Ludwig Börne

  • Hallo Wolf,


    ich habe vor ca. 1 Jahr überhaupt erst von Ludwig Börne erfahren und das auch nur per Zufall durch eine 2-stündige Lesung im Radio. Die Lesung über die "Postschnecke" kenne ich mit dem Sprecher Ernst August Schepmann. Damals gabs auch noch Auszüge aus seinen "Briefen aus Paris" und "Die Kunst in drei Tagen ein Originalschriftsteller zu werden" gelesen von E. A. Schepmann und Jürgen Thormann, ebenfalls gespickt mit Selbstironie.


    Schöne Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hier ein Text von Ludwig Börne über Voltaire als weitere Kostprobe:


    "Viele große Männer haben gewirkt durch ihre Tugenden, Voltaire auch durch seine Schwächen. Was er gesündigt, hat er für euch gesündigt, ihr dürft seine schuldvollen Lehren schuldlos befolgen. Wie man Gewalt, Blödsinn, Aberwitz besiege, hat er gelehrt; denn man besiegt sie nur, indem man sie verlacht. Nicht die Sonne war er des neuen Tages, aber das Brennglas dieser Sonne, das die getrennten Strahlen verbündete und den Funken in jedes empfängliche Herz warf. Er war nicht das Saatkorn, welches verfault, noch die Ernte, die verzehrt wird, er war die eiserne Pflugschar der Wahrheit, die nicht verwittert und, altes Unkraut zerstörend, für jeden Samen empfänglich macht. Laßt euch von jenen schwerfälligen Predigern nicht verwirren, die keinen andern Maßstab kennen für Menschenwert, als den die regierende Sittenlehre gereicht hat. Sie sagen, Voltaire sei gottlos gewesen, weil sie selbst nicht die Erhabenheit Gottes, sondern nur das Dämmerlicht in seinen Tempeln mit heiligem Schauer erfüllt; sie können nicht beten, wo es hell ist, nicht lieben, solange sie denken. Sie sagen, Voltaire sei nicht gründlich gewesen, und die Paragraphen seiner Wissenschaftslehre folgten in keiner logischen Ordnung. Der Amtsbote, der zwischen Dorf und Dorf hin und her hinkt, der freilich kennt jeden Baum am Wege. Aber ein Götterbote, der eine Kunde bringt von Pol zu Pol, der eilt mit flüchtiger Zehe und findet nicht Zeit, mit breiter Sohle aufzutreten. Das war Voltaires Oberflächlichkeit. Sie sagen, Voltaire sei herzlos gewesen; als könne, wer die Menschheit liebt und tröstet, bei jedem weinenden Kinde, dem der Finger schmerzt verweilen. Erst nach vielen Jahrhunderten, wenn ein Menschenalter zur fernen unsichtbaren Minute geworden ist, wird Voltaire vergessen werden."