Sind das klassiker???

  • Hallo!
    Kennt jemand von euch diese Bücher und weiss, ob sie klassiker sind oder ob sie keine klassiker sind aber trotzdem gut sind?


    1.Die Chronik der Sperlingsgasse von Wilhelm Raabe
    2.BEL AMI von Guy de Maupassant
    3.POLIKUSCHKA von Leo N. Tolstoj (Tolstoj würde ich schon als klassiker titulieren, aber sind wirklich alle Bücher der berühmten Autoren auch Klassiker?)
    4.DIE CAINE WAR IHR SCHICKSAL von Herman Wouk
    5.Mozart auf der Reise nach Prag von Eduard Mörike (von Mörike meine ich schon viel gutes gehört zu haben, aber ich weiss nicht mehr richtig)


    Vielen Dank
    :schmetterling:

  • Hallo zusammen!
    Hallo summer00!


    Zitat von "summer00"

    [...] ob sie klassiker sind oder ob sie keine klassiker sind aber trotzdem gut sind?


    :breitgrins: :breitgrins: :breitgrins:


    Zitat von "summer00"

    1.Die Chronik der Sperlingsgasse von Wilhelm Raabe
    2.BEL AMI von Guy de Maupassant
    3.POLIKUSCHKA von Leo N. Tolstoj (Tolstoj würde ich schon als klassiker titulieren, aber sind wirklich alle Bücher der berühmten Autoren auch Klassiker?)
    4.DIE CAINE WAR IHR SCHICKSAL von Herman Wouk
    5.Mozart auf der Reise nach Prag von Eduard Mörike (von Mörike meine ich schon viel gutes gehört zu haben, aber ich weiss nicht mehr richtig)


    1. Ist ein Klassiker und ist gut. :breitgrins: :breitgrins: :breitgrins:
    2. Guy de Maupassant ist ein Klassiker und ist im allgemeinen gut; Bel ami kenne ich aber nicht.
    3. Von Tolstoi ist alles lesenswert, imho.
    4. Unbekannte Grösse.
    5. Ist ein Klassiker und ist gut. :breitgrins: :breitgrins: :breitgrins:


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Zitat von "summer00"

    Hallo!
    Kennt jemand von euch diese Bücher und weiss, ob sie klassiker sind oder ob sie keine klassiker sind aber trotzdem gut sind?


    Hallo summer,


    Sandhofer hat mit seiner Bewertung natürlich recht und ich werde ihm auch in keinem Fall wiedersprechen. Aber vielleicht hilft es Dir wenn ich dir zeige, wie man eine solche Bewertung ganz einfach selbst vornehmen kann. Unter dem folgenden Thread hatte ich Dir ja mal erklärt wie man einen Klassiker erkennt, aber wahrscheinlich erinnerst Du dich gar nicht mehr daran, ist ja auch schon ne Weile her:


    http://www.klassikerforum.de/forum/viewtopic.php?t=748


    Wollen wir nun mal Deine fünf Bücher nach dieser Methode untersuchen:


    1.): Die Chronik der Sperlingsgasse von Wilhelm Raabe


    Raabe wird nicht der Literaturepoche Klassik zugerechnet, sondern dem Realismus. Raabe starb aber 1910, ist somit mehr als 70 Jahre tot und „Die Chronik der Sperlingsgasse“ wird immer noch gedruckt, also ein Klassiker



    2.) BEL AMI von Guy de Maupassant


    Guy de Maupassant war Franzose, zählt aber in Frankreich nicht zur klassischen Epoche der Literatur. Er ist aber 1893 gestorben, also mehr als 70 Jahre tot und „Bel ami“ wird immer noch gedruckt, also ein Klassiker


    Eine Diskussion zu dem Roman findest Du im übrigen hier:
    http://www.die-leselust.de/buch/maupassant_guy_belami.htm



    3.) POLIKUSCHKA von Leo N. Tolstoj


    Tolstoj war Russe und in Russland bildet er zusammen mit Dostojewskij die klassische Periode der russischen Literatur (wie Goethe und Schiller in Deutschland; in Russland liegt diese Periode aber zeitlich später als in anderen europäischen Ländern). Somit sind per se alle Werke von Tolstoj Klassiker, auch wenn sie nicht mehr gedruckt werden würden.


    Unabhängig davon werden aber Tolstojs Werke alle noch und immer wieder gedruckt. Bei Polikuschka handelt es sich um eine Novelle, die manchmal einzeln gedruckt wird, meist aber in einem gleichnamigen Sammelband zusammen mit anderen frühen Erzählungen von Tolstoj. (Tolstoj starb übrigens im gleichen Jahr wie Raabe)



    4.).DIE CAINE WAR IHR SCHICKSAL von Herman Wouk


    Hier handelt es sich um einen Kriegsroman (erschienen 1951), bei dem es um Meuterei auf einem Minensuchboot im 2. Weltkrieg geht. Bücher, die vom 2. Weltkrieg handeln können noch keine Klassiker sein. Herman Wouk lebt meiner Meinung nach sogar noch, obwohl er so um die 90 Jahre sein müsste, zumindest hat er in den 70er Jahren noch veröffentlicht, also kein Klassiker.


    Ist das Buch trotzdem gut?
    Dafür spricht: Wouk hat für diesen Roman mal den Pulitzer-Preis erhalten und es gibt eine gute Verfilmung mit Humphrey Bogart.


    Dagegen spricht: Ein Buch das Sandhofer nicht kennt? – also eher Finger weg, es sei den, du interessierst dich sehr für Minensuchboote im 2. Weltkrieg. :zwinker:


    Die ganze Zeit frage ich mich schon, wieso Du dich für fünf so unterschiedliche Bücher interessierst? Vielleicht sind sie irgendwo billig zu erhalten? In diesem Fall würde ich für dieses Buch, wenn es dich den interessiert, nicht mehr als € 0,01 anlegen, den zu diesem Preis wird es unter dem folgenden Link mehrfach angeboten:
    http://www.amazon.de/exec/obid…_lmi_/302-7863924-0235229



    5.) Mozart auf der Reise nach Prag von Eduard Mörike


    Mörike wird nicht der Literaturepoche Klassik zugerechnet, sondern dem Biedermeier. Mörike starb aber 1875, ist somit mehr als 70 Jahre tot und „Mozart auf der Reise nach Prag“ wird immer noch gedruckt, also ein Klassiker.



    Hoffentlich konnte ich etwas Klarheit in die Bewertung von Klassikern bringen. Ist das Verfahren für Dich nachvollziehbar?


    Gruß von Hubert

  • Hallo!
    Also ich konnte mich noch daran erinnern@Huber
    und ich finde deine Erklärung zu der Vorgehensweise ziemlich hilfreich. Vielen Dank
    Auch dir vielen Dank sandhofer :)

  • Hallo zusammen!


    Dann zählen also Hesse, Mann nicht zu den Klassikern??? Was sind sie dann? Trivialliteratur?


    Fragende Grüsse
    Aisha

    Einmal editiert, zuletzt von ()

  • Hallo zusammen!
    Hallo Aisha!

    Zitat von "Aisha"

    Dann zählen also Hesse, Mann nicht zu den Klassikern??? Was sind sie dann? Trivialliteratur?


    Wenn ich gerade meine ganz bösartigen Minuten hätte, würde ich Dir wohl antworten: Bei Hesse bin ich mir nicht ganz so sicher. :teufel: :teufel: :teufel:


    So aber überlasse ich anderen die Antwort. :breitgrins:


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Zitat von "Aisha"

    Dann zählen also Hesse, Mann nicht zu den Klassikern??? Was sind sie dann? Trivialliteratur?


    Hallo Aisha,


    also ich bin ja nicht unbedingt die begeisterte Schubladen-Steckerin, aber dass es zwischen Klassikern und Trivialliteratur noch allerhand Abstufungen gibt, möchte ich doch meinen! :zwinker:


    Salut,
    Bluebell

    "Date a girl who reads. Date a girl who spends her money on books instead of clothes. She has problems with closet space because she has too many books. Date a girl who has a list of books she wants to read, who has had a library card since she was twelve."

  • Zitat von "Bluebell"

    Hallo Aisha,


    also ich bin ja nicht unbedingt die begeisterte Schubladen-Steckerin, aber dass es zwischen Klassikern und Trivialliteratur noch allerhand Abstufungen gibt, möchte ich doch meinen! :zwinker:


    Salut,
    Bluebell


    Hallo Bluebell
    Welche? Und wo gehören die oben genannten hin??


    Sandhofer, da bin cih ja glücklich, dich in einem friedlichen Moment angetroffen zu haben ;) Ich muss gestehen, meine Meinung von Hesse war nciht immer die beste, doch das hat sich in den letzten WOchen sehr geändert...


    Gruss aus der Schweiz
    Sandra

  • Hallo allerseits
    Hallo Aisha


    Zitat

    Dann zählen also Hesse, Mann nicht zu den Klassikern??? Was sind sie dann? Trivialliteratur?


    Das war doch garnicht die Frage!!!


    Summer hat doch fünf Bücher angesprochen - und nur darum ging es in den Antworten - wenn ich die Diskussion richtig verfolgt habe :rollen:


    Ansonsten wäre ich auch für Dostojewski auf die Barrikaden gegangen :zwinker:


    kalte wochenendliche Grüße


    :winken:


    Daniela

    "Kunst und Unterhaltung sind verschwistert und keine Feinde." - John Irving

  • Hallo zusammen,
    hallo Aisha,


    Du hast gepostet:
    Dann zählen also Hesse, Mann nicht zu den Klassikern??? Was sind sie dann? Trivialliteratur?


    Die Frage ob ein Buch ein Klassiker ist oder Trivialliteratur kann man eigentlich nicht stellen, es gibt Bücher, die sind beides und es gibt Bücher, die sind beides nicht. Die Bücher von Hesse und Mann gehören zum Letztgenannten.


    Begründung:


    Bücher (im folgenden geht es nur um epische Literatur) kann man nach vielerlei Kriterien unterscheiden:


    1.) Nach Gattungen, also z.B. Erzählung, Novelle, Roman (mit wieder weiteren Unterteilungen), wobei die Grenzen hier oft nicht eindeutig sind.


    2.) Nach Themen, also Kriminalroman, Liebesroman usw. (Faustregel hier: je eindeutiger sich ein Roman einem solchen Thema zuordnen lässt, desto trivialer ist er; es gibt aber auch Ausnahmen von dieser Regel). Grosse Romane wie z.B. „Schuld und Sühne“ sind meist Themenübergreifend, also Liebesroman und Krimi und ...).


    3.) Nach dem künstlerischen Anspruch:
    a) Literatur i.e.S. (Dichtung): Hier finden wir m.M.n. Thomas Mann, Hesse, Dostojewski und viele andere
    b) Unterhaltungsliteratur i.e.S.
    c) Trivialliteratur


    Natürlich soll und will epische Literatur immer unterhalten, Dichtung geht aber m.M.n. darüber hinaus, will also neben der Unterhaltung noch mehr. Trivialliteratur ist eben seichte Unterhaltung. Natürlich sind hier die Grenzen fließend, was den einen köstlich unterhält, kann einem anderen zu trivial sein, was vielleicht für Sandhofer nur unterhaltend wäre, darin entdecke ich vielleicht eine mich verändernde Literatur.


    4.) Nach dem Alter:
    Hier gibt es eigentlich nur zwei Kategorien:
    a) Zeitgenössische Literatur
    b) Klassiker


    Na ja, dann gibt es noch die vergessene Literatur.


    Sowohl die Werke Thomas Manns als auch die Werke Hesses sind z.Zt. noch Zeitgenössische Literatur, egal ob man die übliche Grenze zieht (von oder nach 1900 entstanden) oder ob man meine Grenze nimmt (70 Jahre nach Tod des Autors). Mit Qualität hat das natürlich überhaupt nichts zu tun und ich bin ganz sicher, dass die Werke beider Autoren einmal Klassiker werden (nach meiner Methode, die Werke Manns in 21 Jahren und die Werke Hesses in 28 Jahren). Es gibt viele Indizien, die für diese Annahme sprechen.



    Zum Verständnis noch mal eine Rechenaufgabe:


    Auf die Frage: „Welche Art von Romanen lest ihr?“ antwortet


    A: 20% Klassiker, 20% Zeitgenössische Literatur, 20% Krimis, 20% Liebesromane und 20% Trivialliteratur


    B: 20% Klassiker, 80% Zeitgenössische Literatur, 20% Krimis und 20% Liebesromane


    Einer der beiden hat entweder von Literatur oder von Mathe keine Ahnung – A oder B?



    Elahub hat gepostet:
    Ansonsten wäre ich auch für Dostojewski auf die Barrikaden gegangen


    Hallo Daniela,


    Du brauchst für Dostojewski nicht auf die Barrikaden zu gehen. Nach meiner Vorgehensweise ist Dostojewski wie folgt zu beurteilen:
    a) Dostojewski ist 1881 gestorben, also mehr als 70 Jahre tot, seine Werke werden noch gedruckt, also Klassiker
    b) Eigentlich ist diese Betrachtung bei Dostojewski gar nicht nötig. Wie ich schon weiter oben in diesem Thread dargelegt habe, bildet Dostojewski zusammen mit Tolstoi die klassische Periode der russischen Literatur (die in Russland später war als in anderen europäischen Ländern), somit ist Dostojewski per se ein Klassiker und alle seine Werke, auch wenn sie nicht mehr gedruckt werden würden (was nicht zu erwarten ist) bleiben Klassiker.


    Gruß von Hubert

  • Zitat von "Hubert"

    Einer der beiden hat entweder von Literatur oder von Mathe keine Ahnung – A oder B?


    Darf ich raten? A ist der Banause! :breitgrins:
    Davon abgesehen, würde es nicht schaden, wenn B der Eindeutigkeit halber nach "80% Zeitgenössische Literatur" das Wörtchen "davon" einfügt ...


    Hab ich dein kleines Rätsel richtig interpretiert bzw. gelöst? :zwinker:



    Zitat

    ... Eigentlich ist diese Betrachtung bei Dostojewski gar nicht nötig. Wie ich schon weiter oben in diesem Thread dargelegt habe, bildet Dostojewski zusammen mit Tolstoi die klassische Periode der russischen Literatur (die in Russland später war als in anderen europäischen Ländern), somit ist Dostojewski per se ein Klassiker und alle seine Werke, auch wenn sie nicht mehr gedruckt werden würden (was nicht zu erwarten ist) bleiben Klassiker.


    Nun gut, wenn Dostojewski (mit Tolstoi) wirklich die klassische russische Literaturepoche bildet, dann kann ich dein "per se" umg'schaut stehen lassen.
    Aber du hast schon mehrmals geschrieben: wenn ein Autor während der Epoche der Klassik sozusagen aktiv war, gelten alle seine (in diesem Zeitraum) entstandenen Werke als Klassiker. In diesem Fall finde ich es aber wichtig hinzuzufügen, dass diese Definiton von "Klassiker" und deine andere (Autor mehr als 70 Jahre tot und Buch wird noch immer gedruckt) sich nicht unbedingt überschneiden müssen. Denn deine persönliche Definition (die ich besser finde) schreibt dem Buch schon ein gewisses Maß an literarischer Qualität zu - und das ist doch einer der ersten Punkte, an den man bei dem Begriff "Klassiker" denkt. Die andere Definition (die sicher genauso richtig ist, nur zielt sie eben auf andere, u.U. rein "zeitliche" Klassiker ab) meint ggf. auch das vor Kitsch und Banalität triefende Gedichtsbändchen eines Studenten des ausgehenden 18. Jhdts., der das Glück hatte, einen Verleger zu finden.


    Mamma mia, kann eigentlich irgendjemand meine gehirnwindungsverknotenden Haarspaltereien nachvollziehen? :elch:


    Salut,
    Bluebell

    "Date a girl who reads. Date a girl who spends her money on books instead of clothes. She has problems with closet space because she has too many books. Date a girl who has a list of books she wants to read, who has had a library card since she was twelve."

  • Zitat von "Bluebell"

    Darf ich raten? A ist der Banause! :breitgrins:
    Davon abgesehen, würde es nicht schaden, wenn B der Eindeutigkeit halber nach "80% Zeitgenössische Literatur" das Wörtchen "davon" einfügt ...
    Hab ich dein kleines Rätsel richtig interpretiert bzw. gelöst? :zwinker:

    ]


    Hallo Bluebell,


    Ja, natürlich hast Du mein Rätsel richtig gelöst und Deine Anmerkung das Wörtchen „davon“ betreffend zeigt, dass Du nicht geraten. sondern verstanden hast. Es wäre aber zu einfach gewesen, wenn ich „davon“ schon im Aufgabentext geschrieben hätte.


    „Meine“ Klassikerdefinition ist nicht vom Grundsatz her „meine“. Gerade ich bin ja ein Kämpfer dafür, dass man definierte Wörter nicht neu definieren darf. Nur dort, wo die Definition Fragen offen lässt gibt es m.M.n. ein Recht selbst genauer zu definieren. Da das Wort Klassiker lexikalisch definiert ist, kann man das nicht umdefinieren, anders ist es bei dem Definitionsteil „die Zeit überdauert“, da kann man natürlich streiten, was das heißt und da finde ich meine Definition „70 Jahre nach Tod des Autors“ besser als „1. Jahrhundert nach Erscheinen des Buches“


    Ich merke aber schon, dass ich das noch genauer ausführen muss, lies also noch meinen nachfolgenden Thread und sag' mir bitte, ob das dann verständlicher ist, was ich meine, und ob Du dich damit identifizeren kannst.


    Liebe Grüße


    Hubert

  • Ursprünglich waren Klassiker im antiken Rom Bürger der höchsten Steuerklasse, sogenannte „civis classicus“. (Danach wäre Bohlen eher ein Klassiker als Kafka :entsetzt: ). Seit dem 2. Jahrhundert wird das Wort bildlich auf hervorragende Schriftsteller angewendet (erstmals bei Gellius) Heute versteht man unter Klassiker Personen von kulturgeschichtlich großer Bedeutung und die Werke dieser Personen. Im engsten Sinn sind Klassiker die antiken Schriftsteller, deren Werke auch heute noch Bedeutung haben.


    Wenn wir im Klassikerforum von Klassikern sprechen, dann meinen wir damit in der Hauptsache Bücher. Damit wir hier zu einem einheitlichen Sprachgebrauch kommen, sollten /müssen wir uns an der lexikalischen Bedeutung orientieren:


    Nachfolgend zitiere ich deshalb Wahrigs Wörterbuch Deutsch und das Fremdwörterbuch zur Bedeutung des Wortes „Klassiker“, wobei die Unterschiede unbedeutend sind:


    'Klas|si|ker <m. 3> Vertreter der Klassik; Künstler od. Wissenschaftler, dessen Werke über seine Zeit hinaus als mustergültig u. als von bleibendem Wert anerkannt worden sind; die Werke selbst; die Klassiker


    Klas|si|ker <m.; -s, -> 1 Vertreter der Klassik 2 Künstler od. Wissenschaftler, dessen Werke über seine Zeit hinaus als mustergültig anerkannt worden sind 3 <Pl.> die Werke selbst


    Es sei mir erlaubt folgendes zu erklären:


    1. Da wir hier das Wort „Klassiker“ nicht für eine Person, sondern für ein Werk verwenden, ist die dritte Bedeutung „Die Werke selbst“ entscheidend.


    2. Mit „die Werke selbst“ ist gemeint, die Werke von 1. Vertreter der Klassik oder 2. von Künstlern, dessen Werke über seine Zeit hinaus als mustergültig und von bleibendem Wert anerkannt werden.


    3. Werke von Vertretern der Klassik sind in Deutschland die Werke von Goethe und Schiller, in anderen Ländern stimmt die klassische Periode der Literatur zeitlich nicht mit der „Weimarer Klassik“ überein, sie liegt in Italien, Spanien, England und Frankreich zeitlich davor, in Russland zeitlich danach.


    4. Neben diesen Klassikern im engeren Sinn, gibt es aber noch die Klassiker i.w.S., also Werke, die über ihre Zeit hinaus als mustergültig und von bleibendem Wert anerkannt werden.


    Die Entscheidung, ob ein Werk als Klassiker zu bezeichnen ist, hängt also in erster Linie davon ab, ob es die Zeit überdauert. Die Qualität, spielt zunächst keine Rolle, sondern das Überdauern von Zeit. Natürlich hat es ein Werk mit Qualität leichter, die Zeit zu überdauern (andererseit kann Qualität aber auch im Einzelfall hinderlich sein). Ein Buch und sei es von höchster Qualität, kann aber in seiner Zeit (Jahrhundert?) noch kein Klassiker sein.


    Allgemein war es bisher Konsens, dass ein Büch über seine Zeit hinaus als von bleibendem Wert anerkannt gilt, wenn es 1. Jahrhundert nach Erscheinen noch gedruckt wird, m.M.n., die ich gerne erläutern kann, ist eine Grenze 70 Jahre nach Tod des Autors (weil dann das Urheberrecht erlischt) ein besseres Indiz. Diese zeitliche Grenze ist natürlich diskussionsfähig, nicht aber, dass ein Klassiker, seine Zeit überdauert haben muß, das Buch einen zeitgenössischen Autors, also kein Klassiker sein kann. .


    Auch die Frage, wer den in Italien, Spanien, England, Frankreich, Russland literarischer Vertreter der Klassik ist, können wir gerne mal diskutieren. In Deutschland denke ich, stehen Goethe und Schiller über jeder Diskussion.

  • Die folgenden Zitate, stammen aus diesem Thread:
    http://www.klassikerforum.de/f…wtopic.php?t=321&start=15


    Zitat:
    Bisher war nach meinem Verständnis ein Klassiker ein Buch, das zum einen schon einige Jährchen auf dem Buckel hat und zum anderen einem sehr hohen Qualitätsmaßstab genügen muß. Ich bin aber in Sachen Literaturwissenschaft absoluter Laie und daher habe ich vielleicht auch ein laienhaftes Verständnis für den Begriff Klassiker. Gibt es denn eine Definition für den Begriff?
    Peter


    Hallo Peter,


    Dein Verständnis für den Begriff Klassiker ist ja im Ansatz richtig. Nur reichen halt 37 Jahre auf dem Buckel, wie bei „Hundert Jahre Einsamkeit“ nicht aus. (Genaue Definition siehe vorhergehendes Posting) Und den hohen Qualitätsmaßstab möchte ich auch in Frage stellen, nicht bei „Hundert Jahre Einsamkeit“ aber bei einigem das seit mehr als 100 Jahre gedruckt wird, und allgemein und unbestritten als Klassiker gilt. Wer will eigentlich festlegen, was Qualität ist, nicht mal Sandhofer und ich, können uns hier im Forum darüber einigen, aber was nach 100 Jahren noch gedruckt wird, wird schon irgend jemand gefallen, es müssen ja nicht alle den gleichen Geschmack haben.


    Enderlin hat gepostet:
    ich will hier keine grundsatzdiskussion lostreten
    aber soweit ich weiss - ist alles bereits vergangene "klassisch"


    Hallo Hr. Enderlin,


    wenn vergangen und vergessen, dann nicht


    wenn man im volksmund damit mindestens hundert jahre alte bücher meint - oder lediglich opern + operetten dann ist das auch gut, aber nicht richtig


    Wenn man einen Qualitätsmaßstab zu Grunde legen würde, müsste ich den meisten Operetten den Zusatz „klassisch“ absprechen und Opern gibt es nicht nur klassische, sondern auch sehr moderne.



    Ich bilde mir ein, in der Schule einmal gelernt zu haben, dass der Wert von etwas "Klassischem" von Modeströmungen unbeeinflusst bleibt, und dass es niemals seine Aktualität, seinen Bezug zum Hier und Jetzt verliert. (Bluebell)


    Hallo Bluebell,


    dass man etwas in der Schule gelernt/in der Zeitung gelesen/im Radio gehört/im Fernsehen gesehen hat, ist allein noch kein Beweis dafür, dass das auch richtig ist. :zwinker:
    Im Ernst, der von dir zitierte Gedanke ist natürlich grundsätzlich nicht falsch. Nur, wenn ich es drauf anlegen würde, könnte ich Dir einige anerkannte Klassiker nennen, bei denen es Dir nicht gelingen würde, mich vom Bezug zum Hier und Jetzt zu überzeugen.


    Solche Definitionen, können für den privaten Gebrauch sehr schön sein, wie das o.a. Zitat von Calvino (bei mir leider immer noch Calvano :entsetzt: ), oder das folgende von Ezra Pound „Ein klassisches Werk ist klassisch kraft einer gewissen ewigen und nicht kleinzukriegenden Frische“ (frei zitiert), für eine allgemeingültige Definition taugen sie nichts. Sonst müsste man auch die folgenden Zitate gelten lassen:


    Ein großer Klassiker ist heutzutage ein Mann, den man loben kann, ohne ihn gelesen zu haben.(Gilbert K. Chesterton)


    Klassiker: einer, der uns nicht mehr davon in Kenntnis setzen kann, dass er die Ansichten, auf die wir uns berufen, längst geändert hat.(Gabriel Laub)


    Liebe Grüße


    Hubert

  • hallo hubert


    Zitat

    wenn vergangen und vergessen, dann nicht


    wenn wir darüber sprechen (über ein werk) ist es scheinbar nicht vergessen



    lg enderlin


    max frisch ist tot - ist sein werk eher klassisch oder mehr zeitgenössisch


    oder gibt es dafür einen eigenen ausdruck?

    mein lieblingsbuch deutscher sprache: mein name sei gantenbein
    <br />mein nicht deutsches lieblingsbuch: der englische patient

  • Hallo Hr Enderlin,


    Deine Beispiele sind gut, und an einem Beispiel kann man vieles einfacher erklären, als nur in der Theorie.


    1. Wann ist ein Werk vergessen?


    Wenn wir beide uns über ein Buch des 19. oder 18. Jahrhundert unterhalten, das wir beide in einer Buchhandlung gekauft haben, dann hast Du recht, ist dieses Buch nicht vergessen und wir können von einem Klassiker sprechen unabhängig ob das Buch unseren künstlerischen Ansprüchen genügt.


    Wenn ich ein Buch des 18. Jahrhunderts auf dem Speicher finde, das seit hundert Jahren nicht mehr gedruckt wurde und ich suche übers Internet einen der das Buch auch kennt und finde zufällig Dich, der vielleicht dieses Buch vom Großvater geerbt hat und wir unterhalten uns darüber, dann ist das noch kein Klassiker, weil wir beide vielleicht die zwei einzigen Menschen sind, die das Buch noch oder wieder kennen.


    Wie viele Menschen müssen ein Buch kennen, damit es als nicht vergessen gilt? –
    Na ja, m.M.n. kann man hier keine Zahl festlegen, aber wenn ein Verlag nicht mehr bereit ist ein Buch zu drucken, dann kann man davon ausgehen, dass das Buch zu wenig Menschen interessiert, um als Klassiker zu gelten. Das Werk hat dann, die Zeit nicht überdauert, auch wenn es einige Literaturwissenschaftler o.ä. gibt, die das Buch kennen und sich vielleicht auch darüber austauchen.


    2. Ist der tote Max Frisch ein Klassiker?


    Immer noch gedruckte Bücher sind m.M.n. zeitgenössisch oder Klassiker. Dazwischen gibt es eigentlich keine Abstufung. Die Grenze zwischen diesen zwei Begriffen ist nicht lexikalisch festgelegt. Allgemein üblich ist, Bücher die vor 1900 erschienen sind, als Klassiker zu bezeichnen, Bücher die nach 1900 erschienen sind als zeitgenössische Literatur. Da man diese Grenze nicht ewig aufrecht halten kann, beginnt man jetzt Bücher die älter als 100 Jahre sind, als Klassiker zu bezeichnen, diese Grenze ist aber m.M.n. willkürlich und hängt mit unserem Dezimalsystem zusammen, deshalb finde ich eine Grenze „70 Jahre nach Tod des Autors“ besser, weil dann das Urheberrecht an dem Buch erlischt und sich herausstellt, ob es ohne Protektion des Verlags überlebt.


    Max Frisch ist sowohl nach der allgemeinen Auffassung (100 Jahre) als auch nach meiner Grenze (70 Jahre tot) noch kein Klassiker. Da er erst 1991 gestorben ist, fällt es uns ja auch nicht schwer von einem Zeitgenossen zu sprechen. Sein Werk ist eindeutig "zeitgenössische Literatur". Mit der Qualität seiner Werke hat dies natürlich nichts zu tun.


    Gruß von Hubert

  • Hallo zusammen!


    Meinerseits - und in Anlehnung an Arno Schmidt - spreche ich bei Autoren wie z.B. Frisch lieber von Hochliteratur. Dies genau im Sinne von hochstehender Literatur, die nach Ablauf einer gewissen Frist in eine Art 'Weltkulturerbe' übergehen kann. Die genaue Dauer dieser Frist - ob nun 50 (wozu ich tendiere), 70 oder 100 Jahre - spielt an und für sich keine Rolle - ausser, dass 50 sicher eine untere Grenze ist -, da dieses literarische 'Weltkulturerbe' sowieso ständigen Revisionen unterzogen wird. Wer z.B. kennt oder liest heute noch Carl Spitteler oder Paul Heyse - beides Autoren, die mal zum Grundstock bürgerlicher Kultur gehörten, in keiner Bibliothek fehlen durften, bei denen man künftige Klassiker erwartete, die sogar den Nobel-Preis für Literatur erhielten ...


    Frisch also: noch kein Klassiker, aber doch Hochliteratur.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • also hier eine literaturwissenschaftliche definition nach gero von wilpert "sachwörtebuch der literatur", stuttgart, 1989, s.457.


    Klassiker, die Vertreter der->Klassik oder allg. die größten Dichter e. Nation, die in die Weltlit. Hineinragen und deren Werk durch vollendete Gestalt mustergültig sind; in dt. Lit. noch ausgedehnt auf die hervorragenden Dichter des 18.Jh. als Wegbereiter der Klassik, also nebem Goethe und Schiller noch Klopstock, Herder, Wieland und Lessing infolge ihrer gemeinsamen Rückbeziehung auf die Antike. Heute ist der Begriff bes. durch die billigen >K.<-Ausgaben fast aller druckfreien Dichter sehr ungenau geworden und bezeichnet je nach dem Knotext: 1. Autoren der antiken griech. und röm. Lit., - 2. an den antiken Mustern, Themen und Ideen orientierte mod. Autoren, - 3. Autoren der jeweiligen nationalen -> Klassik, - 4. erstrangige mod. Autoren allg. oder - 5. Bahnbrechende, mustergültige Autoren e. Gattung (>K. des Krimminalromas<), und übertragen - 6. mustergültige, wegweisende Künstler anderer Bereiche: K. des Rock, des Stummfilms usw., fälschlich auch auf die Werke selbst.


    also streng genommen sind klassiker, goethe und konsorten, also die schriftsteller, die die periode der klassik begründet oder vorbereitet haben. es wird allerdings auch klar, das ein definitionswirrwar herrscht, z.b. ist nicht das todesdatum dafür verantwortlich wann ein klassiker ein klassiker ist. diese 70 jahre, sind vielleicht für verlagsgesellschaften eine grenze, da sie nach dem erreichen dieser grenze richtig absahnen können.
    aber generell hat dies ja nichts mit der qualität des werk zu tun. und meiner meinung nach kommt es auf die qualität an, wenn ein buch schon zwei generationen begeistert, dann ist es ein klassiker, z.b. die blechtrommel. auch wenn g.g. noch lebt ist er doch schon ein klassiker. ebenso würde ich frisch, hesse, die manns, brecht, tucholsky und viele andere als klassiker bezeichnen.


    in der englischen literatuwissenschaft ist der begriff "a classic" auch ehr so definiert. M.H. Abrahams, ein führender amerikanischer literaturwissenschaftler bezeichnet mann, nabokov, proust und andere als classics. weiter muß dazu erwähnt werden, die klassik hatte in anderen ländern auch nicht den stellenwert der ihr in deutschland zuteil wurde, in der englischsprachigen literatur war die neoclassic eine etwas "wage" periode, in welcher auch schriftsteller wie melville, poe, thoreau schriben.


    also es ist wie so oft, wenn man sich nicht 100% an die definition hält, wird es eine ansichtssache, wobei mir das gut gefällt, den ich mag autoren wie mann oder hesse lieber als den klassiker goethe.


    grüße
    alex