Gemessen an seiner Bedeutung habe ich Shakespeares Hamlet eher selten gesehen. Genau genommen erinnere ich mich nur an zwei Aufführungen. Das erste Mal war am Schauspiel Frankfurt und wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt, spielte Martin Wuttke den Hamlet. Die Bühne war zum Teil in den Zuschauerraum verlängert und das berühmte Fechtduell fand mitten zwischen den Zuschauern statt. Die Aufführung war so toll, dass ich mich lange nicht getraut habe den Hamlet noch einmal anzusehen, weil besser konnte es nicht werden. Jahre später dann eine Aufführung am Nationaltheater, das Bühnenbild ganz in rot gehalten und wieder eine tolle Aufführung. Inzwischen sind die Erinnerungen etwas schwächer geworden und so habe ich mir am Ostersonntag (8.4.2012) wieder mal den Hamlet gegönnt. Wieder Schauspiel Frankfurt. Zum Glück habe ich mir vorher den Besetzungszettel nicht angesehen. Hamlet mit einer Frau besetzt, Horatio erscheint gar nicht auf dem Besetzungszettel – und ich hätte eine tolle Aufführung verpasst.
Das Bühnenbild (Hansjörg Hartung) war wieder etwas ganz Besonderes: ein riesiger, nach hinten abfallender Spiegelsaal. Bettina Hoppe (2011 bei den Hessischen Theatertagen für ihre Cäcilie in Goethes Stella als beste Darstellerin ausgezeichnet.) spielt Hamlet, dessen Welt aus den Fugen gerät, so überzeugend, dass ich mich nie gefragt habe, warum die Rolle mit einer Frau besetzt ist. Dazwischen greift Hoppe in die Klaviertasten und singt. Die eigens für Frankfurt angefertigte Neuübersetzung des Dramatikers Roland Schimmelpfennig wirkt zeitgemäß („Sein oder Nicht Sein“ heißt jetzt „Leben oder nicht leben“). Am Schluss waren wie immer alle tot.
Am Nachmittag hatte ich mich im Städel vor Delacroixs Gemälde „Hamlet und Horatio auf dem Friedhof“ von 1835 noch gewundert, dass der Hamlet eigentlich weibliche Züge trägt
http://www.zeno.org/Kunstwerke…+auf+dem+Friedhof+%5B1%5D
und auch Delacroixs vier Jahre später entstandenes gleichnamiges Gemälde aus dem Louvre zeigt eine eher weiblich wirkende Figur.
http://de.wikipedia.org/w/inde…etimestamp=20050519091140
Bettina Hoppes Hamlet sah dem von Delacroix nicht unähnlich.