Beiträge von StephenDedalus


    das hat HW mal vor in einem Rundfunkfeature zum zehnjährigen Todestag 1989 gesagt. Das ist wohl nirgendwo schriftlich zu haben. Vielleicht hat Schmidt das aber auch in einem seiner Bücher untergebracht, ist ja eine viel zu schöne Metapher, als dass die einfach nur so im Gespräch verklingen sollte. Ich hab bislang allerdings nichts gefunden.


    wirklich schade :( - wenn der werkausgabe von wollschlägers werken etwas fehlt, dann ist es eine multimedia-kiste, wie sie schmidt kürzlich gewidmet wurde.

    "inspiriert" sicher nicht, aber natürlich beeinflusst. Döblin lernte U. während der Arbeit an BA kennen und hat auch eine Rezension zu U. geschrieben. Und er wäre ein tauber Mensch gewesen, hätte er von Joyce nicht auch für seine Arbeit an BA gelernt.


    Döblin schreibt 1932 in "Mein Buch 'Berlin Alexanderplatz'":


    das kommt davon, wenn man vätern vertraut. :P "deine" quelle ist da jedenfalls durchschlagender ;)


    Zitat


    Ich halte überhaupt nichts von Prioritäts-Streitigkeiten, schon gar nicht in geistigen Dingen. Da gibt es selten ein Erstes und Einziges. Arno Schmidt hat mal, so Hans Wollschläger in einem Interview, für das Phänomen, dass verschiedene Leute zu ungefähr gleicher Zeit auf ungefähr ähnliche Ideen kommen, eine Meer-Metapher benutzt (Der Geist schwebt halt allweil über den Wassern): Da stehen eine Reihe von Leuten am Strand, weit voneinander entfernt - und dann schwabbt eine Welle heran und sie bekommen alle nasse Füße.


    das ist ein sehr schönes bild :) ist das interview irgendwie verfügbar ?

    - Die Chronologie: Im modernen Roman gibt es sehr häufig Zeitsprünge und Rückblenden, was im klassischen Roman so gut wie nie vorgekommen ist. Einen Grund dafür haben wir leider nicht bekommen!
    - Montagetechnik: Bei der Montagetechnik werden Werbeslogans, Zeitungsartikel oder sogar mal ein Wetterbericht aus der beschriebenen Zeit in das Geschehen des Romans eingefügt. Das führt beim modernen Roman eben oft dazu, dass es sehr lange Exkurse gibt, die mit der eigentlichen Handlung nicht viel zu tun haben. Ich kann mir auch vorstellen, dass es deshalb oft anstrengender ist, einen modernen Roman zu lesen. Bestes Beispiel dafür: Berlin Alexanderplatz von Döblin!


    - der grund dafür ist, dass sich das menschenbild in der moderne gewandelt hat. man begreift seither weder den einzelnen menschen, noch die geschichte als einheitlich. die sogenannten "metaerzählugen" (etwa die aufklärung, oder die sinnzusammenhänge der geschichte) liegen hinter uns und so liegt die grunderfahrung des modernen menschen in der zersplitterung. - und natürlich ist die kunst dafür ein sensibler sensor, weshalb sich das dort sehr radikal niederschlug.
    - "eigentliche handlung" - der roman ist kein erzählmedium. wer in "exkursen" abweichungen von der "erzählung" sieht, hat vom roman ungefähr so viel verstanden, wie einer, der in der modernen kunst nach realistischen naturdarstellungen sucht.

    2.Orwell, Schmidt, Döblin
    Herr Senn behauptet, Schmidt und Döblin würden von Joyce beeinflusst. Und Orwell, war ein Autor, der von seine Leben Erlebnis schrieb und versuchte eine Parodie zu zeigen, z. B: Animal Farm für Stalin Regime.


    das ist falsch. döblin wurde NICHT von joyce (zu berlin alexanderplatz) inspiriert. das wird zwar häufig behauptet, lässt sich aber schon anhand der erscheinungsdaten widerlegen. (döblin hätte die pariser erstausgabe kennen müssen - hat er nicht und selbst wenn, hätte er, als mediziner, kein ausreichend gutes englisch gekonnt, um überhaupt tiefere einsichten in den text erlangen zu können. man vergisst, retrospektiv, dass joyce damals noch nicht seinen heutigen ruf hatte: im gegenteil und dass die menschen damals kaum englisch konnten.)


    3. Etwas weniger umfangreich ist der 2004 bei Suhrkamp erschienene "große" Ulysses mit Kommentierung. Schön ist es, dass man nicht ständig mit zwei Büchern herumhantieren muß: auf einer Seite hat man den Hildesheimer-Text, gleich daneben werden die Kommentierungen abgedruckt. So weit ich weiß, bedient man sich dabei aber auch des Giffords.


    ulysses annotated ist grundlage der kommentierten ausgabe (steht so im impressum). - das "gorman-gilbert- schema" findet sich im anhag, ebenso wie karten, währungsumrechnungstabellen etc. - für eine erste tiefergehende lektüre ist der kommentar mehr als ausreichend.
    das aeolus kapitel ist ebenfalls ausführlichst kommentiert - darüber hinaus kann man aristoteles "rhetorik" lesen, auf der fußt das ganze ja.


    - was ich allerdings unbedingt empfehlen würde, ist "wollschläger liest ulysses" - nicht nur die beigelegte aufzeichnung dieser lesung (audio kassette) ist ungemein beeindruckend, er lässt da auch einige sehr interessante informationen vom stapel und vermittelt einen eindruck des joyceschen humors - jenseits jeglicher bildungsattitüde.


    (senn hat kürzlich in stuttgart eine vorlesung über homer und ulysses gehalten - sehr unangenehmer, arroganter kerl, der absolut nichts zu sagen hatte.)


    bleibt mir als mac-user leider verwehrt; aber danke :)

    danke für eure mühe :) ich habe bislang drei übersetzungsversuche der ersten sätze der ersten beiden "erzählungen" zusammengetragen - wobei mir im direkten vergleich am ehesten die übersetzung von wesselski zusagt. jetzt müßte ich nur noch im italienischen die entsprechenden passagen finden :wink:



    Witte:


    "Es ziemt sich, ihr liebwerten Damen, ein jedes Ding, das der Mensch unternimmt, mit dem heiligen und wunderbaren Namen dessen zu beginnen, der alle Dinge geschaffen hat. Darum denke ich denn, der ich als erster bei unseren Erzählungen den Anfang machen soll, mit einer jener wunderbaren Fügungen zu beginnen, deren Kunde unser Vertrauen auf ihn als den Unwandelbaren bestärken und uns lehren wird, seinen Namen immerdar zu preisen."


    Macchi


    "liebste freundinnen, es ziemt sich, dass alles, was menschen beginnen, im hehren und heiligen namen dessen, der die welt erschaffen, seinen anfang nehmen. da ich als erster mit dem erzählen beginnen soll, gedenke ich euch eine seiner wundertaten zu berichten, damit, nachdem wir diese vernommen, unser vertrauen auf ihn, den ewig unwandelbaren, sich festige und sein name immerdar von uns gepriesen werde."


    Wesselski


    "es ziemt sich, meine liebwerten damen, daß alles, was der mensch tut, mit dem erhabenen namen dessen begonnen werde, der der schöpfer von allem ist. da ich also unser geschichtenerzählen anfangen soll, gedenke ich den anfang mit einer von seinen wundersamen fügungen zu machen, damit sich in uns, wenn wir davon gehört haben, die hoffnung auf ihn in seiner unwandelbarkeit festige und sein name stets von uns gepriesen werde."


    Zweite Erzählung


    Witte:


    "Es lebte vor nicht langer Zeit in Treviso ein Deutscher namens Heinrich, ein armer Mann, der sein Brot als Lastträger verdienen mußte, aber dabei einen sehr frommen Wandel führte und bei jedermann beliebt war, daher denn, wie die Leute aus Treviso versichern (es mag nun wahr sein oder nicht), in der Stunde seines Todes die Glocken der Hauptkirche zu Treviso, ohne von jemand gezogen zu sein, von selbst anfingen zu läuten."


    Macchi


    "Vor nicht langer zeit lebte in treviso ein deutscher namens heinrich, ein armer teufel, der sich für geld jedem, der ihn darum ansprach, als lastträger verdingte. Da er ein frommes, gottgefälliges Leben führte, wurde er von jedermann geachtet. als er im sterben lag, begannen - so berichten die trevisaner -, es mag nun wahr sein oder nicht, in seiner todesstunde alle glocken der hauptkirche von treviso zu läuten, ohne das jemand die stricke zog."


    Wesselski


    "es ist noch nicht lange her, daß in treviso ein deutscher war, heinrich mit namen, der als armer mann jedem, der es verlangte, als lastträger diente; und samt dem galt er bei allen als ein mann von frommem und rechtschaffenem lebenswandel. als es darum mit ihm zum sterben ging, geschah es, wie die trevisaner, ob wahr oder unwahr, behaupteten, daß in seiner todesstunde alle glocken der domkirche von treviso zu läuten begannen, ohne von jemand gezogen worden zu sein."

    auf meiner suche nach einer ausgabe des dekameron habe ich mich ein wenig im wald der übersetzungen verirrt. zum direkten vergleich habe ich witte http://gutenberg.spiegel.de/klabund/decamero/deca01.htm und wesselski vorliegen. wobei ich nach oberflächlichen vergleich kaum sagen kann, welche übersetzung die gelungenere ist.
    kennt sich jemand mit den übrigen übersetzungen aus, bzw. kann einen textauszug zum vergleich bereitstellen ? (besonders schön wäre ja ein vergleich zum italienischen original...) und: kennt jemand die illustrierte ausgabe des luzerner kunstkreises (in zehn bänden) ?


    danke im voraus :)