Beiträge von Fevvers

    Zitat von "ikarus"

    War das nicht bei jedem Kapitel so?


    Hallo Ikarus,
    es war oft so, aber mir kam es vor, als ob die Eindrücke bisher bei keiner Episode so unterschiedlich ausfielen. Ich z.B. suche immer noch den "wilden Ritt". :zwinker:


    A pros pos Zieleinlauf: Rainer, wo bist Du? Doch nicht etwa kurz vor dem Ziel gestolpert? Gib Laut.


    Gruß, Fevvers

    Geschafft! :bang:


    Ich staune darüber, welche unterschiedlichen Eindrücke der "Penelope"-Monolog hinterlassen hat. Mich haben Mollys Gedanken sehr traurig gestimmt, der Erzählstil vermittelte mir die Atmosphäre einer trägen, zäh dahinfließenden schlaflosen und grüblerischen Nacht.


    Von Emanzipation konnte ich, auch aus der Zeit heraus betrachtet, keine Spur entdecken. Molly nimmt sich sexuelle Freiheiten, das ja, indem sie Ehebruch begeht (etwas, das noch heute bei Frauen als besonders anstößig betrachtet wird), aber weder ihre Lust noch ihre Sehnsucht nach Zärtlichkeit wird befriedigt. Über ihre sexuellen Begegnungen mit Männern oder Männer im Allgemeinen redet sie recht obszön. Sie rebelliert ausschließlich innerlich, in Gedanken. Sie ist gefangen in ihrem Körper, den Männer aufgrund der stattlichen Kurven (noch) begehren, sie fürchtet aber seinen Verfall. Veränderungen ihrer Lebenssituationen sind letztlich immer an Männer geknüpft gewesen. Kein Wunder, dass wir sie im Roman nur im Bett liegend erleben. Jetzt, wo die Ehe mit Bloom enttäuschend verlaufen ist, stellt sie sich kurzfristig eine Ehe mit Boylan vor bzw. denkt darüber nach, ob sie wohl ein Verhältnis mit Stephen eingehen könnte.


    Am Ende kommt wieder ein bisschen Hoffnung auf, sie scheint in eine lebensbejahende Stimmung zu geraten, aber ich fürchte, sie beschwichtigt sich lediglich selbst. Für mich ist Molly die eindeutig tragischste Gestalt im ganzen "Ulysses", dagegen verblassen Leopolds Erlebnisse.


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    Auch von mir an dieser Stelle ein Dankeschön an Euch alle, Steffi, JMaria, Ikarus und Rainer. :knuddel: Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, mit Euch gemeinsam den "Ulysses" zu bezwingen, da Ihr alle zu den LeserInnen gehört, die neugierig und lustvoll mit Literatur umgehen, ohne andere mit oberlehrerhaften Kommentaren zu nerven.


    Es war ein Leseerlebnis, das ich so schnell nicht vergessen werde!
    Vorstellen kann ich mir, meine 'Lieblingskapitel' nochmals zu lesen ("Hades", "Irrfelsen", "Laistrygonen"). Den ganzen Roman so bald aber nicht mehr, höchstens im Original, wenn ich das schaffen sollte. Vielleicht mal so in 10, 20 Jahren...


    Liebe Grüße, Fevvers

    Hallo alle zusammen,


    ich habe gestern das "Eumaios"-Kapitel beendet, insgesamt fand ich es etwas langweilig, auch wenn mich die Schachtelsätze nicht gestört haben.

    Zitat von "Maria"

    Ich finde in diesem Kapitel wird die gesamte Odyssee nochmals Revue passiert ( Peru - Menschenfresser, Musik, Politik ....usw)


    Das war reizvoll, die Andeutungen in komprimierter Form, aber ansonsten ging es mir wie Stephen, der schien zuweilen von Blooms Geschwätz auch angenervt. Ich denke, Blooms Interesse für Stephens Zukunft rührt daher, dass er ihn (eine Folge der Rudy-Halluzination kurz vorher) spontan "adoptiert" hat und seine eigenen Hoffnungen und Wünsche in ihn hineinprojeziert.


    Gestern Abend habe ich dann gleich mit dem "Ithaka"-Kapitel weiter gemacht - und es in einem Rutsch durch gelesen. Es hat sogar zur häuslichen Abendunterhaltung beigetragen (wer hätte das gedacht), da ich meinem Mann, einem Naturwissenschaftler, einige Passagen vorgelesen habe, so z.B. die über die physikalischen Aspekte des Abschiednehmens und Händeschüttelns. Oder die Erörterung Welche Vorteile bietet eine Rasur am Abend? Wir haben sehr viel gelacht. Auch kann ich mich nicht erinnern, dass in der Literatur zwei Männer jemals so idyllisch zusammen uriniert hätten.
    Einmal habe ich "iiih" an den Rand geschrieben (Stephen hat sich seit neun Monaten nicht mehr gewaschen), einmal "unerhört" (fehlende Wertschätzung der Literatur beim weiblichen Geschlecht) und "träum weiter" (Bloom reflektiert über seine männliche Anziehungs- und Faszinationskraft aufFrauen).
    Erhellendes erfährt man über die Bloomsche Ehe bzw. es wurde bestätigt, was man ohnehin vermutet hatte. Mollys Liebhaberliste ist stattlich, aber es sind ja auch schon zehn Jahre.


    @ Maria: Gleichgewicht - ist mir auch aufgefallen, zunächst bei den physikalischen Kräten, die gegeneinander wirken, aber auch thematisch: Wohlstand - Armut, Weggehen - Dableiben etc.


    @ Steffi: Welche Antworten hast Du nicht hören wollen? :zwinker: Vielleicht Blooms hypothetische Einzellösungen zum Problem der Beschäftigung von Ehefrauen Er hat da doch durchaus interessante Vorschläge...


    Abschließend meine "Lieblingsfrage":
    Was tröstete seine Begriffsstutzigkeit?
    Daß er als tüchtiger schlüsselloser Bürger energisch vom Unbekannten zum Bekannten durch die Ungewißheit der Leere fortgeschritten war.


    Ich freue mich auf das letzte Kapitel, darauf, endlich Mollys Sicht der Dinge kennen zu lernen. Wehmut erfasst mich nicht. Ich möchte die Lektüre jetzt gern zu einem Abschluss bringen und mich anderen Büchern zuwenden.


    Gruß, Fevvers

    Hallo Steffi,


    ich möchte meine Meinung noch differenzieren: "Ulysses" und reine Unterhaltungsromane sind für mich zwei Extreme. Dazwischen gibt es wirklich eine ganze Menge Anspruchvolles, das durchaus Schweiß kosten kann, aus dessen Lektüre man viel Anregendes mitnehmen kann und das dennoch "lesbar" ist. Genuss und Substanz müssen sich ja nicht ausschließen.


    Genau wie Du bin ich der Auffassung, dass man nicht alles verstehen muss. Musik oder Kunst sind dafür sehr schöne Beispiele. Danach strebe ich auch gar nicht. Aber ich denke, dass den eigenen Eindrücken und Empfindungen im vorliegenden Fall enge Grenzen gesteckt sind, mehr als bei anderen Romanen. Wir haben es mit einem Werk zu tun, das überfrachtet ist von Details und dessen Autor daran viele Jahre lang herumgefeilt hat.


    Ruf und Bekanntheitsgrad des "Ulysses" sind eigentlich auf seiner beinahen Unlesbarkeit begründet. Ich kenne kein anderes Buch, das so oft in üppig bestückten Bücherregalen vorhanden ist - und gleichzeitig so selten gelesen wird (noch vor der Bibel *g*). Es sind auffallend viele Leute, die einfach keinen Zugang dazu finden. Dabei handelt es sich nicht immer um Dummköpfe oder LeserInnen, die eine Herausforderung scheuen.


    Auch bei unserer Leserunde hat sich gezeigt, dass für viele von uns der Einstieg fast nicht möglich war, ohne ein paar Hintergrundinformationen, die das Interesse erst richtig zu wecken vermochten. Seit ich mich warm gelaufen habe, ziehe ich die Sek.lit. sehr viel seltener zu Rate, aber ohne sie oder den Austausch mit Euch hätte ich das Buch bei Seite gelegt. Wenn sich die Fragezeichen im Kopf so sehr häufen, macht es mir einfach keinen Spaß mehr.


    So, und nun muss ich in die Bibliothek und den Gifford abgeben, ein anderer Verzweifelter hat ihn vorbestellt. :zwinker:


    Liebe Grüße, Fevvers

    Hallo Rainer,


    wie die Beiträge unserer Leserunde ausgesehen hätten? Kurz. Ohne jegliches Hintergrundwissen hätte jedes einzelne Ulysses-Kapitel auf mich einen "Circe"-Eindruck gemacht bzw. die ersten drei taten das bereits, denn zwei Leseversuche in den vergangenen 10, 12 Jahren sind bei mir gescheitert.


    Ich sehe den Ulysses durchaus als Roman (man kann ja einen Handlungsstrang heraus schälen, es gibt zwei Protagonisten), aber eigentlich mehr als Experiment, als intelektuelle und spielerische Auseinandersetzung des Autors mit Erzähltechniken einerseits und dem, was ihn in seinem Leben beschäftigt hat (Biographisches, Historisches etc.) andererseits. In diesem Sinne könnte man dieses Oeuvre durchaus als eigene Kunstform bezeichnen. Gibt es Vergleichbares? So viel Spaß mir das Lesen bisher auch gemacht hat: Ich halte Literatur im Großen und Ganzen für verfehlt, die ihren LeserInnen dermaßen viel abverlangt und bei der man erst noch zwei Bücher desselben Autors zuvor lesen sollte, bevor man das dritte in die Hand nimmt.


    Ich bin gespannt auf weitere Meinungen.
    Gruß, Fevvers

    Hallo alle zusammen,


    es war hart, es hat lang gedauert, aber nun habe auch ich endlich das "Circe"-Kapitel geschafft. Allerdings habe ich seitenweise auch mal mit weit weniger Aufmerksamkeit gelesen als vorher.


    Einzelnen Szenen und Dialogen konnte ich einiges abgewinnen, so z.B. der Gerichtsszene. Oder dem Auftauchen von Stephens Mutter, das fand ich wirklich schauerlich. Ein Highlight war dieses Kapitel, das zudem auch reichlich obszön war, auf keinen Fall.


    Icb habe einen Blick in "Joyce für Jedermann" von A. Burgess geworfen. Er schreibt dazu, dass "Circe" das erste war, was er aus dem Ulysses gelesen habe, da sein Lehrer ihm den zweiten Band einer zweiteiligen Ausgabe geliehen hatte, und der begann ausgerechnet damit. Mich wundert, dass er weiter gelesen hat und zum Joyce-Fan wurde. Ferner schrieb er, dass nur die "hartherzigsten Leser" am Ende nicht weinen würden. Naja, Rudys Auftauchen hat mich nun nicht gerade sehr mitgenommen. Positiv war aber, dass für mein Empfinden am Ende der chaotischen Vorgänge ein wenig Frieden einkehrte.


    Aufgreifen möchte ich noch kurz Steffis Bemerkung, dass die Sekundärliteratur nicht der Weisheit letzter Schluss sei. Ich sehe das genauso. Ich hätte dieses Kapitel z.B. "Hades" genannt, weil Bloom und Stephen auf jeweils eigene Art von ihren 'Schatten' heimgesucht werden, von dem, was ihr Gewissen belastet, was sie am liebsten verdrängen würden. Das stand für mich im Mittelpunkt.


    Und nochmal zurück zur Sek.lit: Sätze wie "Wir haben gegenüber Bloom den Vorteil, außerhalb des Werkes zu existieren..." muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen. :zwinker: Welch ein Glück! Und ja, ich glaube auch, dass es sich bei Marias Erlebnis um eine mittelschwere Leserinnen-Halluzination handelte.


    Liebe Grüße, Fevvers

    Hallo Maria,


    die "Göttliche Komödie" steht bei mir auch schon lange im Regal, eine Art "Ulysses"-Effekt. Dafür wäre es Zeit, auch Hesses "Glasperlenspiel" interessiert mich schon lange. Zusammen mit Euch würde ich auch noch mal zu Thomas Mann greifen.


    Auf jeden Fall aber "Moby Dick" in der neuen Übersetzung, die im August als TB erscheinen soll. Das Hörbuch hat mir einen ersten Eindruck davon vermittelt, ich glaube, das wird sich ganz gut lesen lassen.


    Gruß, Fevvers

    Hallo,


    @ Maria: Dein Zahnarzt wird diese Behandlung wohl auch nicht mehr vergessen. Vielleicht solltest Du vor dem nächsten Termin lieber etwas anderes lesen. Beruhigend, dass Du Dich, an den Behandlungsstuhl gefesselt, nicht an Blooms Ausruf "Vivisezier mich!" erinnert hast. :breitgrins:


    Ich stecke immer noch im "Circe"-Kapitel fest und fühle mich beim Lesen, als ob die Dame auch mich in ein Schwein verwandelt und ich leider das Gegenmittel vergessen hätte. Die Andeutungen auf die vorausgegangene Handlung sind recht deutlich, aber das reicht mir als 'Klammer' nicht. Interessant ist es für mich nur szenenweise, ich sehe keine Verbindung, die alles zusammen hält oder fügt.
    Andererseits: Halluzinationen sind nun mal chaotisch. Bislang hat mir die Gerichtsszene, die auch Maria offenbar so beeindruckt hat, gut gefallen. Leopold muss ja ein verdammt schlechtes Gewissen haben, das Konvertieren zum kath. Glauben hat seine volle Wirkung entfaltet.
    Eines beschäftigt mich am meisten: Wieso bekommt Bloom überhaupt welche? Der hat doch im "Rinder"-Kapitel längst nicht so viel gesoffen wie Stephen und die Medizinstudenten, oder habe ich da etwas nicht mitbekommen?
    Ich werde am WE versuchen, noch etwas sportlichen Ehrgeiz zu entwickeln, kann aber auch sein, dass ich, zum ersten Mal, den Rest des Kapitels einfach aus lasse. Schließlich habe ich als Leserin [url=http://www.bibliomaniac.de/texte/prim3/pennac2.htm#Das%20Recht,%20Seiten%20zu%20%FCberspringen]Rechte[/url]. *g*


    Gruß, Fevvers

    Hallo Nimue,


    Zitat von "nimue"

    1. Hat es euch viel gebracht, die Odyssee vorher zu lesen? Ist es unbedingt empfehlenswert oder nicht so notwendig zum Verständnis?


    Ja, es hat viel gebracht. Schon allein, weil es Spaß macht, die - mehr oder weniger - deutlichen Anspielungen auf die "Odyssee" und was Joyce aus ihnen gemacht hat, beim Lesen aufzuspüren. (Man ist bei dieser Lektüre dankbar für wirklich jedes "Aha!"-Erlebnis...) In der Sek.lit. wie dem Gifford wird zu Beginn eines jeden Kapitels die entsprechende Passage aus der "Odyssee" zusammengefasst, aber die Lektüre des Originals oder einer sehr guten Nacherzählung kann das natürlich nicht ersetzen. Sicherlich kann man den "Ulysses" auch so lesen, aber ich finde, man hat mehr davon, wenn man Homer kennt.


    Zitat von "nimue"

    3. Ihr gebt immer wieder Kapitel an, aber in meinem Ulysses finde ich keinerlei Kapitelüberschriften. Tituliert ihr aus dem Inhalt oder habt ihr andere Ausgaben?


    Die Kapitelüberschriften finden sich in den Schemata, die Joyce selbst nach Erscheinen des Buches erstellt hat. Zunächst wurden sie im Freundeskreis weiter gereicht, später von Lit.wissenschaftlern publiziert. Ich habe mir dieses ins Buch gelegt, und das hat sich als ganz nützlich erwiesen. Die Kapitelanfänge muss Du selbst suchen. :smile:
    Liebe Grüße, Fevvers

    Hallo alle zusammen,
    ich habe nun das "Rinder"-Kapitel beendet und es hat mir recht gut gefallen. Vor allem die am Mittelhochdeutschen angelehnten Passagen haben mich begeistert und meine Achtung vor dem Übersetzer abermals gesteigert. Wenn ich richtig gezählt habe, spielt Joyce darin mit insgesamt neun versch. Erzählstilen, das passt ja wieder wunderbar zum Thema Schwangerschaft. Alles in allem war ich dann aber auch froh, dass Mortimer Edward Purefoy endlich das Licht der Welt erblickt hatte.
    Im Augenblick machen sich bei mir ziemliche Ulysses-Ermüdungserscheinungen bemerkbar. Es ist nicht so, dass mich der Fortgang des Romans nicht mehr interessieren würde, aber irgendwie reicht es jetzt vom Umfang eigentlich schon. :zwinker: Wie geht es Euch?


    @ Ikarus: Schönen Urlaub, und ich glaube kaum, dass wir in den nächsten zwei Wochen durch sind, ich denke, bei mir dauert's bestimmt noch bis Bloomsday.


    Gruß, Fevvers

    Zitat von "Rainer"

    Also, liebe Mitleser, ich für mein Teil betrat ein Kapitel (Rinder des Sonnengottes), in dem meine Leidensfähigkeit als Leser bis aufs äußerste strapaziert wurde!


    Oh je! Ich scheine die letzte zu sein, die dieses Kapitel noch lesen muss (ab morgen). Mir persönlich graut aber vor "Circe", sowohl wegen des Inhalts auch auch wegen der Länge.
    Gruß, Fevvers

    Hallo,
    ich wollte mich mal wieder kurz melden. Ich hinke noch hinter Euch her, aber nach einer Pause macht mir der Text wieder viel Spaß. Z.B. das "Cyclops"-Kapitel.


    Das typische Kneipengeschwätz ist Joyce gut gelungen. Bob "Wer ist tot?" Doran ist eine herrliche Karikatur in dieser für einen Säufer natürlichen Umgebung, Bloom macht sich ständig lächerlich. Der Ich-Erzähler war anfangs gewöhnungsbedürftig, aber ich habe mir dann vorgestellt, dass der nach dem Aufruhr sofort in einen anderen Pub rennt, um dort die unerhörten Vorkommisse zu verbreiten. Da war's dann wieder stimmig.


    Den "Bürger" habe ich aufgrund seiner nationalistischen Äußerungen, seiner Sprache etc. genau wie ihr mit Irland gleichgesetzt. Ansonsten war für mich die Erzähltechnik das weitaus interessante. Die vielen Parodien von irischen Legenden, Mittelalterromanen oder solchen aus dem 19. Jdhtd., die die mittelalterlichen imitierten, Zeitungsartikeln (Gesellschafts-, Sportberichte usw.) ein Vergnügen. Ich fand sie ganz großartig gelungen, vor allem weil sie inhaltlich auf das eingingen, das vorher passierte oder erzählt wurde. Die satirische Beschreibung der auf einer Kieselsteinkette eingravierten Portraits erinnerte mich an die Schildbeschreibung Achills. Besonders gelacht habe ich bei den Berichten über die spiritistische Sitzung, die Försterstochterhochzeit oder zum Schluß über das Keksdosen-Erdbeben.


    Vom "Nausikaa"-Kapitel habe ich etwa die Hälfte gelesen, ich habe das Buch gestern Abend beiseite gelegt, weil ich ebenfalls sehr ernüchtert war. Darüber, dass Gertys Träumereien wohl unerfüllt bleiben werden, da sicherlich viele Blooms Ansicht teilen, dass ein körperlicher Makel bei einer Frau schwerer wiegt. Und über Blooms abfällige Bemerkungen über Frauen. Er ist mir endgültig unsympathisch geworden.
    Es wurde in diesem Kapitel nochmals der Hund "Garryowen" erwähnt, der schrecklich Köter aus dem Pub - habe ich das richtig verstanden: Gerty ist des Bürgers Enkelin?


    Eure letzten Beiträge habe ich überflogen und werde sie genauer nachlesen, wenn ich mit "Nausikaa" und "Rinder des Helios" durch bin.
    Liebe Grüße, Fevvers


    Zitat von "JMaria"


    In meinem Bekanntenkreis ist auch niemand der "Ulysses" gelesen hat. Ich würde aber zugern mal einen Treffen :teufel:


    Au weia! In dessen Haut möchte ich nicht stecken... :wink:

    Hallo liebe MitstreiterInnen,
    nach einer längeren Pause werde ich mir heute das "Cyclopen"-Kapitel vornehmen und versuchen aufzuholen. Ich bin gespannt, ob mir das "Nausikaa"-Kapitel genau so gut gefällt wie die über den Tod und das Essen. Damit wären dann wohl die zentralen Momente menschlichen Daseins komplett.
    Noch zum Thema akademische Bildung: Ich glaube nicht, dass es akademisch gebildete LeserInnen von vornherein leichter haben (wer hat schon noch solche Universalbildung?), manche von ihnen tun sich bestimmt eher schwer. :smile: Die kleben genau wie ich zu sehr an der Sek.lit, statt auf ihre eigenen Empfindungen zu hören, weil sie es nicht ertragen können, etwas nicht zu verstehen.
    Wenn es sich nicht gerade um Anglisten handelt, habe ich immer Zweifel, ob der "Ulysses" in den Regalen tatsächlich gelesen wurde oder eher eine intelektuelle Zutat sein soll, weil dem Roman ein entsprechender Ruf vorauseilt. Seit wir mit dem Lesen angefangen haben, haben sich die Zweifel verstärkt. Wenn man sich nur ein wenig damit beschäftigt, dann kann man doch einiges erzählen, über die wechselnden Erzähltechniken, über Leopold Blooms Tag in Dublin etc. Das kann aber kaum jemand. Viele derjenigen, die sich mir gegenüber als Ulysses-Leser ausgegeben haben, konnten noch nicht mal die Bezüge zu Homer erklären. Habt Ihr auch solche Erfahrungen gemacht?
    Gruß, Fevvers

    Zitat von "Steffi"

    Ich habe auch nicht verstanden, warum Stephen seine Shakespeare-Theorie verneint. [...] Auf jeden Fall hinterläßt er einen ratlosen Leser - ebenso ratlos wie Odysseus nach Circes Anweisungen.


    Halo Steffi,
    ich bin, wie immer, völlig fasziniert von Deinen Einsichten! Hinterhältliger Kerl, dieser Joyce, aber "Ratlosigkeit" erscheint mir Stichwort und Absicht zu sein.


    Gruß, Fevvers

    Hallo Maria,


    Zitat von "JMaria"

    Auch in diesem Kapitel ziehen sich zwischenmenschliche Beziehungen quer durch. Vater und Sohn, Mutter und Kind, Ehefrau und Ehemann, u.a. verpackt in Shakespeare-Stücken. Auch das religiöse, das jüdische darf nicht fehlen (Der Kaufmann von Venedig).

    Ich sehe Stephen genau wie Steffi als völlig vergeistigten Menschen, aber bei seiner Shakespeare-Theorie scheint er, wie schon in vorherigen Kapiteln, völlig beherrscht vom Konflikt mit seinem Vater, sodass er sogar eine "literarische Dreifaltigkeit" (Shakespeare, Geist, Hamlet) formuliert. Eininge Anspielunge habe ich erkannt, viele nicht, aber Gifford (wie üblich) hat die Zitatquellen angegeben. Joyce hat sehr viele Shakespeare-Dramen mehr oder weniger offensichtlich in diesem Kapitel untergebracht. Z.B. den "König Lear", dort geht es um das Verhalten eines alten Vaters zu seinen drei Töchtern, von denen nur eine loyal ihm gegenüber ist, was er aber erst spät erkennt. Frauen kommen bei William oft nicht gut weg, am deutlichsten wird das in "Der Widerspenstigen Zähmung". Klassische Shakespeare-Biographen behaupten, dass die Ehe von Anne Hathaway, die zudem noch älter war als er (Skandal!), nicht gut war und sein Werk beeinflusst hat. "Der Kaufmann von Venedig" hat einige üble antisemitische Züge. Als Pfand für ein Darlehen, verlangt der jüdische Kaufmann ein Pfund Fleisch aus dem Körper eines Schuldners, sollte dieser zahlungsunfähig werden. (Hintergrund für sein böses Gebaren ist eine Liebesgeschichte mit der Tochter.) Letztlich wird der Kaufmann aber ausgetrickst (wenn er auch nur ein Gramm mehr schneidet, ist er selbst des Todes, also verzichtet er auf die Eintreibung seiner Ansprüche) und alle sind wieder froh und munter.


    Zitat von "JMaria"

    Äußerlich gibt er aber ein kurzes NEIN von sich, als Eglinton ihn fragt ob Stephen von seiner eigenen Aussage überzeugt ist. Mit diesem knappen NEIN, war für mich plötzlich alles vorherige Gelesene in diesem Kapitel wie Leere Luft, unnützes Geschwätz.

    Das war wirklich der Hammer! Ich konnt's kaum glauben. :smile:


    Zitat von "JMaria"

    Nicht ganz begriffen habe ich das mit Hamlets Namensvetter "Hamnet".

    Hamnet war Shakespeares Sohn (immer vorausgesetzt, dass es ihn wirklich gegeben hat), der im Alter von 11 Jahren starb und in Stratford begraben liegt.


    Nicht begriffen habe ich den Inhalt des Telegramms, das Stephen geschickt hat. Was sollte das denn? Allerhand, hält die Verabredung nicht ein (wegen Haines Anwesenheit?), schickt aber ein Telegramm. Tssssss....


    Gruß, Fevvers


    PS: Bei Nimue ist der Frühling ausgebrochen.
    :sonne: :blume: :sonne: :blume: :sonne: :blume: :sonne: :blume: :sonne:

    Ich wollte ja noch etwas zu den "Lestrygonians" schreiben.
    Für mich war das ein ähnliches Kapitel wie "Hades", denn das Thema "Essen" (und z. T. auch "Trinken") wurde unter so vielen Aspekten behandelt: Hunger, Völlerei, Fasten, Delikatessen, Vegetarisches bis hin zur Armenspeisung. (Das angekettete Besteck, das erwähnt wird, gab es wirklich. Es handelte sich um einen Mittagstisch für Arme, das Besteck wurde an den Stehtischen befestigt.)
    Ferner fand ich bemerkenswert, dass wir den Wortlaut von Blooms Kontaktanzeige erfahren haben: Geschickte Schreibkraft gesucht, die Herrn bei literarischen Arbeiten hilft. ??? Ist das eine Verschlüsselung? Oder wollte Bloom sicher gehen, unverheiratete Frauen auf diesem Weg kennen zu lernen? Wie kann es dabei zu einem eindeutig erotischen Briefwechsel kommen?


    Noch eine Frage zum Kapitel "Irrfelsen", bevorzugt an die Katholiken unter Euch :engel: :
    Könnt Ihr mir die Sache mit dem "Fegefeuer" genauer erklären? Kommt dort jede verstorbenen Seele erst einmal hinein? (Mr. Dignams Sohn macht sich Gedanken über seinen verstorbenen Vater.)


    Gruß, Fevvers

    Zitat von "ikarus"

    Ich habe nicht nur höchste Bewunderung für Joyces Sprachkunst, sondern mindestens genau so viel für die Übersetzungsleistung Hans Wollschlägers.


    Das geht mir ganz genau so! Ich habe inzwischen das "Sirenen"-Kapitel beendet und dort gefielen mir die deutschen Wortspiele und Lautmalereien sehr gut, auch ohne das englische Original zu kennen.
    Auch sonst war es ein tolles Kapitel! Ich bin begeistert, und das nicht nur, weil die beiden Dubliner Sirenen zwei ordentliche Luder sind. (Stichwort Strumpfband und Zapfhahn! :redface:) Joyces Erzähltechnik soll dabei einer musikalischen Fuge entlehnt sein. Das ist für mich zwar nicht nachvollziehbar, da meine musikwissenschaftlichen Kenntnisse nicht ausreichen, aber es las sich - wider Erwarten - recht gut. Ich bin gespannt, wie Eure Eindrücke sind.
    Ich mache vorerst eine kleine Ulysses-Pause. Ich fahre über die Feiertage weg und als Reiselektüre brauche ich etwas leichteres.
    Gruß, Fevvers

    Zitat von "Steffi"

    Könnte es sein, dass es zu jedem Kapitel auch eine Wissenschaft gibt, so wie die Farben, die Organe usw. ? Pharmazie beim Lotus-Kapitel, äh leider fällt mir zu den anderen Kapiteln gerade nichts ein, ich glaube mein Gehirn trocknet aus ...


    Hallo Steffi,
    mach Dir keine Sorgen, Dein Gehirn arbeitet vorzüglich. :zwinker: In der Tat gehört zu jedem Kapitel auch eine Wissenschaft oder eine Kunst. Sie ist auch in den Schemata verzeichnet. Manchmal ist es recht offensichtlich, dann wieder nicht. Bei den "Laistrygonen" wundere ich mich über die "Architektur". Bloom wandert durch die Stadt auf der Suche nach einem Pub, in dem er essen kann, und dabei werden auch hin und wieder ein paar Gebäude erwähnt. Aber sonst? Ich wundere mich ferner, warum von VIII bis XII die Farben fehlen.


    I: Theologie
    II: Geschichte
    III:Philologie
    IV: Wirtschaftwissenschaft
    V: Botanik u. Chemie
    VI: Religion
    VII: Rhetorik
    VIII: Architektur
    IX: Literatur (natürlich!)
    X: Mechanik
    XI: Musik
    XII: Politik
    XIII: Malerei
    XIV: Medizin
    XV: Magie
    XVI: Navigation
    XVII: Wissenschaft (offenbar allgemein)
    XVIII: -


    Die vielen verschiedenen Personen, die auftauchen, machen mich auch ganz konfus. Im "Irrfelsen"-Kapitel wird es ganz wild. In vielen Fällen handelt es sich um Figuren, die bereits in den Geschichten aus Joyces "Dubliner" vorkommen. Genauso, wie man das meiste über Stephens Vergangenheit schon aus "Ein Porträt des Künstlers als junger Mann" erfahren kann. Ich habe gestern noch etwas darüber gelesen: Stephen sollte, so wohl der Wunsch der Familie, Priester werden. (Deshalb Mulligans ständige Anspielungen auf die kath. Messe oder den Jesuitenorden etc.) Er aber nicht, und so ist er zum Medizinstudium nach Paris aufgebrochen, was eigentlich nur ein Vorwand war, um als Künstler/Schriftsteller tätig werden zu können.
    Gruß, Fevvers