Ich springe einfach mal in meinen Hinführungstext zu "Die ZimtZieg", Roman, Wiesenburg Verlag 1999, hinein.
Was will DELTA?
Ich erzähle das alles wegen der Aktion, die man mit uns veranstaltet. Ich fürchte mich. Denn für uns ist der Ansturm der Dinge aufdringlich und angstmachend. Wir haben keine Kraft der Abgrenzung, wir Leute mit dem Gefühl für Lücke. Uns fehlen die Wände. Wir, die wir nicht dicht halten, verströmen uns.
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Aber, was noch schlimmer ist, in den, der nicht ganz dicht ist, in den laufen die anderen hinein wie ein sirupartiger Saft, der alles verklebt und besetzt. Und dann sind andere in uns Zuhause und nicht wir selbst. Wie das vor sich geht und mit welchen Folgen, das wurde mir auf der Insel klar. Die Leute von DELTA laden uns erst ein und bedüsen uns mit ihrem ganzen REISE-ins-ICH-Programm. Wir sollen auf der Insel aber gerade dieses eigene Ich verlieren. Ihnen gefällt nicht, wie anders, wie bizarr, wie komisch, wie einzelgängerisch wir sind. Wir, die Exzentriker, sind ihr Auslöschprogramm. DELTA ist das große Gummi, das uns wegradiert. Die Krümel, die wir nun sind, wischen die einfach vom Tisch wie nix. Frauen und Männer am Wendepunkt. Sie treffen sich zu einem Seminar. Ort: Insel vor Afrika. Thema: Die Reise ins Ich. Veranstalter: DELTA, eine obskure Organisation. Hat weitreichenden Einfluß. Verfügt über schier unbegrenzte Mittel. Ziele sind etwas unklar. Dr. Gudrun Brisewind, die nüchterne Berichterstatterin, hielt nichts von dem im Seminar kursierenden Gerücht. Es ging darum, daß DELTA mit hohem Aufwand und technischer Perfektion die Höhlen unter der künstlichen LICHT-Terrasse ausgebaut hatte. Gab es eine Vernetzung zu den Schaltstellen der Industrie-Nationen? Strebte DELTA auf lange Zeit an, die weltregierung zu übernehmen?
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Der Roman hat nicht die Tendenz, das Innenleben einer Sekte darzustellen. Auch eine belehrende Wirkung ist nicht beabsichtigt. Lebensrisse, Todesbedrohungen und Endzeit-Ängste werden am Ende stehen gelassen. Sie werden nicht „verstärkt“, nicht erklärt, nicht „gelöst“.
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Von vielen Dingen, die auf der Insel vor Afrika passierten, gibt es zwar Zeitungsmeldungen und Schilderungen der Betroffenen. Sogar einen Videofilm besitzen wir. Und lieferte den Bericht, der die entscheidenden Einblicke liefert, eine unscheinbare Frau. Es handelt sich um Dr. Gudrun Briesewind. Sie war es auch, der jener Priester, halb im Hotelzimmer, halb auf dem Balkon im Schatten der Palmen, das schauerliche Geständnis machte. Für Beichten fühlte sich Gudrun, die bestechend klar denkende und formulierende Wissenschaftlerin nicht zuständig. Auch nicht gewappnet. Ihr Feld war die Meteorologie. Auf der Vulkan-Insel hatte sie sich fachlichen Zuwachs an Wissen erwartet. Aber doch nicht diesen Skandal. Ein Priester mit nicht vollständigem Testikel. Von ihm sagte Nike auf Anhieb, dem fehlt etwas im Schritt. Ich sah es sofort. Wozu habe ich Herrenschneiderin gelernt?
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In Bayern, in Bad Kissingen, gibt es eine Fachklinik "Heiligenfeld", wo sie ungefähr alles das machen, was die obskure Frauen-Gruppe DELTA auf der Vulkan-Insel im Psycho-Seminar anstellt. Ich war bass erstaunt, mein Buch war fertig gedruckt, und da kam es übers Radio. Seelen-Massage, Matratzenlager, Selbst-Enthüllungen (Outing), jeden Tag ein Seelen-Spruch als Geleit, ziemlich nervig. Dort werden Gottsucher geheilt und Sektenopfer. Ganz ähnlich wie in meiner ZimtZiege.
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Mein Roman hat so einige Seiten-Lichter, da klingt Schelling an, da blitzt Ken Wilber herein.
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Jeder Mensch erfindet sich selbst und seinen Lebenslauf so wie man eine Geschichte erfindet. So gibt es Familiengeschichten und Völkergeschichten. Dies ist ein Räucher-Roman. Es geht um Dinge, die aufsteigen, die duften, die Wirkung haben.
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Die ZimtZiege ist ein Buch der Spiritualität geworden, in einer Weise. Nun bin nicht ich es, als Mensch und als Schreibender, der einen Platz (oder Rang) beansprucht, sondern die ZimtZiege stellt sich dem Markt. Quasi mein Weg von mir selbst weg hin zur Versachlichung. - - Ich hatte auf der Vulkan-Insel Siddharta von Hermann Hesse dabei. Ich entdeckte, dass Hesse vieles ausspricht, was auch mein kleiner Roman enthält. Das STIRB und WERDE. Zugrundegehen und wieder auferstehen. Die Sündenopfer der Menschen. Der Sündenbock , The Scape Goat, DIE ZimtZiege.
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Wer beschreibt mein Erstaunen, als vor auf Lanzarote der Buchhändler mir einen Band aus dem Aurum-Verlag Freiburg in die Hand drückt. Ich zitiere.
"Der einzelne Mensch ist eine Öffnung, durch die die ganze Energie des Universums sich ihrer selbst bewußt wird, - ein Wirbel von Schwingungen, durch den sie sich selbst verwirklicht "
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