Sir Gawain and the Green Knight

  • Sir Gawain and the Green Knight ist ein mittelenglisches Versgedicht aus dem späten 14. Jahrhundert, das die alliterative Tradition der altenglischen Versdichtung fortführt (diese Art der Dichtung wird auch "alliterative revival" genannt). Sein Dichter ist uns nicht bekannt, er wird meist als der "Gawain-Dichter" bezeichnet und wahr wohl ein Zeitgenosse Chaucers, auch wenn sich die beiden vermutlich nie begegnet sind. Das Gedicht umfaßt 2530 Zeilen und ist in einem Dialekt abgefaßt, der darauf schließen läßt, daß der Dichter in den Nord-West-Midlands beheimatet war. Aufgrund dieses Dialekts ist der Text im Original nicht so einfach zu lesen wie z.B. Chaucers im Londoner Dialekt verfaßte Werke.


    Wie der Titel schon vermuten läßt, handelt es sich hierbei um eine Erzählung aus dem Kreis der König Artus-Sagen. Am Neujahrstag fordert der grüne Ritter (nicht nur die Kleidung ist grün, auch Haut, Haare, sogar sein Pferd) die Ritter der Tafelrunde heraus, ihm mit einer Axt den Kopf abzuschlagen. Im Gegenzug soll dann derjenige Ritter, dem dies gelingt, am nächsten Neujahrstag den grünen Ritter aufsuchen und sich von ihm den Kopf abschlagen lassen. Sir Gawain, der Neffe von König Artus, nimmt die Herausforderung an und schlägt dem grünen Ritter den Kopf ab. Daraufhin packt dieser seinen abgetrennten Kopf, erinnert Gawain an sein Versprechen und verschwindet. Im nächsten Winter macht sich also Sir Gawain auf, den grünen Ritter zu finden und sich seinem Schicksal zu stellen. Dabei trifft er natürlich auch auf eine wunderschöne Dame, die ihm Avancen macht, und einen Burgherren, der ihn zu einem folgenreichen Spiel herausfordert.


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    Ich habe das Gedicht in der Übersetzung von Simon Armitage gelesen, die sehr gerühmt wurde. Und ich kann nur bestätigen: dem Übersetzer ist hier ein sehr eindrucksvolles und sprachlich überzeugendes Versgedicht gelungen. Armitage, selbst aus dem Norden Englands stammend, übersetzt relativ modern, teilweise auch etwas freier, was allerdings nötig ist, um die Alliterationen nachzuahmen. In seinem Vorwort empfiehlt er, das Gedicht laut zu lesen, da auf diese Weise der eigentümliche Rhythmus der Verse besser spürbar wird. Und mit dieser Empfehlung hat er definitiv recht: das Gedicht entwickelt einen regelrechten Sog und man kann fast nicht mehr aufhören, weiterzulesen. Wer die Geschichte noch nicht kennt, erlebt eine spannende Erzählung, die zu keinem Punkt langweilig wird, auch wenn durchaus nicht wenig beschreibende Passagen vorkommen (Kleidung, Rüstung, Jagden, Festgelage).


    Fans von Ritterromanzen und König Artus-Sagen ist dieses Versgedicht auf jeden Fall zu empfehlen. Ich kann nur leider nicht sagen, ob die deutschen Übersetzungen etwas taugen. Bei Amazon sind folgende erhältlich:


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    Hier noch eine Leseprobe aus der Übersetzung von Armitage:


  • Hallo, thopas,


    welch wunderbar anglophiler Thread! Ich verstehe zwar nur wenig von altenglischer Literatur (vor Shakespeare), danke Dir trotzdem für Deinen kleinen Aufsatz.


    Liebe Grüße


    Sir Thomas

  • Danke dir diesmal für die "Blumen", Sir Thomas. Ich dachte, ich stelle mal ein relativ bekanntes mittelenglisches Gedicht vor, damit das Mittelalter im Forum nicht zu kurz kommt :zwinker:.



    Ich verstehe zwar nur wenig von altenglischer Literatur (vor Shakespeare) (...)


    Da muß ich als Anglist gleich mal korrigierend einschreiten :breitgrins::


    Altenglisch (ca. 450 - ca. 1050)
    Mittelenglisch (ca. 1050 - ca. 1500)
    Frühneuenglisch (ca. 1500 - ca. 1700)
    Neuenglisch (ab 1700)


    Ab dem Frühneuenglischen (also ca. ab der Shakespeare-Zeit) ist das Englische dann für uns ohne große Probleme lesbar...


    Viele Grüße
    thopas


  • Hallo, thopas,


    hatten wir das nicht irgendwo schon einmal? :rollen: Danke für diese differenzierte Aufklärung.


    Liebe Grüße


    Sir Thomas