Beiträge von carina1606

    Hallo, soweit erst mal meine Gedanken:


    Gleich zum Beginn des zweiten Teils (Zusammentreffen mit dem Anwalt) ist mir aufgefallen, dass Meursault die Wahrheit sagt, versucht nicht, sich zu verteidigen, seine Tat zu entschuldigen oder sie verständlich zu machen. Das hat mich schon beim ersten Lesen fasziniert.


    Dadurch, dass niemand (der Anwalt steht wohl für die Gemeinschaft, zu der sich Meursault nicht zugehörig fühlt?) die Wahrheit hören möchte und es überhaupt nicht in Erwägung zieht, dass es die Wahrheit sein könnte, sondern alle erwarten, dass er seine Tat erklärt und sich verteidigt, dadurch steht Meursault immer mehr im Abseits. Nun versucht er über die ständige Unterstreichung und Hervorhebung seiner 'Normalität' wieder auf die andere Seite, zurück in die Gemeinschaft, zu gelangen, was ihm natürlich nicht gelingen kann.


    Erst durch diesen Mord beginnt er ernsthaft sich Gedanken um sein soziales Leben zu machen, auf Seite 100 sagt er, dass sich die Leute gewöhnlich nicht um ihn kümmern und dass er sich anstrengen muss, zu verstehen, dass er beachtet wird.


    Was es nun mit diesem Journalisten auf sich hat, habe ich bisher noch nicht verstanden und komme da auch nicht weiter. Soll es ausdrücken, dass er sich wünscht, jemand anders zu sein, aus seiner Haut/Situation rauszuwollen, ein relativ Unbeteiligter, jemand der zur Gemeinschaft gehört oder sieht er in ihm, wie es vielleicht in einem anderen Leben hätte sein können?



    lg, carina1606

    Ich wünsche allen


    ein Frohes Weihnachtsfest und ein gutes Neues Jahr!


    Vorerst muss ich mich hier ausklinken, bis zum 10.01.05 bin ich ohne internet-Anschluss - vielleicht schaffe ich im neuen Jahr wieder den Einstieg... auf jeden Fall freuen mich die vielen Gedankengänge, die ich jetzt auch weiterverfolgen möchte, die Lektüre ist eingepackt.


    Liebe Grüsse,

    Zitat

    Was denkt ihr, warum Meursault seine Mutter nicht nochmal sehen wollte?


    Ich finde das auch nicht weiter überraschend. Aus persönlicher Erfahrung kann ich nur sagen, dass ich auch lieber die Toten als Lebende in Erinnerung behalten möchte, nicht als letztes Bild sie im Sarg zu sehen.


    Auch bei der Totenwache (rauchen, Milchkaffe) und die Vorbereitung darauf (z. B. dass er sich ein schwarze Binde leiht) beschäftigt er sich wieder nicht mit dem Eigentlichen, dem Tod seiner Mutter. Ich verstehe noch nicht warum? Kann jemanden wirklich alles so egal sein, dass er nur sich nur um das Äußere, den äußeren Schein kümmert?

    Hallo, alle zusammen,


    ich habe mich nicht für die Leserunde angemeldet, allerdings habe ich neulich den ersten Satz des Buches gelesen und es sofort gekauft. Ich habe keinerlei Erfahrungen mit Leserunden, auch keine (seit meiner Schulzeit) mit gemeinsamen Lesen und Analysieren, trotz alledem möchte ich es einmal wagen, meine Gedanken zu diesem Absatz aufzuschreiben.


    Zitat

    "Heute ist Mama ist gestorben. Vielleicht auch gestern, ich weiß nicht. Ich habe ein Telegramm vom Heim bekommen: "Mutter verstorben. Besetzung morgen. Hochachtungsvoll. " Das will nichts heißen. Es war vielleicht gestern. "


    Dieser erste Absatz fasziniert mich. Bei jedem Lesen lege ich den Absatz anders aus, besonders die Beziehung der ersten beiden Sätze. Der erste Satz ist für mich voller Trauer, er ist kurz und hart, eine Tatsache, die so akzeptiert werden muss, an der nichts zu rütteln ist. Aber die Wortwahl 'Mama'; das Wort klingt nach Zuneigung, es klingt nach Kind und nicht nach Erwachsenem. Dann der zweite Satz. Ist er voller Resignation? Will er sagen, dass sie tot ist, ist das Schlimmste, egal ob sie heute oder gestern gestorben ist? Oder ist der erste Satz nur eine Tatsache und er fixiert sich auf den Zeitpunkt? Oder stellt er den Zeitpunkt deshalb heraus, weil er die eigentliche Nachricht gar nicht fassen will? Auch der Satz 'Das will nichts heißen.' Meint er unterbewusst, dass es ihm nichts bedeutet, dass seine Mutter gestorben ist? Das war meine erste Deutung, ich habe den Satz gelesen und gestockt. Mein erster Eindruck nach diesem Absatz war der, dass Meursault ein Mensch sein muss, der nichts an sich heranlässt. Der sofort abblockt und sich auf Nebensächlichkeiten konzentriert, um sich nicht mit dem eigentlichen Thema auseinander setzen zu müssen.


    Liebe Grüsse,