"Ein Sommernachtstraum" im Burgtheater

  • Ich war neulich im Rahmen einer Schul-Projektreise in Wein und bin da unter anderem in den Genuss der Inszenierung des Sommernachtstraums von Shakespeare am Burgtheater gekommen. Da hier ja auch einige Wiener dabei sind, würde mich mal interessieren, ob jemand die Inszenierung gesehen hat und, wenn ja, wie er sie fand.


    Es handelt sich um eine ziemlich moderne Inszenierung. Die Figuren sind modisch und in einigen umgangssprachlichen Einschüben-sonst bleiben die schönen shakespearschen Verse in der Übersetzung von Frank Günther erhalten-der heutigen Zeit angepasst.


    Am Anfang ist der Vorhang gleich offen und man sieht noch wie Handwerker, die auch ins Stück integriert werden, noch an der Bühne arbeiten. Einige Zusschauer haben dann gar nicht gleich gemerkt, dass das Stück anfing. Der Wechsel des Bühnenbildes von der Stadt zum magischen Wald vollzog sich in einem sehr beeindruckenden Hagel von Korkteilen(?) und dem Zusammensturz einer zeltähnlichen Konstruktion auf der Bühne, die dann den Untergrund für die nächsten Szenen war, initiiert von Puck, der weiblich besetzt war. Modern eben.


    Die Schauspieler der Verliebten waren zwar teilweise etwas steif, trotzdem waren sie alles in allem recht gut. Die Eltern bzw. Oberon/Titania waren durch Doppelrollen besetzt, solide und überzeugend. Sehr gut war Puck besetzt, wie schon gesagt, als Frau, die ihre Rolle sehr gut ausführte und gekonnt zwischen den aufmüpfigen und unterwürfigen Seiten Pucks wechselte.


    Der Humor des Stücks wurde IMO sehr gut eingefangen. Es war genauso obszön, wie das Stück sein muss. Dieser Punkt wird ja bei den klassischen Übersetzungen immer wieder "übersehen". Der Höhepunkt war aber die Handwerker-Schauspieler Truppe um Peter Squenz, die in unglaublich witziger Weise ihr Stück vorführten. Das Publikum war begeistert.


    Alles in allem also ein sehr unterhaltsamer Abend. Es war extrem witzig und auch wenn mir einige Kleinigkeiten nicht so gut gefallen haben, bin ich der Meinung eine sehr zufriedenstellende Inszenierung dieses Klassikers gesehen zu haben.


    Gruß,
    Telemachos

  • Wenn ich mich selbst zitieren darf (14.1.07):


    "Leider ging meine anläßlich von "Viel Lärm um Nichts" geäußerte Hoffnung, die nächsten Aufführungen mögen qualitativ diesen Auftakt fortsetzen, nicht in Erfüllung. Dieser "Sommernachtstraum" hinterlässt einen schalen Nachgeschmack. Dabei wären die Voraussetzungen nicht so schlecht: Ein hervorragendes Ensemble, einige witzige Einfälle rund um Bühnebild, Kostüme und Besetzung (etwa die Elfen als alte Damen) böten eine gute Ausgangslage.
    Trotzdem hat man von Anfang an den Eindruck, der Aufführung einer ambitionierten Schauspielschule beizuwohnen. Szene nach Szene wird handwerklich solide abgenudelt, und zwar in einer erstaunlich geistlosen Form. Von einer übergreifenden Regieidee oder einer intellektuellen Durchdringung des Stoffes keine Spur. So kann man sich der Verwunderung der NZZ nur anschließen, dass sich das Burgtheater so viel Mittelmaß erlaubt.
    Der Shakespeare-Zyklus hat also unentschieden begonnen: Es kann nur besser werden."