Philipp von Zesen - Adriatische Rosamunde

  • Hallo zusammen
    Hat schon jemand hier die Adriatische Rosamunde gelesen und kann mir etwas darüber erzählen? Mich interessiert alles, Inhalt, Interpretation, was auch immer es darüber zu sagen gibt.


    LIebe Grüsse
    Sandra

  • Hallo Sandra,


    die "Adriatische Rosemund" habe ich vor einiger Zeit zu lesen angefangen, ich habe noch gut die Hälfte des Romanes vor mir, und weil sich immer wieder andere Bücher dazwischendrängeln, kann sich die Lektüre noch etwas hinziehen. ;-)


    Es geht um die unglückliche Liebe zweier junger Menschen aus adligen Familien, dem Deutschen Markhold und der aus Venedig stammenden Rosemund (Venedig liegt an der Adria, daher die Bezeichnung "Adriatische" Rosemund im Titel des Romans), die wegen ihres unterschiedlichen Glaubensbekenntnisses nicht heiraten können. Rosemunds Vater will, daß seine Tochter auch nach der Heirat mit dem Protestanten Markhold ihren katholischen Glauben behalten kann. Außerdem möchte Rosemunds Vater, daß seine (möglichen) Enkeltöchter katholisch erzogen werden. Diese Bedingungen kann Markhold nicht akzeptieren, denn er will, daß alle seine (späteren) Kinder, nicht nur seine Söhne, den protestantischen Glauben annehmen; auch sähe er es gerne, wenn seine (künftige) Frau protestantisch wäre, er würde aber Rosemund keinesfalls dazu zwingen, seinen Glauben anzunehmen (sie ist aber dazu bereit).


    Der Roman beginnt gleich mit einer Trennungsszene: Markhold reist mit dem Schiff nach Frankreich, Rosemund bleibt in Amsterdam (ihre Familie ist von Venedig dorthin gezogen) zurück. Später erfährt man dann in einem Rückblick, wie sich die beiden zuerst getroffen haben (Markhold erzählt das einem Freund), die beiden schreiben sich Briefe, Rosemund zweifelt für einige Zeit an Markholds Liebe, weil sie bestimmte Formulierungen in einem seiner Briefe falsch auffaßt, sie zieht sich als Schäferin in die Einsamkeit zurück. Man erfährt auch von den oben genannten Schwierigkeiten, die einer Heirat entgegenstehen, die aber bis zu der Stelle, wo ich den Roman gelesen habe, noch nicht völlig unüberwindbar scheinen. Daß das mit den beiden aber leider nichts werden wird, ist mir allerdings schon aus der Sekundärliteratur bekannt. ;-)


    Die Sprache, in der dieser Roman verfaßt ist, mutet heute natürlich seltsam an, wenn man sich aber hineingelesen hat, dann kann man ihre eigentümlichen Reize und ihre fremdartige Schönheit genießen. Das größte Lektürehindernis ist die eigenwillige Orthographie, die Zesen verwendet. Er weicht deutlich vom damals üblichen Schreibgebrauch ab, wodurch der Text beim Lesen eine unfreiwillige Komik entwickelt. Komisch kann auch die unironische Schilderung der Hauptpersonen wirken; der Herausgeber der Ausgabe, die ich lese, nennt Markhold im Vorwort einen "pretiösen Schelmuffsky", weil er sich als gar so edel darstellt, er ist gutaussehend, charakterfest, gebildet, wird von den Männern geachtet, von allen Frauen bewundert und ist natürlich seiner Rosemund ewig treu. Außerdem deutet einiges darauf hin, daß Markhold autobiographische Züge trägt. Als Leser könnte man also meinen, daß Zesen sich die edlen Eigenschaften Markholds mehr oder weniger selbst zugeschrieben hat, was schon zu Zesens Lebzeiten einigen Spott hervorgerufen hat.


    Schöne Grüße,
    Wolf