Beiträge von Cordula

    Hallo an alle,


    ich habe die Erzählung jetzt zu Ende gelesen. Wie weit seid ihr?


    Ich glaube, daß das Dilemma, welches darin besteht, was man tun kann und darf, wenn man an die legalen rechtlichen Grenzen stößt, um sein Recht durchsetzen zu können, von Kleist sehr gut beschrieben wird. Als ich die Erzählung gelesen habe, habe ich natürlich zunächst mit Kohlhaas mitgefühlt. Die Feinde von Kohlhaas werden ja auch wirklich als korrupte Rechtsbrecher schlechthin dargestellt. Kleist stellt Kohlhaas als zum einem als Opfer von Manipulation und Willkür dar. Auf der anderen Seite kritisiert der Erzähler Kohlhaases Verhalten aber mehrmals. Der einleitende Satz beschreibt Michael Kohlhaas ja als einen „der rechtschaffendsten zugleich und entsetzlichsten Menschen seiner Zeit“. Die einzige Möglichkeit die Kohlhaas hat, um zu seinem Recht zu kommen, ist Gewalt. Diese Gewalt an Unschuldigen ist aber trotzdem ein Unrecht. Diese Paradoxie finde ich, wird auch von der Erzählweise unterstützt. Zum einem wird es einem leicht gemacht, die Ohnmacht von Kohlhaas nachzuvollziehen, auf der anderen Seite wird aber beständig darauf hingewiesen, daß Kohlhaases agressives Verhalten nicht richtig ist. Am Ende wird er ja dafür dann auch hingerichtet. Und das obwohl er „Recht schaffend“ war, denn der Junker wird ja verurteilt.


    Liebe Grüße


    Cordula

    Lieber Michael, lieber Hubert, liebe Jacky


    Hubert hat geschrieben


    Zitat

    „Ein Impetus, in eiserne, völlig unlyrische Sachlichkeit gezwungen, treibt verwickelte, verknotete, überlastete Sätze hervor, in denen immer wieder mit verschachtelten „dergestalt, dass“ – Konstruktionen gewirtschaftet wird, und die geduldig geschmiedet zugleich und von atemlosem Tempo gejagt wirken.“


    und Michael hat geantwortet:



    Zitat

    Unlyrisch sachlich finde ich die Sprache Kleists im Kohlhaas allerdings nicht.


    Vielleicht meint Thomas Mann mit „unlyrisch sachlich“ das gleiche wie wenig umschreibend. Thomas Mann und Heinrich Kleist haben zwar beide Schachtelsätze geschrieben, aber Thomas Mann beschreibt Personen, Umgebung und Umfeld sehr ausführlich. Ich kann das vielleicht etwas näher anhand von einem Zitat aus dem Buch Buddenbroks darlegen:


    Die Konsulin Buddenbrok, neben ihrer Schwiegermutter, auf dem geradlinigen, weiß lackierten mit einem goldenen Löwenkopf verzierten Sofa, dessen Polster hellgelb überzogen waren,warf einen Blick auf ihren Gatten, der in einem Armsessel bei ihr saß, und kam ihrer Tochter zur Hilfe, die der Großvater am Fenster auf den Knien hielt.
    „Tony!“ sagte sie, ich glaube, daß mich Gott-„
    Und die kleine Antoine, achtjährig und zart gebaut, in einem Kleidchen aus ganz leichter changierender Seide, den hübschen Blondkopf ein wenig, vom Gesichte des Großvaters abgewandt, blickte aus ihren graublauen Augen ...


    Die fett gedruckten Beschreibungen sind sehr schön zu lesen und vermitteln in ihrer Gesamtheit eine bestimmte Atmosphäre. Kleist denke ich, würde das so nicht schreiben oder weiß von euch jemand die Haar- oder Augenfarbe Lisbeths oder wie die Kleidung von Kohlhaas genau aussieht? Kleist beschreibt das nicht, weil es für den weiteren Verlauf der Geschichte nicht von großer Wichtigkeit wäre.
    Ich denke, der einzelne Satz enthält bei Kleist eine Fülle von Aussagen, die aneiander gepresst werden. Daher vielleicht auch das „atemlose Tempo“.
    Vielleicht meinte Thomas Mann , daß diese „Sachlichkeit“ unlyrisch ist. Ich teile diese Meinung nicht, aber zu Thomas Manns Zeiten galt vielleicht ein Buch, was nicht mit einer Fülle von ausführlichen Umschreibungen aufwarten konnte, als unlyrisch l???


    Liebe Grüße


    Cordula

    Hallo an alle,


    ich habe jetzt auch bis zum Ende des Wortwechsels zwischen Kohlhaas und Luther gelesen.


    Hubert hat geschrieben:


    Zitat

    Hans Kohlhase, ein Kaufmann aus Cölln an der Spree (heute Stadtteil Neukölln in Berlin) bricht mit zwei Wechselpferden zur Herbstmesse 1532 nach Leipzig auf. Zwischen Wittenberg und Leipzig werden ihm von Untersassen des Junkers von Zaschwitz die Pferde beschlagnahmt, mit der Begründung, diese seien gestohlen. Als Kohlhase auf der Rückreise sich weigert die für die Pferde inzwischen angefallenen Futterkosten zu zahlen, wird die Herausgabe der Pferde abgelehnt. Nachdem eine schiedgerichtliche Verhandlung im Mai 1533 scheitert, erklärt Kohlhase dem Junker von Zaschwitz und dem Lande Sachsen in aller Form die Fehde. Nachdem Kohlhase Teile von Wittenberg niedergebrannt hatte, gelang es ihm eine neue Verhandlung zu erreichen. Die ihm dabei zugesprochene Zahlung erfolgt aber nicht und Kohlhase nimmt die gewalttätigen Aktivitäten seines Haufens wieder auf, ja dehnt diese auch auf brandenburgisches Gebiet aus. Schließlich wird er gefangen genommen, wegen Landfriedensbruch in Berlin verurteilt und am 22. März 1540 hingerichtet.


    Danke Hubert für Deine Ausführungen. Das ist sehr interessant. Ich habe nun gelesen, daß Luther in Wirklichkeit viel mehr Verständnis für Kohlhase gezeigt hat, auch wenn er Kohlhases Verhalten tadelte. Er soll Kohlhase am Ende auch den Segen gegeben haben.


    Hubert hat geschrieben:


    Zitat

    dass der Aufbau der Novelle einem klassischen Drama mit 5 Akten entspricht. Den ersten Akt (Exposition) würde ich mit "Dem rechtschaffenden Bürger Kohlhaas geschieht Unrecht" überschreiben


    Also mir gefällt das auch gut.


    Leider kann ich bis Montag nicht weiterlesen, weil ich Besuch bekomme. Aber Montag, am späten Abend habe ich dann sicher wieder Zeit.


    Liebe Grüße


    Cordula

    Hallo an alle,


    JMaria hat geschrieben:


    Zitat

    Kennst du von 'Oskar Maria Graf
    Konstantin Wecker - Das bayerische Dekameron, CD-Hörbuch.


    Leider kann ich Dir dazu nichts sagen. Ich kenne "Das bayrische Dekameron" auch nicht, gehört habe ich allerdings auch schon, dass es gut sein soll. Gibt es, glaube ich übrigens auch als Buch. Schade, dass Du bis jetzt noch nicht das Dekameron von Boccaccio gelesen hast. Vielleicht hilft es Dir, wenn du einfach erst nur eine Geschichte liest. Es gibt welche, die sind nicht länger als 4- 5 Seiten.


    Hubert hat geschrieben:


    Zitat

    heute habe ich mir also die Neuübersetzung von "Tausendundeine Nacht" in der Buchhandlung besorgt. Das ist wirklich eine schöne Ausgabe und am liebsten hätte ich gleich angefangen zu lesen.


    Ich hoffe, Du wirst trotz der fehlenden Geschichten viel Freude an Deinem neuen Buch haben.


    Zitat

    Schade, dass Du schon angefangen hast, sonst hätten wir das ja irgendwann auch zusammen lesen können


    Finde ich auch sehr schade.


    Liebe Grüße


    Cordula

    Lieber Hubert,


    Du hast geschrieben:


    Zitat

    Hoffentlich gibt's ja noch den Aladin mit seiner Wunderlampe?


    sowie

    Zitat

    Hat eigentlich Galland die hinzugefügten Erzählungen selbst erfunden, oder aus anderen Schriften (welchen?) übernommen?


    Ich zitiere jetzt aus dem Nachwort von Tausendundeiner Nacht:


    "Darüber hinaus hat das formidable Interesse, auf das der 1704 veröffentlichte erste Band stieß, Galland dazu veranlaßt, Geschichten aus anderen arabischen Quellen hinzuzunehmen. Sinbad der Seefahrer ist so zu Tausendundeine Nacht gekommen; Aladin und die Wunderlampe und Ali Baba und die vierzig Räuber verdanken wir Hanna Diab, einen maronitischen Christen aus Aleppo, der diese und viele andere Geschichten speziell für Gallands Zwecke aus dem Gedächtnis nacherzählte"


    Galland hat also ziemlich viele Quellen für seine Ausgabe herangezogen.
    Ich hoffe, dass Du trotzdem Gefallen an dieser Ausgabe finden kannst.
    Tut mir leid, daß Aladin in der Neuausgabe auch nicht dabei ist. Diese neue Übersetzung geht auch nur bis zur 281. Nacht. Sie ist aber trotzdem sehr interessant. Denn Galland hat einiges ausgelassen, vor allem anstößige Passagen und lästige Gedichte.


    Liebe Grüße


    Cordula

    Lieber Hubert, liebe Erika,


    vielen Dank für Eure netten Worte und Wünsche. Ich bin mir sicher, dass ich jetzt genug Zeit und Ruhe habe, um mich wieder der Literatur zuzuwenden. Ich glaube ich werde beim gemeinsamen Lesen von Kleist mitmachen.


    Zu Deiner Frage Hubert:


    Die neue Übersetzung von Claudia Ott geht auf die gleiche Handschrift aus dem 15 Jhd zürück, wie sie auch vom französischen Orientalisten Galland verwendet wurde. Galland hat das Buch dann in französischer Sprache übersetzt und hatte damit einen riesigen Erfolg. Er hat jedoch viele Geschichten hinzugefügt. Auf die französische Fassung gehen auch die Übersetzungen in andere Sprachen zurück. Dabei wurden auch die von Galland hinzugefügten Geschichten, z.B. von Sinbad oder Ali Baba mit übernommen.
    Die Übersezung von Claudia Ott enthählt nicht diese "Zusätze" aus Europa. Auch der europäische Geschmak, die Übermalungen und Ausschmückungen der einzelnen Geschichten, die in Europa vorgenommen wurden, sind nicht enthalten. Es wurde wirklich erstmals die älteste Handschrift aus der arabischen Sprache in die deutsche Sprache übersetzt. Insofern ist es ein sehr ürsprünglicher Text.


    Ich kenne die anderen Übersetzungen nicht. Aber mir gefällt es besser, wenn es eine Übertragung aus dem Original ist. Das Buch ist jedenfalls sehr, sehr unterhaltsam.


    Liebe Grüße


    Cordula

    Hallo,


    ich heiße Cordula und bin neu hier. Kurz zu meiner Person:
    ich bin noch Studentin und habe gestern gerade meine Diplomarbeit abgegeben. Für diese Arbeit musste ich ziemlich viel Fachliteratur lesen, was sehr interessant war. Es war aber auch sehr stressig. Jetzt muss ich mich leider noch auf die Prüfungen vorbereiten. Ich denke aber, dass ich nun trotzdem etwas mehr Zeit habe, um Klassiker zu lesen.


    Also mein Lieblingsbuch ist das Dekameron von Boccaccio. Zur Zeit lese ich allerdings Tausendundeine Nacht in der Neuübersetzung von Claudia Ott. Ist sehr zu empfehlen.
    Ansonsten mag ich E.T.A. Hoffmann.
    Es gibt unzählige Bücher, die ich gerne noch lesen möchte. Ich habe schon mal nachgesehen, was Ihr so gemeinsam lest. Kleist würde mich ja auch interessieren, aber ich glaube Ihr habt schon damit angefangen, oder?


    Liebe Grüße


    Cordula