Beiträge von binesa

    Hallo zusammen,


    nähere mich jetzt dem Ende. Ich finde die letzten Kapitel etwas langatmig, vor allem Bürgels Rede oder auch Pepis Klagen. K. wird mit einem Wortschwall überhäuft und damit auch der Leser. Im Falle Bürgels ist es mir gegangen wie K., ich wurde sehr müde und mußte am nächsten Tag weiterlesen. Und Pepi nervt nur. Die Welt dreht sich nur um sie, wenn in China ein Sack Reis umfällt, dann nur um sie zu ärgern. K. widerspricht ihr; für seine Verhältnisse recht barsch.
    Ich denke, Kafka hätte diesen ganzen Teil vor einer Veröffentlichung nochmal überarbeitet und gekürzt. Die Struktur geht ein wenig verloren. Die ersten Kapitel sind markanter, aussagekräftiger.


    Übrigens denke ich auch nicht, dass K. der Landvermesser ist. Sondern ich denke auch, er hat ein warmes Plätzchen gesucht, wollte irgendwo neu Fuß fassen.


    Viele Grüße


    Sabine

    Hallo zusammen,


    habe jetzt auch die Geschichte der Familie Barnabas gelesen. Ich finde sie nicht nur nicht traumartig sondern sehe auch keine fremden Moral- und Sittenvorstellungen. Der Chef - die Regierung, der König, die Kirche in dem Fall das Schloß bestimmen die Moral.
    Erinnert mich an einen Fall letzt im Fernsehen, wo eine Familie den Pfarrer wegen sexuellen Mißbrauchs der Tochter angezeigt hat. Pfarrer ist zwar suspendiert, steht auch schon länger wegen solcher Vorkommnisse in Verdacht - die Bösen sind aber die Familie die es öffentlich gemacht hat. Der Ort steht hinter dem Pfarrer.
    Ich denke auch an die Nazizeit, wo normale Vorstellungen von Sitte und Moral außer Kraft gesetzt waren.
    Das Individuum ordnet sich einer Macht unter. In diesem Falle fragt man sich, ob im Schloß überhaupt jemand lebt, der Regeln aufstellt, jemand wirklich Mächtiges ist noch nicht in Erscheinung getreten. Man hat so ein Zwiebelgefühl, je mehr man ins Innere vordringt, gibt es letztendlich keinen Kern. Vielleicht funktioniert das System auch nur, weil alle denken es gäbe eine Macht....
    Sollte mal jemand nachschauen gehen, ob jemand der Ausganspunkt der Macht ist.


    Liebe Grüße


    Sabine

    Hallo alpha, pius


    ich sehe gerade die Diskussion um zuviel oder zuwenig in die Absichten des Autors hineininterpretieren. Ich denke, es gibt 2 Arten einen Text zu diskutieren.
    Einmal kann man überlegen was der Autor uns sagen will - ob bewußt oder unbewußt;
    außerdem kann man aber auch darüber diskutieren, was man selber in dem Text findet, unabhängig davon ob der Autor das so meinte oder nicht. Gefühle und Gedanken, die beim Lesen eines Textes entstehen (selbst wenn nur ich es so empfinden sollte) sind auch eine Wahrheit - nämlich die Persönliche.
    Wichtig allgemein in der Kunst (Literatur, Malerei, Musik) finde ich, dass die Kreativität, die Gedanken angeregt werden und man nicht nur konsumiert.


    Viele Grüße


    Sabine

    Hallo Ihr Lieben,


    habe gerade Kapitel 5 gelesen und im Gegensatz zu den vorherigen, finde ich es nicht so surreal. Nach nun mehr selbst über 20 Jahren Behörde und ich denke, Kafka hatte auch eine lange Zeit in der Versicherung hinter sich, erscheint es mir völlig normal. Für den Außenstehenden, der in die Mühlen einer Behörde gerät, mag es Alptraumhaft anmuten, der Insider kann manchmal nur noch lachen.
    Es werden ja auch manchmal besonders krasse Fälle, in den Medien dargestellt und Betroffene kämpfen jahrelang um ihr Recht.
    Es ist eine leicht satirisch anmutende ( absolut treffende) Beschreibung von Vorgängen, die jeder kennt, der einmal sich in den Vorschriften einer Behörde verlaufen hat oder versucht hat, ein Anliegen telefonisch zu klären.
    Kafka war ja Jurist und im Paragraphenwirrwarr ist es auch schwierig, die Übersicht zu behalten. Was zählt, steht in den Paragraphen und ist nicht unbedingt die menschliche oder gerechte Lösung.


    Viele Grüße


    Sabine

    Hi,


    der Stil ist zwar sehr flüssig der Inhalt dafür um so fremder, so kann die Welt im Traum erscheinen. Die Figuren scheinen mir eine eher symbolische, denn eine reale Bedeutung zu haben.
    Ich denke, wäre ich K. und so unwirtlich begrüßt worden, hätte ich diesen Ort gerade wieder verlassen. Er bleibt und versucht sich sachlich, nüchtern und normal zu verhalten - die Welt um ihn herum ist eine Mauer des Schweigens, der fehlenden Erklärungen, und die Höflichkeit ist den Menschen um ihn herum auch abhanden gekommen.


    Den Satz "...freilich, Krankheit und Müdigkeit macht auch Bauern fein." erinnert mich an Thomas Mann "Zauberberg". Tuberkulose macht die Menschen blaß, zart - eben aritokratisch fein - während ein Bauer braungebrannt, kräftig durch Arbeit gestählt ist - normalerweise.


    Liebe Grüße


    Sabine