Don Quijote - Übersetzungsfehler

  • Derzeit les ich den Don Quijote in der Übersetzung von Anton M. Rothbauer, der ich u. a. entnommen habe, dass Don Quijote mitnichten der "Ritter von der traurigen Gestalt" ist (das sei, merkt der Übersetzer an, "ein absurder Übersetzungsfehler, der, nie ausgemerzt, bereits zu einem Bestandteil des deutschen Sprachschatzes und der deutschen Literatur" geworden sei), sondern der "Ritter mit dem Kläglichen Gesicht".


    Vor Urzeiten hab ich die Tieck-Übersetzung gelesen, die ich immer noch im Regal stehen habe. Eigentlich wollte ich ab und an mal ein paar Stellen vergleichen, aber dazu konnte ich mich dann doch noch nicht aufraffen. Allerdings bin ich gerade dabei, meine Buchbestände um- und aufzuräumen, abzustauben und so den nötigen physischen und psychischen Raum zu schaffen, in dem es sich geistig arbeiten lässt, ein Vergleich kann also noch kommen.


    Zumal ich noch nicht weit bin - S. 245 von 1313. Ich hatte die Lektüre für Harry Potter 6 unterbrochen, gleich noch HP 1 nachgeschoben und anschließend William Goldmans Brautprinzessin gelesen.


    Denn der Wahrheit die Ehre: Bei allem Respekt und bei aller Kenntnis der enormen Bedeutung des Romans und allem Interesse an der Geschichte & Entwicklung der Romanpraixs -- so richtig mitreißend oder komisch oder erhellend ist der Roman ja nun wirklich nicht. Das Handlungsprinzip, das die gesamte Romanmaschinerei antreibt, läuft in Teil 1 doch häufig ziemlich leer und Teil 2 besteht, wenn ich mich da richtig erinnere, überwiegend aus Geschichten, die sich das Personal erzählt (was ja auch nur ein Zeichen dafür ist, dass die Geschichte des Ritters von der traurigen, äh, mit dem Kläglichen Gesicht einfach keine 1300 Seiten trägt.

  • Einen Vergleich der beiden DQ-Übersetzungen kann ich ja rasch an einer wichtigen Stelle machen:


    TIECKs Übersetzung:

    Zitat

    Hiermit machte sich der Baccalaureus davon, und Don Quijote fragte Sancho, was ihm jezt eher als sonst Anlaß gegeben habe, ihn den Ritter von der traurigen Gestalt zu heißen.


    "Ich will's euch sagen", antwortete Sancho, "ich hab's getan, weil ich eine Zeitlang dastand, Euch beim Lichte der Fackel anzuschauen, die jener so übelfahrender Mann trägt, und in Wahrheit hat Euer Gnaden seit kurzer Zeit die jämmerlichste Gestalt, die ich je gesehen. Daran muß entweder die Ermattung von dem Kampfe schuld sein oder das Fehlen Eurer Vorder- und Backenzähne"
    (Gegen Ende vo Kapitel I/19, S. 162 f. in meiner dtv-Ausgabe)


    Und hier ROTHBAUERs Übersetzung der Stelle:


    Zitat

    DerBakkalaureus schickte sich an fortzureiten, und Don Quijote fragte Sancho Panza, was ihn denn gerade jetzt bewogen hätte, ihn den 'Ritter mit dem Kläglichen Gesicht' zu nennen.


    "Ich will es Euch sagen", erwiderte Sancho. "Als ich Euch im Schein der Fackel, die jener hatte, mit dem Ihr so übel verfahren seid, eine Weile betrachtete, da habt Ihr, Euer Gnaden, wahrhaftig das kläglichste Gesicht gemacht, das ich bis zur Stunde je gesehen habe. Daran muß wohl die Ermüdung durch den Kampf schuld sein, oder es ist so, weil Euch die Vorder- und Backenzähne fehlen."


    (S. 196 in Bd. 2 der 2001-Werkausgabe)


    Die Zähne fehlen ihm übrigens, weil sie ihm kurz vorher ausgeschlagen wurden. Eine der "komischen Stellen" im Roman, die sich dem eher drastischen Witz derber Schwänke verdankt. Davon gibt's mehrere. Als Sancho und Don Quijote halb tot geprügelt werden, braut DQ einen Zaubertrank, der ihn angeblich sofort von aller Qual heilen wird. Was bei ihm wegen seiner extremen Dürre und Ausgemergeltheit funktioniert, beim rundlichen Sancho allerdings eine sofortige und sehr heftige abführende Wirkung entfaltet, was Cervantes genüßlich in aller Breite beschreibt (und nicht nur an dieser Stelle greift er hinein ins volle Menschenleben).


    Wie gesagt - man kann die Bedeutung des Roman für die Entwicklung der westlichen Literaur vermutlich gar nicht hoch genug anschlagen. Aber es ist halt doch ein Text, der seine gut 400 Jahre auf dem Buckel hat.

  • Hallo zusammen,


    Zitat von "giesbert"

    Derzeit les ich den Don Quijote in der Übersetzung von Anton M. Rothbauer, der ich u. a. entnommen habe, dass Don Quijote mitnichten der "Ritter von der traurigen Gestalt" ist (das sei, merkt der Übersetzer an, "ein absurder Übersetzungsfehler, der, nie ausgemerzt, bereits zu einem Bestandteil des deutschen Sprachschatzes und der deutschen Literatur" geworden sei), sondern der "Ritter mit dem Kläglichen Gesicht".


    Ein Übersetzungsfehler hält sich nur dann über so lange Zeit, wenn er <i>nicht</i> absurd ist. ;-) Don Quixote ist ja in seiner gesamten Erscheinung kläglich, das ist nicht nur auf sein Gesicht beschränkt. Außerdem klingt »Ritter von der traurigen Gestalt« eindeutig besser als das eher banale »Ritter mit dem kläglichen Gesicht«.


    Schreibt Rothbauer eigentlich noch etwas Genaueres über diesen Übersetzungsfehler? Im Spanischen heißt es offenbar »el caballero de la triste figura«, was laut Grimmschen Wörterbuch schon in der ersten deutschen (Teil-)Übersetzung (sie ist 1648 erschienen) mit »Ritter von der traurigen Gestalt« wiedergegeben worden ist. Über den Übersetzer, Joachim Caesar (geboren um 1585), heißt es in Killys Literaturlexikon:


    Zitat

    C.s Hauptverdienst ist seine Teilübertragung, die erste dt. überhaupt, von Cervantes' Don Quijote (Kap. 1-23), die, obwohl schon 1621 u. 1624 angekündigt, erst 1648, vielleicht postum, unter dem Pseud. Pahsch Bastel von der Sohle in Frankfurt/M. erschien
    [...]
    C.s Don Kichote, der noch heute durch seine klare Sprache besticht, hat späteren Übersetzern, so dem anonymen der Stuttgarter Ausgabe von 1837 u. Ludwig Braunfels, gelegentliche Anregungen vermittelt. Die ausführlichen übersetzungstechnischen Überlegungen C.s in der Vorrede stellen einen wichtigen Beitrag zur Übersetzungstheorie des 17. Jahrhunderts dar.


    Hat span. »figura« seinerzeit außer »Gesicht« nicht auch »Gestalt« bedeuten können? Im gegebenen Kontext mag die Bedeutung freilich so eindeutig sein, daß man tatsächlich von einem Übersetzungsfehler sprechen muß. Aber dabei sollte man auch bedenken, daß »Gestalt« im älteren Deutsch durchaus auch »Gesichtsausdruck« bedeuten konnte. Es könnte ja sein, daß Joachim Caesar diese Bedeutung im Hinterkopf hatte.


    Sind die modernen Ausgaben der Tieck-Übersetzung eigentlich bearbeitet? Es sieht fast so aus, denn die Diogenes-Taschenbuchausgabe (1987) der Tieck-Übersetzung weicht von der zitierten dtv-Ausgabe erheblich ab:


    Zitat

    Hiermit entfernte sich der Bakkalaureus, und Don Quixote fragte Sancho, was ihn bewogen, ihn noch nie als jetzt erst den Ritter von der traurigen Gestalt zu nennen. »Ich will es Euch sagen«, antwortete Sancho, »ich habe Euch eine Weile bei dem Scheine der Fackel betrachtet, die dem armen Manne gehörte, und da spielte Euer Gnaden wahrhaftig die jämmerlichste Gestalt, die ich noch in meinem Leben gesehen habe, ob es nun davon kam, daß Ihr Euch im Streit so angriffet, oder weil Euch die Vorder- und Backenzähne fehlen, weiß ich nicht zu sagen.«


    Auf der Weltliteratur-CD-ROM der Digitalen Bibliothek ist ebenfalls eine Tieck-Übersetzung (»Hier nach der Übers. v. Ludwig Tieck, Berlin: Rütten & Loening, 1966.«), in der statt <i>»die dem armen Manne gehörte«</i> die merkwürdige Formulierung <i>»die jener Übelfahrende trug«</i> verwendet wird:


    Zitat

    Hiermit entfernte sich der Baccalaureus, und Don Quixote fragte Sancho, was ihn bewogen, ihn noch nie als jetzt erst den Ritter von der traurigen Gestalt zu nennen. »Ich will es Euch sagen«, antwortete Sancho; »ich habe Euch eine Weile bei dem Scheine der Fackel betrachtet, die jener Übelfahrende trug, und da spielte Euer Gnaden wahrhaftig die jämmerlichste Gestalt, die ich noch in meinem Leben gesehen habe, ob es nun davon kam, daß Ihr Euch im Streit so angriffet oder weil Euch die Vorder- und Backenzähne fehlen, weiß ich nicht zu sagen.«


    Schöne Grüße,
    Wolf

  • Hallo Giesbert!


    Zitat von "giesbert"


    Denn der Wahrheit die Ehre: Bei allem Respekt und bei aller Kenntnis der enormen Bedeutung des Romans und allem Interesse an der Geschichte & Entwicklung der Romanpraixs -- so richtig mitreißend oder komisch oder erhellend ist der Roman ja nun wirklich nicht.


    Ist er doch :smile:


    http://www.koellerer.net/2004/…don-quijote-de-la-mancha/


    CK

  • Zitat von "Wolf"

    Ein Übersetzungsfehler hält sich nur dann über so lange Zeit, wenn er <i>nicht</i> absurd ist. ;-)


    im Gegenteil - vieles, was sprichwörtlich geworden ist, ist im Prinzip falsch, z. B. die berühmte Morgenluft, die jemand wittert. Das meint im ursprünglichen Kontext (nämlich Hamlet) so ziemlich das Gegenteil dessen, was man gemeinhin darunter versteht. Während im Sprichwort ein Anfang / eine Chance gemeint ist, legt Shakespeare es dem Geist von Hamlets Vater in den Mund, der damit ankündigt, dass er verschwinden muss, weil der Morgen graut. Also Ende & Abgang statt Anfang & Aufbruch.



    Zitat

    Don Quixote ist ja in seiner gesamten Erscheinung kläglich, das ist nicht nur auf sein Gesicht beschränkt. Außerdem klingt »Ritter von der traurigen Gestalt« eindeutig besser als das eher banale »Ritter mit dem kläglichen Gesicht«


    Dass es besser klingt steht außer Frage - aber in dem Kontext, in dem es auftaucht, meint es eindeutig das Gesicht; DQ ist übel verprügelt worden, ihm sind die Zähne ausgeschlagen worden, die Nase gebrochen etc. -- Was für ein Spaß. Cervantes malt diese Szenen derart liebevoll aus, dass kein Zweifel daran bestehen kann, dass das als komisch burleskes Intermezzo gemeint ist.


    Zitat

    Schreibt Rothbauer eigentlich noch etwas Genaueres über diesen Übersetzungsfehler?


    Ich hab den Band jetzt nicht griffbereit, aber er schreibt, glaub ich, man solle einfach an allen Stellen "mit dem kläglichen Gesicht" und "von der traurigen Gestalt" vergleichen, dann würde man schon sehen.


    [q]Sind die modernen Ausgaben der Tieck-Übersetzung eigentlich bearbeitet?[/q]
    keine Ahnung, ich hab nur gerade festgestellt, dass ich mich gestern beim Abtippen wohl vertan habe, ich kontrolliere das heute abend noch mal und setz die vollen bibliographischen Angaben her.

  • Auch das noch -- meine Tieck-Übersetzung ist gar nicht von Tieck. Sondern:

    Zitat

    Miguel de Cervantes Saavedra: Der sinnreiche Junker Don Quijote von der Mancha. Mit 24 Illustrationen von Grandville. Vollständige Ausgabe. In der Übertragung von Ludwig Braunfels, durchgesehen von Adolf Spemann. Mit den Anmerkungen von Ludwig Braunfels, durchgesehen von Johannes Steiner. München: dtv 1979.


    Ts. Und ich hab all die Jahre geglaubt, ich hätte den Roman in Tiecks Übersetzung gelesen.

  • Zitat von "xenophanes"


    Selbst der Übersetzer räumt ein, dass Cervantes "im ersten Teil dauernd in Gefahr" schwebe, "eintönig zu werden, sind doch alle Abenteuer des Don Quijote trotz aller Variation letzthin auf eine sehr einfache Formel beschränkt: der Ritter unternimmt in Verkennung der Wirklichkeit ein Abenteuer, siegt ab und zu, heimst aber meist Prügel ein."


    Und auch der originellste Einfall ist nach vierhundert Jahren halt nicht mehr sooo taufrisch. Natürlich hat Cervantes vieles als erster gemacht, aber das allein ist ja erstmal kein Qualitätsmerkmal (denkbar wäre ja auch, dass jemand etwas als erster tut und verpatzt).


    Was natürlich der Bedeutung des Romans keinen Abbruch tut, natürlich lohnt es sich, ihn zu lesen (weshalb ich ihn ja auch derzeit zum zweiten Mal lese), natürlich lässt er sich mit Wissen um seine Bedeutung lesen, natürlich ist es ganz interessant, die Anfänge des Romans, wie wir ihn kennen, gewissermaßen live mitzuerleben.


    Aber man kann doch nicht einfach so tun, als hätte sich in den letzten 400 Jahren in der Literatur nichts getan und als wäre man von dieser Entwicklung nicht beeinflusst worden. Wenn mir heute jemand erzählt, er fände den DQ so ganz direkt und ungebrochen ganz toll, superlustig und irre spannend -- tja, dann glaub ich das ganz einfach nicht.

  • Hallo Giesbert!


    Zitat von "giesbert"


    Aber man kann doch nicht einfach so tun, als hätte sich in den letzten 400 Jahren in der Literatur nichts getan und als wäre man von dieser Entwicklung nicht beeinflusst worden. Wenn mir heute jemand erzählt, er fände den DQ so ganz direkt und ungebrochen ganz toll, superlustig und irre spannend -- tja, dann glaub ich das ganz einfach nicht.


    Über Glaubensfragen werden wir uns nicht einigen: Ich z.B. glaube nicht, dass man sich bei der Lektüre von Harry Potter unterhalten kann ...


    Meiner Meinung nach liest du das Buch viel zu oberflächlich. Denn wenn du die ganze strukturelle und fiktionale Raffinesse des Romans beim Lesen wahrnähmest, könntest du unmöglich zu diesem Urteil kommen. Selbst wenn man nur oberflächlich die Abenteuer verfolgt, sind diese doch auch sehr abwechselnd, originell und einfallsreich.


    Ich kenne kaum ein vielschichtigeres und faszinierenderes Buch.


    P.S. Nebenbei möchte ich anmerken, dass gerade auch die historische Lektüre eine sehr spannende sein kann.


    CK

  • Cervantes' vielleicht wichtigster Beitrag zur Weltliteratur scheint mir Sancho Panza zu sein, den Arno Schmidt mal als "Sancho, der Entzifferer" bezeichnet und von dem er sich eines seiner schönsten Mottos zu seinem schönsten Roman, der einer der bedeutensten Romane überhaupt ist, borgt:

    Zitat

    "Und Du, Du kanntest sie also?" fragte der Ritter. "Oh nein, ich habe sie nicht gekannt," erwiderte der Knapp: "doch er, der mir die Geschichte erzählte, sagte, sie wäre so gewiß & zuverlässig, daß, wenn ich sie einem Anderen weitererzählte, ich darauf fluchen und schwören könnte, ich hätte es alles mit eigenen Augene gesehen"


    Don Quijote


    [size=10px]Arno Schmidt, Abend mit Goldrand, Motto des ersten Tages[/size]

  • Zitat von "giesbert"

    Cervantes' vielleicht wichtigster Beitrag zur Weltliteratur scheint mir Sancho Panza zu sein


    Meiner Meinung nach ist sein wichtigster Beitrag das brillante Spielen mit Fiktionalität auf unterschiedlichsten Ebenen in Kombination mit der Genreparodie auf Ritterromane. Wie sich im zweiten Teil Romanfiguren mit ihrem Auftreten im ersten Teil auseinandersetzen und wie subtil das in Szene gesetzt ist, ist bis heute unerreicht.


    Dazu kommt die unglaubliche Vielschichtigkeit, die sich hinter der auf den ersten Blick simplen Oberfläche auftut.


    CK

  • Hallo,


    Im kapitel 23(Diogenes Verlag) wird Sancho der Esel gestohlen.Im nächsten Absatz setzt er sich aber wieder auf den anscheinend gestohlenen Esel.Einige Seiten weiter erfährt man ,dass er sich ein zweites Mal auf seinen Esel setzt.Im Kapitel als Sancho nach Hause reitet,beschwert er sich allerdings ,dass sein Esel gestohlen wurde und er nicht zu Fuß nach Hause gehen will,deshalb erhält er Rosinante.


    Ist es bei euch genauso ?

  • dass sich Cervantes ein paar mal in seinen Erzählfäden verheddert - ok. Aber so drastisch eigentlich nicht. Kannst Du das mal im Kontext zitieren? Also das mit dem plötzlich wieder aufgetauchten Esel; der Diebstahl findet in Kapitel 23 statt und in den nächsten Kapitel versäumt Cervantes es auch nicht, darauf hinzuweisen, dass Sancho nun alles mögliche zu schleppen hat, was zuvor der Esel trug.

  • Kapitel 23(S.186):
    "Sancho Pansa schlief,er stahl im sein Tierlein,und ehe es noch tagte ,war es schon so weit entfernt,daß er nicht wiedergefunden werden konnte."


    Kapitel 23(S.187):
    "...;so folgte er seinem Herrn,quer über seinem Esel sitzend,aus dem Beutel herauslangend, in seinen Mund hineinstopfend, wobei er für ein neues Abenteuer, solange er auf solche Weise reiste , nicht einen Pfennig gegeben hätte."


    Kapitel 23(S.191):
    "suchen wir ihn aber nicht,so ist die Vermutung, daß er der Eigentümer sein möchte, für uns so gut ein Verbrechen, als wenn wir es wüßten.also,Freund Sancho, möge dir das Suchen kein Verdruß erregen ,denn es ist meine Sache, ihn aufzufinden.Mit diesen Worten spornte er den Rosinante, und Sancho folgte auf seinem Esel nach.


    Kapitel 25:


    "Aber wahrhaftig,Herr Ritter von der Traurigen Gestalt ,wenn es meinem Abmarsch und Euren Unsinnigkeiten ein Ernst werden soll ,so wäre es wohl besser,da der Graue weg ist ,den Rosinante dafür aufzuzäumen,denn sonst möchte die meines Abreisens und Wiederkommens lange währen ...."



    Ich hab mir die Stellen nochmal im Gutenberg Projekt angeguckt http://gutenberg.spiegel.de/cervante/quijote/nr25.htm und da gibts es diesen Fehler auch nicht.

  • Hallo Epikur!


    Zitat von "Epikur"


    Im kapitel 23(Diogenes Verlag) wird Sancho der Esel gestohlen.Im nächsten Absatz setzt er sich aber wieder auf den anscheinend gestohlenen Esel.Einige Seiten weiter erfährt man ,dass er sich ein zweites Mal auf seinen Esel setzt. [...]
    Ist es bei euch genauso ?


    Das sind oft keine Übersetzungsfehler. Ab und zu hat Cervantes solche Fehler gemacht. Einige davon, werden dann im zweiten Teil lustigerweise von den Figuren besprochen. Wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt, ist dieser "Eselfehler" auch darunter.


    CK

  • Hallo Xenophanes,
    danke für deine Aufklärung.Ich hab solche gravierenden "Fehler" das erste mal gesehen,deshalb war ich etwas überrascht.Aber irgendwie machen diese Fehler das Buch symphatischer und passen natürlich auch zu dem Charakter des Don Quixotes.


    MfG,Epikur

  • Hallo Epikur!


    Zitat von "Epikur"

    danke für deine Aufklärung.Ich hab solche gravierenden "Fehler" das erste mal gesehen,deshalb war ich etwas überrascht.Aber irgendwie machen diese Fehler das Buch symphatischer und passen natürlich auch zu dem Charakter des Don Quixotes.


    Das literaturtheoretisch Spannende an dieser Angelegenheit ist, dass dem Roman diese Fehler eigentlich nicht schaden. Es stellt sich also dir Frage, warum ein Roman grobe Fehler enthalten kann, und er trotzdem einhellig als Meisterwerk beurteilt wird. Kleine Fehler werden in verschiedenen Kunstgattungen ja "absichtlich" eingebaut, um z.B. in der Malerei nicht künstlich perfektionistisch zu wirken. Für auffällige Fehler gilt das aber nicht.


    Ein gutes Kunstwerk ist schwer umzubringen :smile:


    Dass Cervantes das im 2. Teil dann thematisiert, ist natürlich selbst wieder ein ausgezeichneter Kunstgriff.


    CK

  • Hallo xenophanes und Epikur!


    Zitat von "xenophanes"

    Das sind oft keine Übersetzungsfehler. Ab und zu hat Cervantes solche Fehler gemacht. Einige davon, werden dann im zweiten Teil lustigerweise von den Figuren besprochen. Wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt, ist dieser "Eselfehler" auch darunter.


    Es trügt Dich nicht. :-) Das steht im 27. Kapitel des zweiten Teiles:


    Zitat

    Dieser Gines von Pasamonte, welchen Don Quixote Gineslein Paraublingen nannte, war derselbe, welcher dem Sancho Pansa seinen Grauen stahl, welches, da es durch Schuld der Drucker im ersten Teile nicht erzählt ist, wie oder wann solches geschehen, manche auf die Meinung gebracht hat, das kurze Gedächtnis des Verfassers habe das verschuldet, was doch nur ein Fehler der Presse ist. Kurz also, Gines stahl ihn, indem Sancho Pansa auf ihm schlief, wobei er sich derselben List und Art bediente, wie Brunelo dem Sacripante, als er Albraca belagert hielt, das Pferd unter den Beinen wegstahl. Nachher erhielt Sancho den Esel wieder, wie oben erzählt ist.


    Das ist die Tieckübersetzung von der CD-ROM der Digitalen Bibliothek (als Textgrundlage wird dort die Ausgabe <i>Berlin: Rütten & Loening, 1966</i> verwendet). In meiner Diogenes-Taschenbuchausgabe steht das auf Seite 687 f. Obwohl diese Übersetzung laut Titelblatt ebenfalls von Tieck ist, fängt dieser Abschnitt dort so an:


    Zitat

    Dieser Gines Friedberg, welchen Don Quixote Gineslein Diebsfinger nannte [...]


    Tieck ist also nicht gleich Tieck.


    Zitat von "Epikur"

    Kapitel 23(S.187):
    "...;so folgte er seinem Herrn,quer über seinem Esel sitzend,aus dem Beutel herauslangend, in seinen Mund hineinstopfend, wobei er für ein neues Abenteuer, solange er auf solche Weise reiste , nicht einen Pfennig gegeben hätte."


    Zum Vergleich die erwähnte CD-ROM-Version:


    Zitat

    So folgte er seinem Herrn, mit allen dem beladen, was der Graue hätte tragen sollen, aus dem Beutel herauslangend und in seinen Wanst hineinstopfend, wobei er für ein neues Abenteuer, solange er sich so befand, nicht einen Pfennig gegeben hätte.


    Da wurde dieser Irrtum also verbessert. Es ist eben die Frage, was im Original steht. Diesen Roman gibt's natürlich auch in spanischer Sprache im Netz, aber welcher dieser Online-Texte zuverlässig ist und welcher nicht, weiß ich leider nicht.


    Zitat von "Epikur"

    Kapitel 23(S.191):
    "suchen wir ihn aber nicht,so ist die Vermutung, daß er der Eigentümer sein möchte, für uns so gut ein Verbrechen, als wenn wir es wüßten.also,Freund Sancho, möge dir das Suchen kein Verdruß erregen ,denn es ist meine Sache, ihn aufzufinden.Mit diesen Worten spornte er den Rosinante, und Sancho folgte auf seinem Esel nach.


    Auch hier weicht die CD-ROM-Version ab:


    Zitat

    [...] Mit diesen Worten spornte er den Rozinante, und Sancho folgte zu Fuß und beladen nach.


    Schöne Grüße,
    Wolf

  • Hallo,


    zu dem "Eselsfehler" (hihi, netter Ausdruck) in Kapitel I/23: Der Eselsklau fehlt in meiner Ausgabe vom Winkler-Verlag. Als Erklärung steht dazu im Kommentar:[quote="Don Quijote, Winkler-Verlag, S. 1137f"]Unsere Ausgabe folgt dem Text der ersten Auflage. In der im gleichen Jahr 1605 erschienenen zweiten Auflage geht diesem Absatz eine Einschaltung voraus, die einige Widersprüche beseitigt, wenn auch noch verschiedene Unklarheiten bestehenbleiben, die offenbar auf Cervantes' Vergeßlichkeit zurückzuführen sind. Es ist nicht geklärt, ob diese Einschaltung von Cervantes stammt. Der Ansicht, daß er selbst für die zweite Auflage diese Einschaltung nachgeliefert hat, sehen die Ausführungen im 4.Kapitel des zweiten Buches entgegen, die zu der Vermutung führen können, daß die Einschaltung dem Autor bei Niederschrift des zweiten Buches unbekannt (oder in Vergessenheit geraten) war. (Es folgt ein eine Seite langer Text, in dem Gines nachts Sanchos Esel klaut.)[/quote]
    Etwas später (gegen Ende von Kapitel I/30) kommt ein weiterer solcher Einschub, in dem Sancho so ganz zufällig den Gines auf dem Esel trifft, und lärmend auf ihn zurennt, worauf Gines Reißaus nimmt (ohne Esel natürlich) und Sancho seinen Esel damit zurückerobert.


    Den Eselsklau liefert Cervantes dann in Kapitel II/4 nach, wo er natürlich die Schuld an dem Widerspruch auf seinen geheimnisvollen arabischen Schreiber Sidi Hamet Benengeli schiebt :zwinker:.


    Cervantes hat auch noch andere kleine Fehler gemacht. Spontan fallen mir die drei Namen ein, die er Sanchos Frau verpasst hat: Johanna (I/7, ganz am Ende), Hanne (I/52), Teresa (II/5)


    In der Winkler-Ausgabe stehen auch Auszüge aus dem Vorwort zum Pseudo-Quijote, wo dessen Verfasser den armen Cervantes so richtig runtermacht.


    Es grüßt ein amüsierter Dietrich