Beiträge von Knightley

    Hallo, JMaria,


    also wenigstens mir, der ich durchaus Jane Austen-"Fan" bin, hat dieser Film so sehr gefallen, daß ich ihn längst in meiner DVD-Sammlung habe.


    Bei Verfilmungen von Romanen gehe ich ganz selbstverständlich davon aus, daß sie bestenfalls Annäherungen an das Buch sein können - an eine "eins zu eins"-Umsetzung glaube ich nicht.
    Obwohl ich mir im Hinblick auf manche BBC-Verfilmung hier fast widersprechen muß - wenn Du Gelegenheit haben solltest, schau Dir doch mal die Verfilmung von "Pride And Prejudice" und von "Wives And Daughters" an (je Film allerdings fast 7 Stunden!).


    "Sinn und Sinnlichkeit" ist, so gesehen, auch nur eine Annäherung.
    Da ich "Sense And Sensibility" lange nicht mehr gelesen habe, vermag ich über die Stimmigkeit bis ins Einzelne nichts zu sagen.
    Getragen wird der Film, m.M.n., von der Darstellung einer überragenden Emma Thompson. Das war mir die Anschaffung der DVD allein schon wert.


    Gleichwohl würde ich mich freuen, wenn sich die BBC sich auch dieses Stoffes annehmen würde!!!


    MfG
    Knightley

    Harald hat, zu der Frage, braucht die Literatur Kategorien, geschrieben:


    Die Literatur nicht, aber wir. D.h. wirklich brauchen tun wir sie auch nicht, aber der menschliche Verstand ist nun einmal so beschaffen, dass er kategorisieren will.




    Hallo Harald, diesen Satz verstehe ICH nun nicht. WIR brauchen Kategorien (eigentlich) nicht, aber der Verstand ...?
    Muß ich daraus schließen, daß der Verstand eine VON MIR UNABHÄNGIGE "Materie" ist, die MICH beherrscht?
    Bisher war ich froh, wenn ich gelegentlich behaupten konnte, Verstand zu HABEN, ergo ihn zu beherrschen.
    In Deiner Antwort auf Danielas Post hast Du dann Kategorien genannt, die ich weit eher als die des "Klassikers" akzeptieren kann: Science Fiction, Märchen usw. Diese sind doch auch wesentlich deskriptiver als der Begriff "Klassiker". (Und beispielsweise gibt es dann ja auch SF-Klassiker).
    Science Fiction und dergleichen würde ich dann "konkrete" Kategorien nennen und "Klassiker" wäre dann eine "subjektive" Kategorie.
    Doch - nach wie vor - brauche ich sie? Wie wenig ist damit doch über ein Buch gesagt.


    Gleichwohl kann ich Deinen Erwiderungen im übrigen meinen Respekt nicht versagen, ganz besonders dort, wo Du einen Kanon als "Hilfe" bezeichnest - Zeitersparnis usw.


    Gerade in Deiner letzten Erwiderung hast Du, vielleicht besser, als ich es habe ausdrücken können, zusammengefasst, was ich MEINTE: ein Kanon ist sicher dann "unschädlich", wenn ich mich von seinen Vorgaben zu emanzipieren weiß.


    Mir machen nur solche Listen Sorge, die eine Lektüre als VERBINDLICH erklären mit der Zumutung, man MÜSSE dieses und jenes gelesen haben.
    Ähnliches habe ich in diesem Thread gelesen und hoffe in diesem Fall ganz aufrichtig, es mißverstanden zu haben. Wäre mir sonst eine zu elitäre Auffassung.


    Herzlich grüßt
    ALLE
    Knightley

    Ganz subjektiv: braucht die Literatur, außer für jene, die Literatur "irgendwie" zu ihrem Beruf gemacht haben, Kategorien?


    Ein Literaturkanon wirkt, meiner Erfahrung nach, gelegentlich nicht etwa "hinführend" zu einem Werk, sondern gerade umgekehrt auch "abweisend" von einem Werk.


    Nicht nur, daß ich immer häufiger in meinem Umkreis (leider!) die Erfahrung machen muß, als Lesender wie ein Vertreter der "unheimlichen dritten Art" angesehen zu werden - nach der Lektüre gefragt, das Buch besehen, heißt es dann, nicht selten, "oh, ein Klassiker, nein, das ist mir zu schwer".


    Die Unsinnigkeit solcher Gleichsetzung kann ich gemeinhin nur deshalb ausräumen, weil ich über das Buch wie über einen Freund, nicht aber über das Buch als Pflichtlektüre spreche.


    Ich fürchte manchmal, daß literarische Schubladen eher die Rezeption eines Buches verhindern statt sie zu fördern. Soll doch jeder Leser die Bücher entdecken, die ihn die Entdeckung wert erscheinen.
    Meint
    Knightley



    Muß mal gesagt werden: die, wie ich finde, bislang beste Literatursendung im Fernsehen. Hier wird über Literatur diskutiert und keine Selbstdarstellung betrieben. (Ändert sich hoffentlich mit dem neuen Moderator nicht!)

    Zitat von "Hubert"

    Hallo Knightley,


    die beiden Bücher kenne ich leider nicht, das zweite nicht mal dem Namen nach, zu Genanzinos Stadtstreicherroman „Ein Regenschirm ...“ kenne ich Kritiken von banal bis poetisch. Wer hat recht?


    Gruß von Hubert


    Hallo Hubert!


    Den Potocki habe ich vor, ich glaube, zehn Jahren zuletzt gelesen, lese ihn jetzt erneut. Laut Klappentext eine Art Mischung aus "Don Quijote" und den "Erzählungen aus Tausendundeine Nacht". Kann Dir mehr darüber gegenwärtig nicht sagen, ganz falsch ist diese Charaktersierung sicher nicht. Wurde in einer Literatursendung des Fernsehens als "leider relativ unbekanntes Stück Weltliteratur" bezeichnet.


    Über Genazino findest Du eine, wie ich finde, zutreffende Kritik in http://www.literaturkritik.de (Ausgabe 9/2003). Mußt Dich allerdings ein wenig durchzappen.


    Ich habe gerade gestern (12.1.) den Roman ausgelesen und rechne ihn zu jenen Büchern, die ich gewiß noch einmal lesen möchte. Wunderbare Beobachtungen, wunderbare Beschreibung einer menschlichen Innenwelt - ein bißchen erinnert es mich an die wunderbare Brigitte Kronauer.
    Vielleicht ja auch banal - aber wer Banalität in solcher Sprache beschreibt, hat meinen Zuspruch.
    Ich würde eine Leseempfehlung aussprechen - sind ja nur (170) Seiten, die, wenn es einem dann nicht gefallen hat, keinen besonderen Aufwand und keinen besonderen Zeitverlust bedeuten.


    Also vielleicht
    Viel Spaß ?
    Knightley

    Hallo Hubert!


    Zuerst: herzlichen Dank für Deinen Willkommensgruß!


    Jane Austen oder die Brontes?


    Ich habe von Jane Austen alles, von den Brontes "Sturmhöhe", "Jane Eyre" und "Die Herrin von Wildfell Hall" gelesen.


    Was mir als wesentlicher Unterschied auffällt: die Brontes waren entschieden radikaler in ihrem Werk - man darf ja die Zeit der Erstveröffentlichung ihrer Werke nicht aus den Augen verlieren.


    Eine derart unkonventionelle, rücksichtslose Liebesgeschichte wie "Sturmhöhe"/ die, wie ich gelesen habe, erste Beschreibung einer unter dem Alkoholismus des Mannes zerbrechende Ehe ("Wildfell Hall")/
    die Kritik an den Zuständen der Mädchenheime und mehr in "Jane Eyre" - das alles kann ich mir aus der Feder von Jane Austen nicht vorstellen.


    Aber: wie wunderbar ihre Romane. Durchaus keine Idyllen - stattdessen feine, ironisch begleitete Kritik an gesellschaftlichen Mißständen (z.B. diese furchtbare Notwendigkeit der Versorgungsehe für Frauen usw.), herrliche Beschreibungen menschlichen Dünkels und menschlicher Fehler mit hohem Wiedererkennungswert, mit Wirkung bis in unsere Zeit.
    Großartig auch sie.


    Ich gebe zu: ich liebe englische Literatur eben auch deshalb: weil sie Gesellschaftskritik und Beschreibung menschlichen Fehlens leistet OHNE Ideologie - es bleibt immer die Würde des Einzelnen bei aller Kritik erhalten.


    Aber: Jane Austen ODER die Brontes? Nein, sie alle. Für mich unverzichtbar.


    Herzliche Grüße
    Knightley


    P.S. Hoffentlich bin ich nicht zu geschwätzig!? :redface:

    Ich kann mich weitestgehend Fontanes Kriterien anschließen, außer: (a)


    daß ich mich daran störe, daß ein Roman überhaupt etwas "soll" - wird schon jeder Leser seine eigene Kriterien für den Sinn und Nutzen eines Romans haben


    (b)


    daß ein Roman nichts Häßliches und Aufregendes dann vielleicht auch häßlich und aufregend darstellen können soll.


    Lesen, so wünsche ich es mir, soll JEDES Gefühl ansprechen können:
    Begeisterung UND Ekel, Freude und Trauer usw.
    Oder was meint Ihr?

    hallo sandhofer,


    na klar stimmen wir bei Proust überein.


    Auch jene Kriterien, die ich als womöglich hinderlich für eine Rezeption dieses Werkes genannt habe: mich haben sie nicht gestört - Lesen darf ruhig auch mal "Arbeit" sein.
    War also eher ein Appell an künftige Leser, deshalb die Lektüre nicht aufzugeben, denn man wird durch das gesamte Werk als Leser eigentlich nur beschenkt!


    Beneide Dich allerdings, daß Du dieses Werk hast in der Sprache des Originals hast lesen können.


    Herzliche Grüße
    Knightley

    lieber sandhofer,


    eine zugegeben späte Reaktion auf deinen Post v.24.8.03: aber im Hinblick auf künftige Proust-Leser möchte ich Dir doch in einem Punkt widersprechen - so ganz leicht zu lesen ist Proust, finde ich, nicht.
    Seine Neigung zu endlos anmutenden Schachtelsätzen zwingt den Leser oft, zum Satzanfang zurückzukehren, um den Zusammenhang nicht aus den Augen zu verlieren. Dann gelegentlich seine extreme Detailbesessenheit bei Themen, die vielleicht nicht jeden interessieren: mögen dazu führen, daß man das Werk vorzeitig beiseite legt.


    Was schade wäre: denn ansonsten hast Du recht - ein wichtiges Buch - an anderer Stelle hab' ich es schon gesagt: vielleicht eines der Bücher, das man auf die einsame Insel mitnehmen sollte, denn eigentlich schreibt Proust über alles, was einem im Leben überhaupt begegnen kann. Jede denkbare Erfahrung, jedes Gefühl ... und alles in einer wunderbar-präzisen Sprache. "Auf der Suche nach der verlorenen Welt" beinhaltet, wie ich finde, den ganzen Kosmos unseres Lebens.

    Zitat von "nimue"

    Hallo? Liest eigentlich jemand außer mir an dem Buch? *grins*


    Ich bin inzwischen auf Seite hundert und völlig gefangen! "Jane Eyre" ist meiner Meinung nach kein Vergleich zu "Sturmhöhe". Die Charaktere sind nicht so eindimensional beschrieben und ich kann mich so richtig in Jane's Lage versetzen. Die Wut über die Ungerechtigkeit, die ihr widerfährt, und der Wunsch nach Liebe und Zuneigung. Sehr faszinierend finde ich auch die Beschreibung von Helen, die Charlotte Bronte ja nach dem Vorbild ihrer Schwester Maria geschaffen haben soll. Maria wurde ebenfalls in der Schule, in der die Mädchen waren, von einer Lehrerin getriezt. Die Dialoge zwischen Schülerin und Lehrerin sind laut meinem Anhang fast genauso geschehen. Dennoch wundert es mich, dass Helen alle Ungerechtigkeit so stoisch und gottergeben über sich ergehen lässt. Jane ist da schon mehr meine Kragenweite ;-)


    Liebe Grüße
    nimue



    Bin mir nicht sicher, ob mein Beitrag HIER an richtiger Stelle ist. Ich wage es trotzdem.
    Ich fühle mich nämlich genötigt, "STURMHÖHE" von Emily Bronte gegen "Jane Eyre" zu verteidigen.


    Als ich "Wuthering Heights" (klingt einfach schöner) las, war ich total verstört: wo denn, wenn nicht in diesem Roman, wären alle Irrwege, die die Liebe gehen kann, wäre eine obsessive Liebe beeindruckender geschildert worden, wenn nicht eben hier? Eine Obsession, die bis zur Grabschändung geht. Zwei Menschen, die keine Konventionen anerkennen wollen, statt dessen ihren ungefilterten Gefühlen nachgehen.


    Es geht ja nicht darum, zu werten, es geht nur darum, eine Ahnung zu bekommen, was (alles) möglich, denkbar, vorstellbar ist. Literatur als Darstellung von etwas Möglichem, nicht zwangsweise realem.


    Und welcher Mut - ein solcher Roman, geschrieben ZU JENER ZEIT und VON EINER FRAU. Gleichberechtigung gab es damals nicht - die Brontes haben ihre ersten literarischen Versuche unter einem männlichen Pseudonym veröffentlicht, weil sonst an eine Drucklegung gar nicht zu denken gewesen wäre!


    Ich denke, WEGEN des Themas des Romans kann es nicht darum gehen, die Hauptpersonen sympatisch oder unsympatisch zu finden - aber ich habe mir eine solche Biographie durchaus vorstellen können.
    Für mich eines der GANZ GROSSEN ROMANE!
    (Und dann lege ich Kate Bushs "The Kick Inside" in den CD-Player und höre "Wuthering Heights" - bekomme Gänsehaut und DURCHLEBE die ganze Verzweiflung der Catherine Earnshaw).


    Ansonsten, liebe nimue: "Jane Eyre" ist gleichwohl großartig.


    Ich hoffe, meine Leidenschaft für "Sturmhöhe" hat mich nicht Dir gegenüber unfair werden lassen. Das wäre nicht meine Absicht gewesen, deshalb


    Liebe Grüße
    Knightley

    Zitat von "Anonymous"

    Seit 26.9.2003 kein Eintrag mehr in diesem Thread? Warum eigentlich nicht?


    Ich schreib's trotzdem hier hinein: lese gerade "Ein Regenschirm für diesen Tag" von Wilhelm Genazino (zuhause) und am Arbeitsplatz* "Die Abenteuer in der Sierra Morena oder Die Handschrift von Saragossa" von Jan Graf Potocki.


    *in den Pausen natürlich!

    :redface: :redface: :redface: Sorry! Hatte vergessen, mich einzuloggen - war mein Beitrag ...

    mich vorgestellt zu haben.


    Bin 1952 geboren, gehe einem langweiligen, deshalb der Beschreibung nicht werten, Beruf nach ... und könnte eigentlich meine Signatur für mich sprechen lassen. Trotzdem einige wenige Worte:


    lese viel, höre noch mehr Musik. Wage trotzdem nicht zu behaupten, ich verstände von beiden Hobbies etwas.


    Sie sind schlicht Passionen, ohne die ich nicht auskomme.


    Aber auch über Dinge, von denen man nichts versteht, läßt sich ja trefflich reden, oder?


    Meine Lieblingsbücher? Jedes von Jane Austen, "Kein Ort. Nirgends" von Christa Wolf, alles, was ich bisher von Jean Paul gelesen habe und - ich habe es tatsächlich gelesen - "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" von Marcel Proust. Vielleicht eines der "Insel"-Bücher!??


    Musikalische Interessen: außer volkstümelnder, volkstümlicher Musik beinahe alles - was Emotionen weckt.


    Genug - erstmal - der Worte. Trotzdem freue ich mich schon auf regen Austausch!


    Herzliche Grüße unbekannterweise an ALLE - hoffentlich Wohlmeinenden! :smile: