstudium hat sich ergeben.
Er ist 23 Jahre alt, kommt aus Hamburg. Er hat sein Examen als Ingenieur abgeschlossen. Die Prüfungszeit hat ihn sehr beansprucht. Sein Hausarzt rät ihm zu Luftveränderung. Deshalb fährt er zu Joachim nach Davos ins Sanatorium, um sich zu entspannen. Seine berufliche Laufbahn ist insoweit gesichert, als er ein Praktikumsplatz in einer Schiffbaumeisterei in Hamburg zugesichert bekommen hat.
Die entwicklungspsychologische Zeit Hans Castorps kann man eventuell als Suche nach dem eigenen Lebensweg beschreiben. Er bekommt im Sanatorium die Möglichkeit, seine eigenen Neigungen/Fähigkeiten kennen zu lernen: Er philosophiert gerne, engagiert sich sozial: er kümmert sich um die anderen Moribunden, er verliebt sich in Frau Clawdia Chauchat. Er verbummelt aber auch gerne die Zeit und will nicht mehr in das alltägliche berufliche Leben zurückkehren. Schließlich bleibt er, obgleich er so gut wie kerngesund ist, über 8 Jahre im Sanatorium.
Meine These: Eines seiner eigentlichen Probleme ist, dass er seinen eigenen beruflichen Lebensweg (und eventuell deshalb auch Lebenssinn) noch nicht gefunden hat. Sein Ingenieursstudium füllt ihn nicht 100 % aus. Statt dessen liebt er das Leben im Sanatorium, obwohl er schon ein Jahr nach seinem Aufenthalt von Dr. Behrens als gesund diagnostiziert wurde.
Was ist Hans Castorp?
Nach der Aussage des Erzählers zu Beginn des Romans: Ein Exempel. Wofür?
1) Für das Leben eines jungen Menschen, der seinen eigenen Lebensweg noch nicht kennt? Oder
2) für einen jungen Menschen, der seine Leidenschaft für die geistige (philosophische) Arbeit erkennt. Diese geistige Arbeit kann ihm aber nicht im Tal / im Alltagsleben seinen Lebensunterhalt finanzieren? Oder
3) für einen Taugenichts, weil der junge Mensch 8 Jahre im Sanatorium lebt ohne am gesellschaftlich-bürgerlichen Leben teilzunehmen? oder
4) Als Exempel wie alle Patienten des Sanatoriums für das untergehende spätbürgerliche Leben vor dem 1. Weltkrieg
Ausgangssituation:
Hans sagt selbst über sich aus, dass er sich am wohlsten fühlt, wenn er nichts tut. Er denkt, dass er nicht für das Arbeiten geschaffen ist, also für die praktische, technische Arbeit des Ingenieurs. Schon in den ersten Tagen seines Aufenthaltes fängt Hans an zu philosophieren. Er findet in Naphta und Settembrini seine Pädagogen.
Als Dr. Behrens ein Jahr später im August Hans Castorp bescheinigt kerngesund zu sein, so dass Hans mit Joachim wieder ins Tal und somit ins Alltagsleben reisen könnte, will Hans nicht abreisen und widerspricht der Diagnose des Arztes.
Hans lebt 8 Jahre in dem Sanatorium. Am Ende seiner Zeit wird er als Soldat in den 1. Weltkrieg eingezogen.
Naphta, Settembrini, Hans und Joachim diskutieren des öfteren über den Begriff der Arbeit im Verlaufe der europäischen Geschichte. (bsp.: mittelalterliche Mönche verstanden Arbeit als asketische Übung usw.)
Orte:
Es gibt eine Spannung zwischen dem oben gelegenen Berghof und den im Tale liegenden Dörfer.
Das Sanatorium Berghof wird öfter als Ort der Dumpfheit, Langeweile, Freiheit, Ort der Lebensuntauglichkeit beschrieben. Settembrini führt sogar mehrere Beispiele für die Gefahr der Sanatoriumsbesuche an: 1) ein Patient, ein junger Mann, hat sich so an das Leben im Sanatorium gewöhnt, dass er nicht mehr in der Lage war das alltägliche Leben in seinem Heimatort aufzunehmen. Der junge Mann redete die gesamte Zeit nur über seine Temperatur und seine Krankheit. Seinen Beruf konnte er ebenso wenig ausführen. 2) Ein junger Mann soll sich sogar erhängt haben, weil er die lange Aufenthaltszeit im Sanatorium nicht mehr aushielt. Auch Joachim geht vor Ablauf seiner Behandlungszeit.
Das Tal und die Dörfer im Tal besitzen, besonders laut Settembrinis Aussagen, die zugeschriebenen Eigenschaften der praktischen Arbeit und der Lebenstauglichkeit.
Die Bedeutung des Todes:
Im Schneekapitel (6. Kapitel) werden wichtige Gedanken zu diesem Themenkomplex angesprochen:
1) wer aber im Körper das Leben erkennt, erkennt den Tod und man muss zum Leben das Gegenteil denken
2) Der Mensch ist Herr der Gegensätze: Liebe und Tod stehen in Opposition zueinander
3) Der Mensch soll um seiner Liebe und seiner Güte willen dem Tod keine Herrschaft über sich einräumen über seine Gedanken
=> der Tod gehört mit zu den zentralen Themen des Zauberbergs. Der Tod und der Sterbeprozess werden in diesem Roman aus unterschiedlicher Perspektive immer wieder behandelt.
Hans selbst ist Waise. Joachim erzählt, dass Tote mit einem Bob ins Tal gefahren werden, Hans und Joachim erleben einen Sterbenden. Hans schläft in dem Bett, in dem 1 Tag vorher eine Frau gestorben ist usw.
Liebe Grüße
Jana