Was lest ihr gerade?

  • Ist das wirklich so ein Suchtmittel? Den halben ersten Band habe ich bis jetzt gelesen, die erste Staffel gesehen, und ich gebe zu, mich hat es schon beeindruckt, wie intelligent sich Fantasie schreiben lässt (sogar ohne pH). Martin erinnert mich etwas an Lem, der SF dann für gut hielt, wenn sie sich im Gründe mit der Gegenwart und ihren Problemen auseinander setzt.
    Trotzdem saugt mich seine Geschichte nicht so auf, wie es zuletzt "Der Nazi & der Friseur" getan hat.

  • Meiner Ansicht nach ist Game of Thrones etwas Neues. Martin schafft eine Welt, in der es nicht Gut und Böse gibt so wie in vielen anderen Fantasy Serien. In den meisten Serien haben wir auf der einen Seite die Guten, auf der anderen die Bösen und dazwischen gibt es zwei, drei Figuren die graue Schattierungen haben. Aber im Grunde sind alle in Schubladen gesteckt.


    Hier nimmt man als Leser auch die Titulierungen Gute und Böse vor, aber man merkt sehr schnell: jeder Gute hat seine Schattenseiten und jeder Böse hat auch etwas an sich das ihn sympathisch macht. Und die Figuren entwickeln sich extrem weiter. Zudem habe ich im Laufe der Serie Figuren lieb gewonnen, die mir im ersten Teil total verhasst waren. Aber wenn man ihre Geschichte kennt und die Beweggründe dahinter warum sie manche Dinge tun wird vieles klarer.


    Außerdem schafft es Martin hier eine Welt zu erschaffen in der es mal Wesen wie Drachen gegeben hat, die sind aber vor langer Zeit verschwunden und keiner glaubt mehr an sie. Genausowenig wie an die weißen Wanderer, die jenseits der Mauer leben und dort ihr Unwesen treiben. Diese Fantasy-Elemente werden im Laufe der Serie versteckt, aber nie so dass sie überhand nehmen.


    Der erste englische Band dient im Grunde zur Einführung der Figuren, in Band 2 und 3 geht es dann richtig zur Sache. Band 4 ist der schlechteste der Reihe und in Band 5 geht es dann wieder rund. Im deutschen sind es ja 10 Bände. Die Fernseh-Serie orientiert sich in der Staffel 1 und 2 sehr nah an den Büchern. Staffel 3 beinhaltet im Grunde die erste Hälfte des englischen Buches, zieht aber auch einiges aus Band 4 vor, zum besseren Verständnis für den Zuschauer. Staffel 4 wird gerade gedreht.


    Was mich an der Buchserie aber besonders fasziniert: Keine Figur ist sicher. Das hat Martin schon im ersten Band bewiesen indem er eine der sympathischsten Figuren am Ende sterben lässt. Und in dem Credo geht es weiter. Niemand ist sicher - nicht einmal scheinbar wichtige Hauptfiguren :breitgrins:


    Katrin


  • Leider?


    Die Romanserie ist schon gut und schön differenziert, aber eben von einem gewaltigen Umfang. Ich habe im Frühjahr erst damit begonnen und weil es so spannend ist, kann ich mich kaum lösen, um etwas anderes lesen. Nun hab ich's aufgegeben, dagegen anzukämpfen und lese einfach am Stück alles zu Ende, dann hat's eine Ruhe und ich kann mich wieder anderen Dingen zuwenden.
    Die Fernsehserie ist auch ordentlich gemacht, aber das Romanwerk ist schon etwas Anderes.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Den ersten deutschen, auch den amerikanischen Band, habe ich auf dem Kindle. Reiselektüre, was bedeutet, ich lese nicht so oft und "Wölfe" von Hilary Mantel muss ich auch noch auf dem Kindle auslesen, bevor ich Martin weiterlesen kann.
    Ich beantrage aber, dass man jedem, der die 10 Bände Martin in einem Stück liest (oder auch nur den Gedanken hegt) den Titel Klassikleser aberkennt.


  • Ich beantrage aber, dass man jedem, der die 10 Bände Martin in einem Stück liest (oder auch nur den Gedanken hegt) den Titel Klassikleser aberkennt.


    Somit ist meiner aberkannt :breitgrins:


    Ich hab dazwischen zwar anderes gelesen, aber nur aus dem Grund weil ich manchmal ein paar Tage warten musste bis der nächste Band in der Bib verfügbar war.


    Katrin


  • Ich beantrage aber, dass man jedem, der die 10 Bände Martin in einem Stück liest (oder auch nur den Gedanken hegt) den Titel Klassikleser aberkennt.


    ... oder als Buße mindestens 10 ähnlich umfangreiche Klassiker am Stück auferlegt ... :breitgrins: :breitgrins:


    Ich habe früher ab und zu auch gerne Fantasy gelesen (Tolkiens Gesamtwerk blieb aber immer unerreicht) und habe - neugierig wie ich nun einmal bin - in einen Band von Martin reingelesen. Ich glaube, es war sogar der erste. Nach zwei oder drei Seiten hatte ich schon keine Lust mehr. Den Inhalt kann ich natürlich nicht beurteilen, aber an der Sprache, an dieser Art des Erzählens habe ich mich wohl irgendwann "satt" gelesen. Dann war das Thema für mich erledigt.


    Darüber bin ich froh: So viel der raren, so kostbaren Lesezeit für eine ganze Fantasy-Serie verwenden ... Irgendwie gruselig der Gedanke! :zwinker:


    Ich schweife gerade immer mal wieder ab ... mit "Tristram".


    Gruß, Gina

  • Ich habe als Teenager Fantasy geliebt und sie nacheinander verschlungen. Irgendwann hatte ich mich dann satt gelesen und konnte teils nicht mal mehr sagen ob ich dieses oder jene Buch schon gelesen habe, weil sich die Geschichten so verdammt ähnlich waren.


    Dann bin ich zu anderen Genres ausgewichen, aber bei Martin mache ich definitiv eine Ausnahme. Das ist Fantasy vom Feinsten. Ansonsten bleibe ich bei meinen Krimis und Thriller. Die sind spannender, wobei mich auch derzeit wieder Bücher aus dem Bereich Science Fiction fesseln können.




    ...oder als Buße mindestens 10 ähnlich umfangreiche Klassiker am Stück auferlegt ... :breitgrins: :breitgrins:


    Da hätte ich ja sogar schon welche im Auge. :breitgrins:


    Katrin

  • Da hätte ich ja sogar schon welche im Auge. :breitgrins:


    Viel Spaß beim :lesen: und "Buße tun" :zwinker:


    Einen "Krimi-Schub" hab ich auch einmal im Jahr, dann les ich 2 oder 3 Agatha Christie hintereinander und das war's dann wieder für eine Weile.


    Im Moment les ich neben dem Tristram noch einen Wodehouse, wieder einen Blandings-Roman - "Ein Pelikan im Schloß".


    Gruß, Gina


  • Ich beantrage aber, dass man jedem, der die 10 Bände Martin in einem Stück liest (oder auch nur den Gedanken hegt) den Titel Klassikleser aberkennt.


    Du kannst mich ja dann aus der Liste der Mitglieder entfernen, von denen du etwas lesen möchtest, damit kein Schatten auf die reine Lehre fällt :zwinker:!

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • @Gina: Ein nettes erhellendes Buch, was den Wodehousekonflikt betrifft. Die ersten beiden Radioansprachen habe ich bis jetzt gelesen - er beschreibt in seiner naiv trolligen Art eigentlich nur seine Zeit in den Intenierungslagern, als wäre er in einem Ferienlager gewesen, keinerlei direkte Propaganda oder Anzeichen einer politischen Haltung kann ich erkennen. Gespannt bin ich auf die Verteidigungsschrift von Orwell (ich mag den Kerl).


    Jaqui,finsbury: Von Eliminierung war nicht die Rede (das Forum scheint sich ja selbst zu eliminieren und es braucht auch Abweichler um das vielleicht noch aufzuhalten)! Gina hat ja schon ein Bußkonzept vorgeschlagen. Bei Vorlage eines Attests genügt aber auch eine Erzählung von Stifter.


  • Jaqui,finsbury: Von Eliminierung war nicht die Rede (das Forum scheint sich ja selbst zu eliminieren und es braucht auch Abweichler um das vielleicht noch aufzuhalten)! Gina hat ja schon ein Bußkonzept vorgeschlagen. Bei Vorlage eines Attests genügt aber auch eine Erzählung von Stifter.


    Ja, ja, jetzt wieder weich werden :breitgrins:


    Mir gefällt Ginas Idee besser, wäre zumindest für mich eine ganz schöne Herausforderung :winken:
    Aber von Stifter hätte ich sogar was anzubieten: Bergkristall. Im Reclam Heft hat das gerade mal 77 Seiten. Und die Geschichte scheint ja sehr berührend zu sein, vielleicht lese ich das tatsächlich jetzt.


    Katrin


  • Lost: Vielen Dank für Deine erste Einschätzung! Das hört sich bisher sehr nach dem gewohnten Wodehouse-Ton an ... Ich bin schon gespannt und werde mir das Buch in den nächsten Tagen besorgen.


    Gruß, Gina


    Gerne. Die Ansprachen machen aber nur einen kleinen Teil des Buchs aus. Es gibt ein Kapitel über die Vorgeschichte, eines über die Folgen und einiges mehr (von Wodehouse selbst: Wodehouse im Wunderland). Das Buch ist übrigens schön gemacht. Freu dich darauf.

  • Leider? Das ist die beste Fantasy-Serie die ich kenne. Ich habe kürzlich den letzten Band beendet und hoffe nun, dass Martin endlich weiter schreibt.


    Katrin



    ich bin in Versuchung, die Serie auszuprobieren !

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • In gewissem Sinne auch eine Serie. Thomas Mann: Die Joseph-Tetralogie.


    Schon der Einstieg ist hochinteressant, weil aus dem biblischen Motiv keine religiöse, sondern eine kulturgeschichtliche Fabel entwickelt wird, die sich wie eine Sittengeschichte des vorderen Orients lesen lässt. Der Gott der Bibel tritt, wie alle konkurrierenden Götter, nur in der psychologischen Spiegelung der Personen auf. Und man kann verfolgen, wie sich Jahwe aus heterogenen Elementen heidnischer Gottheiten erst mühsam herausschält.

  • In gewissem Sinne auch eine Serie. Thomas Mann: Die Joseph-Tetralogie.


    Hm ... vielleicht sollte man die Leute mit so was ködern. Die Josephs-Tetralogie als Fantasy-Serie verkaufen. Damit würden die Umsätze unserer Klassiker sicher ins Unermessliche steigen ... :breitgrins:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus