Eugène Ionesco

  • Hier gibt es noch keinen Thread für diesen bedeutenden Dramatiker, also beginne ich mal damit.

    Eugène Ionesco (1909-1994), Sohn eines rumänischen Vaters und einer französischen Mutter, ist Mitbegründer der Strömung des sogenannten „absurden Theaters“ und gilt heute als einer der größten Dramatiker Frankreichs im 20. Jahrhundert. Das absurde Theater handelt in einer sinnentleerten Welt, die Sprache hat ihre Bedeutung als sinnstiftende Kommunikation zwischen den Menschen verloren und besteht oft nur noch aus Floskeln.


    Eugène Ionesco: Der neue Mieter (1955)

    Inhalt:

    Im Einakter „Der neue Mieter“ sehen wir zunächst eine Concièrge, die in einem leeren Zimmer in dem von ihr mit verwalteten Haus auf den neuen Mieter wartet. Als dieser kommt, bietet sie sich ihm für haushälterische Tätigkeiten an, worauf er nicht eingeht, was zu wüsten Beschimpfungen ihrerseits führt. Während dieses hauptsächlichen Monologs der Concièrge misst der Mieter sein Zimmer aus und überlegt, wo die demnächst zu erwartenden Möbel hingestellt werden sollen. Schließlich verschwindet die Concièrge, und zwei Möbelpacker erscheinen, zunächst nur mit Kleinmöbeln und Nippes, die sie auf Anweisung des Mieters an den Wänden verteilen. Der Mieter selbst markiert in der Mitte des Zimmers einen Kreis, in den nur ein Sessel gestellt werden darf. Nach und nach kommen immer mehr Möbel, ein Buffet versperrt zur Freude des Mieters das einzige Fenster. Die Möbel, die immer größer werden, erscheinen schließlich von selbst und werden von den Möbelpackern nur noch hereingezogen, so dass sie immer mehr der Fläche des Zimmers verstellen. Kurz bevor sie den Mieter auf seinem Sessel völlig eingekreist haben, erzählen ihm die Möbelpacker, dass die immer mehr ankommenden Möbel inzwischen nicht nur das Treppenhaus, sondern auch die Straßen von Paris, ja sogar die Schifffahrt auf der Seine versperren. Den Mieter scheint das nicht zu beunruhigen, und schließlich verschwinden die Möbelpacker irgendwie, obwohl kein Ausgang mehr frei ist. Von dem Mieter ist vor lauter Möbeln nichts mehr zu sehen.

    Meine Meinung:
    Das Stück hat burleske Momente, ist aber eigentlich zutiefst traurig, weil die Personen nicht wirklich aufeinander bezogen sprechen und die Überflutung mit materiellen Dingen jeden Ausdruck von Leben schließlich verhindert. Aufgeführt wirkt es sicher noch sehr viel stärker denn als Lesedrama, weil diese Überwältigung durch die sich verselbstständigenden Möbelstücke, die in der entpersonalisierten, kommunikationslosen Welt die eigentlichen Rollen übernehmen, in der Anschauung sicher eindrücklicher wirken, als nur in den Regieanweisungen dargestellt.