Don Carlos im Burgtheater


  • Regie: Andrea Breth
    Philipp II., König von Spanien: Sven-Eric Bechtolf
    Elisabeth von Valois, seine Gemahlin: Johanna Wokalek
    Don Carlos, der Kronprinz: Philipp Hauß
    Prinzessin von Eboli, Dame der Königin: Christiane von Poelnitz
    Marquis von Posa: Denis Petkovic
    Herzog von Alba: Nicholas Ofczarek
    Domingo, Beichtvater des Königs: Cornelius Obonya
    Der Großinquisitor: Elisabeth Orth


    Großartiges Theater war in Wien die letzten Jahre nur selten zu sehen. Es dominierte das Mittelmaß und es gab einige erstaunlich schlechte Inszensierungen. Zwei Ausnahmen allerdings gab es: Die Stücke, welche Andrea Breth und Martin Kusej auf die Bühne brachten.


    Dieser “Don Carlos” gehört zweifellos zum Besten, was die Wiener Theaterwelt in den letzten fünf Jahren zu bieten hatte. Desto erfreulicher die Wiederaufnahme und desto unverständlicher, warum Bachler diese Aufführung aus dem Spielplan nahm. Zum Ende seiner Amtszeit gönnt er den Wiener Theaterfreunden noch einige wenige Gelegenheiten, sich die Inszenierung noch einmal anzusehen.


    Sieht man Breths Theaterarbeit zum zweiten Mal, fallen einem verstärkt auch die subtileren Regie-Ideen auf. Bekanntlich bedient sich Breth meist eines modernen Bühnenbilds, kombiniert dies aber mit einer heute ungewöhnlichen Texttreue zum Stück und, auch nicht mehr selbstverständlich, mit großem Textverständnis.


    Der spanische Hof ist in einem tristen modernen Büroambiente angesiedelt, was ausgezeichnet zum spanischen Hofprotokoll passt. Die geschickt eingesetzte Drehbühne erlaubt immer neue Arrangements und die Übergänge zwischen den Szenen sind immer wieder mit fulminanten Bildideen umgesetzt.


    Die Psychologie der Figuren ist differenziert und scharf ausgeleuchtet, so wird der Idealismus Marquis de Posa mit einer subtilen Ironie unterlegt, ohne jedoch seinen Idealismus ins Lächerliche zu ziehen. Besonders beeindruckend ist Sven-Eric Bechtholf als Philipp II, seine Leistung dürfte für viele Jahre Referenzcharakter haben. Philipp Hauß gibt Don Carlos als vergleichsweise zappeligen Jüngeling.


    Diese Inszenierung sollte kein Theaterfreund in Wien versäumen, es gibt noch wenige weitere Termine im Februar. Könnte gut sein, dass ich sie mir zum dritten Mal ansehe.


    [ http://koellerer.net/2009/01/24/schiller-don-carlos/ ]

  • Ich würde wetten, dass es sich hierbei um eine großartige Inszenierung handelte. Ich war bereits 2004 im Burgtheater um die Barth-Produktion von Don Carlos zu sehen und war schlichtweg begeistert. Dass 2009 erneut eine Insezenierung stattfand, war mir unbekannt, oder beziehst du dich auf die alte? Das kann eigentlich nicht sein, da ich mich nich an Johanna Wokalek erinnern kann. Die hätte ich leider sehr gern gesehen...


    Ein Breth-Fan bin ich durch und durch. Hier findet man ein sehr interessantes Interview mit der hochtalentierten und offensichtlich auch gefährdeten Regisseurin: http://www.zeit.de/2010/39/Rettung-Andrea-Breth Ich werde in den kommenden Wochen auch mit Sicherheit nach Wien fahren, um das aktuellste Projekt anzusehen. Zwischenfälle hört sich wirklich interessant an. Klar, habe ich eine Tendenz zu Klassikern, was täte ich sonst in diesem Forum, aber gelegentliche experimentelle Kost ist auch nicht zu verübeln. Derzeit warte ich noch, bis ich das passende Last-Minute-Angebot schieße und hoffe, dass ich dann noch Karten bekomme. Falls es in den nächsten Wochen nicht übers Wochenende funktioniert, komme ich dieses Jahr vermutlich gar nicht nach Wien. Dann müssen Burg- und Akademietheater wohl ohne mich auskommen. :-)