Alles anzeigenHallo Evelyne, hallo Madeleine,
ich habe es eigentlich auch so gedeutet, daß Tadzio mit seiner Familie abreist. Ob er jetzt infiziert war mit der Cholera oder nicht, kann man nicht sagen. Dadurch, daß Tadzio ihm nun genommen wird, kann Aschenbach endlich loslassen und sterben (die Cholera steckt ja schon in ihm). Da ich Tadzio als eine eher "überirdische" Gestalt sehe, glaube ich gar nicht, daß er an der Cholera stirbt; aber da er ja kränkelnd ist, lebt er vielleicht trotzdem nicht mehr lange.
Dann wäre es trotzdem auch möglich, daß Tadzio im Prinzip nur ein Aspekt von Aschenbachs Persönlichkeit ist (seine verloren geglaubte Jugend). Ich hatte allerdings das Gefühl, daß Aschenbach sich nur deshalb "aufbrezelt", weil er dem Geliebten gefallen möchte. Er möchte wieder jung sein, weil er begehrenswert erscheinen möchte, und glaubt, daß er als alter, verbrauchter Mann nicht begehrenswert ist.
Viele Grüße
thopas
Hallo zusammen
Auf den letzten Seiten ist in der Regel immer die Auflösung einer Geschichte zu finden.
Ich sehe die Abreisevorkehrungen als Sinnbild für Abschied, Übergang, Tod. Aschenbach steht ebenfalls kurz vor seiner Abreise ... ohne Wiederkehr. Während der Reisevorbereitungen wird Tadzio fast erstickt. Dies entspricht dem physischen Sterbeprozess Aschenbachs, welcher in Tadzios Erstickungsszene gespiegelt und sonst nicht eigens an Aschenbach selbst beschrieben wird, was jedoch bei Thomas Manns Detailtreue der Fall hätte sein müssen, wäre Tadzio nicht Jugend- und Lebensaspekt von Aschenbach. Tadzios Gang ins Meer entspricht dem Sterben, Aschenbach stirbt und sein Leben (Tadzio) betritt den Todesbereich des Meeres. Nun folgt eine weitere Kongruenz: "Der Schauende dort saß, wie er einst gesessen, als zuerst, von jener Schwelle zurückgesandt, dieser dämmergraue Blick dem seinen begegnet war." Die Grundpositur Tadzios entspricht der geometrisch geformten Spiegelung zweier entgegengesetzter kongruenter Figuren.