Was lest ihr gerade?

  • Philip K. Dick, Ubik (Ubers. Laux/Martin/Langowski)
    Wundervolle Ideen, wie eine Münztür, die den Protagonisten runterputzt. Oder die Rechtfertigung für das Zurückbilden der Dinge in ihre Entsprechungen aus den Jahrzehnten zuvor mit Platons Universalien. Oder auch die Leichtigkeit, mit der Fragen nach Leben und Realität gestellt werden.


    Irvin F. Yalom: Und Nietsche weinte (Übers. Strätling)


    Gustave Flaubert, Madame Bovary (Übers. Techtmeier)
    Großartiges Buch. Das Elend des Vernunftbürgers. Und davon bedingt, das des Romantikers.
    Auch die Übersetzung ist gut lesbar. Die Dialoge sind oft mit Ausrufezeichen angereichert, damit sie lebendig wirken. Ich frage mich, ob das eine Eigenheit der Übersetzung oder auch im französischen Original zu finden ist.


  • Im Bild [kaufen='3857913843'][/kaufen] ist es nicht, wie ich einen Moment lang vermutet habe, so, dass hier Band 4 gelb wäre, und nicht Band 1, wie bei meinem Exemplar: Es ist tatsächlich so, dass das Glauser-Porträt nur stimmt, wenn ich die vier Bände in verkehrter Reihenfolge aufstelle, also Band 1 ganz rechts statt ganz links. Absicht? Irrtum? Jedenfalls witzig ...


    Wo hast Du den Witz mit dem Bücherwurm her? Vor vielen Jahrzehnten habe ich irgendwo davon gelesen und stelle seitdem alle meine mehrbändigen Bücher (viele sind's nicht) immer so auf, dass ein Bücherwurm - zu denen ich mich zähle - möglichst viel, sprich alles, hat. Dass das ein Verlag auch tut, sollte eigentlich klar sein, jedenfalls "verkehrt" ist alles andere :-)

  • Hallo,


    ich habe vergangene Woche die Werke von Joseph Conrad erstanden (endlich, endlich) und bin verblüfft - weil, das ist ein Autor in den seinen Werken eine seltsame dichte, psychologische Atmosphäre webt und schwebt und Erzählen kann der Mann (er kannte wohl die Menschen sehr gut).
    Und da wir gerade bei der Psychologie sind, ich habe mir einen Krimi aufschwatzen lassen - Pierre Frei, Onkel Toms Hütte Berlin. Also, wer gerne einmal einen wirklich guten Krimi lesen möchte, der zugleich auch eine sehr gut gelungene Milieustudie aus den chaotischen Wirren des Nachkriegsberlin ist, dazu auch noch voller Spannung und Seltsamkeiten, auch sehr prosaisch gelungene "Anteile" vorzuweisen hat, wenn man das einmal so sagen darf, der sollte sich dieses Buch dann unbedingt gönnen, es lohnt sich.


    Liebe Grüße


    Peter


  • ich habe vergangene Woche die Werke von Joseph Conrad erstanden (endlich, endlich) und bin verblüfft - weil, das ist ein Autor in den seinen Werken eine seltsame dichte, psychologische Atmosphäre webt und schwebt und Erzählen kann der Mann (er kannte wohl die Menschen sehr gut).


    Hallo, Peter,


    "Herz der Finsternis" ist wirklich klasse. "Der Geheimagent" liegt auf meinem ungelesenen Stapel (rückt aber mittlerweile immer weiter nach oben ...).


    Viel Spaß mit J. Conrad wünscht


    Sir Thomas

  • Hallo Peter,


    mit dem - Herz der Finsternis will ich dann auch den Anfang machen. Mal sehen was sich daraus dann so alles ergibt.


    "Herz der Finsternis" hat mich auch begeistert. Die Geschichte ist wie ein spiralförmiger Sog. Eine Szene im Kongo hat mich irgendwie an Dantes Göttliche Komödie erinnert.


    Zitat von "Vult"


    Und da wir gerade bei der Psychologie sind, ich habe mir einen Krimi aufschwatzen lassen - Pierre Frei, Onkel Toms Hütte Berlin. Also, wer gerne einmal einen wirklich guten Krimi lesen möchte, der zugleich auch eine sehr gut gelungene Milieustudie aus den chaotischen Wirren des Nachkriegsberlin ist, dazu auch noch voller Spannung und Seltsamkeiten, auch sehr prosaisch gelungene "Anteile" vorzuweisen hat, wenn man das einmal so sagen darf, der sollte sich dieses Buch dann unbedingt gönnen, es lohnt sich.


    danke für den Tipp. Ich bin immer auf der Suche nach guten Krimis.


    Gruß
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)


  • mit dem - Herz der Finsternis will ich dann auch den Anfang machen. Mal sehen was sich daraus dann so alles ergibt.


    Das wäre eine prima Leserunde ab Juli. Schade, dass Du dieser Art des Austauschs so skeptisch gegenüber stehst (wenn ich mich recht erinnere). Aber vielleicht finden sich andere Mitstreiter ...


    Viele Grüße


    Sir Thomas

  • Da ich mich seit einiger Zeit mit Goethe beschäftige, lese ich zurzeit "Dichtung und Wahrheit".


    Bin noch nicht sehr weit, deshalb kann ich noch nichts genaueres sagen, aber mein erster Eindruck ist positiv. Goethes Stil ist angenehm und die Themen die er anspricht finde ich interessant und lebensnah.

  • Abaelards Briefwechsel mit Heloisa


    [kaufen='3150032881'][/kaufen]



    Und ich habe noch nicht die Hälfte des ersten Briefes geschrieben, worin uns Abaelard über sein Leben berichtet, und ich bin bereits sehr begeistert. Er schreibt sehr klar, gelegentlich in schöner bildhafter Sprache, und nimmt öfter Bezug auf antike Persönlichkeiten.


    Ich weiß bereits nach 20 Seiten, dass mich diese Lektüre ungeheuer bereichern wird, vor allem was die Philosophie (der Antike und des Mittelalters) und die Theologie und die Lebensführung betrifft.


    Lieben Gruß
    Knabe


  • Und ich habe noch nicht die Hälfte des ersten Briefes geschrieben, worin uns Abaelard über sein Leben berichtet, und ich bin bereits sehr begeistert. Er schreibt sehr klar, gelegentlich in schöner bildhafter Sprache, und nimmt öfter Bezug auf antike Persönlichkeiten.


    Ich weiß bereits nach 20 Seiten, dass mich diese Lektüre ungeheuer bereichern wird, vor allem was die Philosophie (der Antike und des Mittelalters) und die Theologie und die Lebensführung betrifft.


    Auf den Spuren des vergnügten Schulmeisterleins Wutz in Auenthal. Schön finde ich das und anheimelnd, dass auch im 21. Jahrhundert noch dieser Tradition gepflogen wird.

    "Der wichtige Umstand, bei dem uns, wie man behauptet, so viel daran gelegen ist, ihn voraus zu hören, ist nämlich der, daß Wutz eine ganze Bibliothek - wie hätte der Mann sich eine kaufen können? - sich eigenhändig schrieb. Sein Schreibzeug war seine Taschendruckerei; jedes neue Meßprodukt, dessen Titel das Meisterlein ansichtig wurde, war nun so gut als geschrieben oder gekauft: denn es setzte sich sogleich hin und machte das Produkt und schenkt' es seiner ansehnlichen Büchersammlung, die, wie die heidnischen, aus lauter Handschriften bestand. Z. B. kaum waren die physiognomischen Fragmente von Lavater da: so ließ Wutz diesem fruchtbaren Kopfe dadurch wenig voraus, daß er sein Konzeptpapier in Quarto brach und drei Wochen lang nicht vom Sessel wegging, sondern an seinem eignen Kopfe so lange zog, bis er den physiognomischen Fötus herausgebracht (- er bettete den Fötus aufs Bücherbrett hin -) und bis er sich dem Schweizer nachgeschrieben hatte. Diese Wutzische Fragmente übertitelte er die Lavaterschen und merkte an: »er hätte nichts gegen die gedruckten; aber seine Hand sei hoffentlich ebenso leserlich, wenn nicht besser als irgendein Mittel-Fraktur-Druck.«"


    Ansonsten aber gebe ich dir Recht: Philosophiegeschichtlich sind Abaelards Briefe eine anregende Lektüre.


    Grüße


    s.

  • Ich habe inzwischen schon ein bißchen mit Gegen den Strich von Joris-Karl Huysmans angefangen. Man wird fast erschlagen von ausführlichen, üppigen Schilderungen der Einrichtung seines Hauses. Da muß man schon immer ganz genau lesen, um mitzubekommen, wie es aussieht, sonst kann man sich das alles gar nicht so genau vorstellen.


    @ Madeleine: hast du schon angefangen, bzw. wenn ja, wie weit bist du denn? Ich bin gerade im 4. Kapitel, wo er seine Schildkröte vergolden und mit Edelsteinen verzieren läßt, damit sein Orientteppich besser zur Geltung kommt :breitgrins:. Ist schon mal ziemlich dekadent. Mal sehen, was er sich noch so alles einfallen läßt.


    Viele Grüße
    thopas

  • Gutzkows "Zauberer von Rom" habe ich nach dem zweiten Buch abgebrochen. Die "unvergleichlich beste Schilderung der katholischen Welt" (die, ausgerechnet, Arno Schmidt dem Roman attestiert) ödet mich eher an. Es gibt die von den "Rittern" her bekannten Kolportage-Elemente, es gibt ein paar aufrechte Kommentare zum Zeitgeschehen etc. - aber alles in allem interessiert mich das nicht. Obendrein gibt es ein paar erzählerischen Tricks, die im 19. Jahrhundert vielleicht neu waren, heute eher zum Gähnen sind. Beispiel: Es gibt eine Leiche (Unfall), die für jemand bestimmtes gehalten wird, in einem späteren Gespräch wird in einem Nebensatz erwähnt, das Gesicht der Leiche sei völlig entstellt gewesen. Und schon weiß man, dass es sich natürlich um jemand ganz anderes handelt, dass es kein Unfall, sondern Mord war und blablabla. Da fühle ich mich doch eher für dumm verkauft als unterhalten.


    Vielleicht liegt es auch am Druck, dass ich die Lektüre nicht fortsetzen mag, die "Ritter" sind ja in einer wunderbar handlichen Ausgabe bei 2001 erschienen, der "Zauberer" im Rahmen der etwas klobigen hist.krit. Ausgabe. Wie auch immer: Das lese ich jedenfalls nicht weiter.


    Zur Abwechslung habe ich Wolf Haas "Wie die Tiere" eingeschoben, ein ganz wunderbarer, witziger und böser Roman, der nur so tut, als sei er ein Krimi.


    Und wenn ich schon mal dabei bin, dachte ich, dann les ich jetzt auch Stephen Kings "Carrie", was eine dumme Idee war, der Roman ist einfach kreuzdämlich. Was daran "Horror" oder auch nur "Spannung" sein soll, muss mir noch jemand zeigen. Das liegt natürlich daran, dass man weiß, was in in dem Roman passiert. Und dann ist sofort die Luft raus, denn sprachlich oder strukturell bietet Carrie nichts, absolut nichts.


    Derzeit lese ich Vargas Llosas "Tante Julia und der Kunstschreiber" und bin sehr angetan.


  • Gutzkows "Zauberer von Rom" habe ich nach dem zweiten Buch abgebrochen. Die "unvergleichlich beste Schilderung der katholischen Welt" (die, ausgerechnet, Arno Schmidt dem Roman attestiert) ödet mich eher an. Es gibt die von den "Rittern" her bekannten Kolportage-Elemente, es gibt ein paar aufrechte Kommentare zum Zeitgeschehen etc. - aber alles in allem interessiert mich das nicht. Obendrein gibt es ein paar erzählerischen Tricks, die im 19. Jahrhundert vielleicht neu waren, heute eher zum Gähnen sind. Beispiel: Es gibt eine Leiche (Unfall), die für jemand bestimmtes gehalten wird, in einem späteren Gespräch wird in einem Nebensatz erwähnt, das Gesicht der Leiche sei völlig entstellt gewesen. Und schon weiß man, dass es sich natürlich um jemand ganz anderes handelt, dass es kein Unfall, sondern Mord war und blablabla. Da fühle ich mich doch eher für dumm verkauft als unterhalten.


    Gut zu wissen. Obwohl ich, ehrlich gesagt, nach den Rittern vom Geiste wohl so schnell nicht mehr zu einem Gutzkow greifen werde. Die Briefe eines Narren an eine Närrin waren ja noch passabel, was aber über das Journalistische oder Feuilletonistische im weiteren Sinne hinausgeht, scheint definitiv Gutzkows Ding nicht gewesen zu sein ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Gut zu wissen. Obwohl ich, ehrlich gesagt, nach den Rittern vom Geiste wohl so schnell nicht mehr zu einem Gutzkow greifen werde. Die Briefe eines Narren an eine Närrin waren ja noch passabel, was aber über das Journalistische oder Feuilletonistische im weiteren Sinne hinausgeht, scheint definitiv Gutzkows Ding nicht gewesen zu sein ...


    Die Briefe und den Zauberer habe ich auch noch daliegen. Außerdem "Die neuen Serapionsbrüder". Kennt die jemand? Und wie sieht es mit Gutzkows Stücken aus? Sind die besser lesbar?

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym (2001)


  • Außerdem "Die neuen Serapionsbrüder". Kennt die jemand?


    sagen wir's mal so, ich hab die gelesen und kann das sogar mit einem Foto belegen:


    [Blockierte Grafik: http://www.damaschke.de/as/js/gasl03/gd.jpg]


    Aber frag mich jetzt nicht, worum es da eigentlich ging. Um die Börse, Gründerzeit etc. Aber der plot ist mir völlig entglitten.


    Ich habe übrigens in der ASml auch ein wenig gegen den Zauberer genörgelt, woraufhin sich der Herausgeber Kurt Jauslin meldete und die vielfach ineinander verwobene Einzelgeschichten des Romans lobte, die er als "ausgesprochen spannend" bezeichnete und zu dem Urteil kommt, Gutzkows "Zauberer" sei der einzige deutsche Roman, der den Standards des 19. Jahrhunderts (Dickens, Bulwer, Balzac ...) gewachsen sei.


    Das nur als "altera pars", nicht dass mein Genörgel noch jemanden von einer spannenden Lektüre abhält.

  • [...]Gutzkows "Zauberer" sei der einzige deutsche Roman, der den Standards des 19. Jahrhunderts (Dickens, Bulwer, Balzac ...) gewachsen sei.


    Standards des 19. Jahrhunderts ... nun ja. Was Dickens betrifft, bin ich für einmal mit Arno Schmidt einer Meinung, dass erst der späte wirklich lesenswert ist, während der frühe und mittlere vor Sentimentalität trieft. Allenfalls sind in den Pickwick Papers ein paar schöne Vignetten zu finden. (Bei Gutzkow auch - insofern hätte Jauslin recht ...) Bulwer ist, wenn man nicht gerade The Last Days of Pompeii liest, tatsächlich nicht zu verachten, um es mal mit Schmidt zu sagen. (Bulwer einer der wenigen Schmidt'schen Tipps übrigens, die ich bestätigt gefunden habe!) Balzac schliesslich - höhere Trivialliteratur, ein paar Spitzenprodukte, sehr viel Beiläufiges ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Bulwer einer der wenigen Schmidt'schen Tipps übrigens, die ich bestätigt gefunden habe!

    Wieland. Tieck. Wezel. Moriz. ETC.


    Wobei es imho gar nicht so sehr darauf ankommt, was konkret empfohlen wird, sondern wie. Das wird leidenschaftlich zur Lektüre aufgerufen, das trägt einen auch dort, wo man Autoren liest, die gar nicht in Schmidts Kanon auftauchen.


    Carl Spindlers "Vogelhändler von Imst" war auch so ein Tipp, für den ich dankbar war. Die Bändchen waren mir antiquarisch zufällig zugelaufen und siehe da, erwiesen sich als recht lesbar. (Auch wenn mir, natürlich, kaum noch was in Erinnerung ist außer der Tatsache, dass ich den Roman gelesen habe ;-))


    Was auch für Oppermanns "100 Jahre" gilt, die ich ebenfalls sehr gern gelesen habe.