Indonesien: Polizeieinheit verbrennt Installation von Tisna

  • Indonesien, Bandung: Polizeieinheit verbrennt Installation von Tisna Sanjaya


    Am 5. Februar zerstörten Beamte der städtischen Polizeieinheit Satuan Polisi Pamong Praja (Satpol PP) ein Kunstwerk des Künstlers Tisna Sanjaya auf dem Gelände Babakan Siliwangi (s.u.). Der leitende Beamte der Satpol PP, Syarief Hakim, begründete die Verbrennung zunächst als Säuberungsmaßnahme: „Was wir verbrannt haben, war nur ein Haufen Müll, Pappe und morscher Bambus. Wir haben nicht erkennen können, dass es sich um eine Skulptur oder ein anderes Kunstwerk handelte“.
    Die Installation mit dem Titel „Special Prayer for Death“ stellte ein aus Bambusgeflecht bestehendes Boot und einer auf dem Kopf stehenden menschlichen Figur dar. Das Kunstwerk war bereits seit 1997 auf verschiedenen nationalen und internationalen Ausstellungen, so in Australien, Japan, den Niederlanden, Deutschland und in Italien bei der „Venice Biennale Italia 2002“, zu sehen. In Jakarta war die vier Meter lange Installation im letzten Jahr Teil einer Einzelausstellung des Künstlers Tisna Sanjayas, der auch als Dozent an der Fakultät für Bildende Kunst und Design des ITB (Institut Teknologi Bandung) lehrt. Ausgestellt war sie zudem in der Nationalgalerie Jakarta im Rahmen der CP Biennale 2003.
    Seit Dezember letzten Jahres stand die Installation am Rand der Zufahrt zum Gelände des Babakan Siliwangi, wo sie unter anderem Bestandteil verschiedener Veranstaltungen von einer dort ansässigen Gruppe von Künstlern war.
    Augenzeugenberichten zufolge trafen am Morgen des 5.Februar vier Fahrzeuge des Satpol PP dort ein, zogen die Konstruktion in die Mitte der Zufahrt und zündeten sie an. Von dem Kunstwerk blieb schließlich nur der Rahmen aus Stahldraht und verbranntes Holz übrig.
    Tisna Sunjaya, der sich seit dem darauffolgenden Tag mit anderen Künstlern im Babakan Siliwangi trifft, erklärte, dass er eine rechtliche Klage anstrengen werde, da es unter anderem auch ein Verstoß gegen das Urheberrecht sei. Die Begründung der Beamten weist er entschieden zurück, so sei die Installation doch als geschlossene Form deutlich zu erkennen gewesen.
    Die Maßnahme der Polizei löste besorgte Reaktionen von Künstlern und Kulturschaffenden Indonesiens aus. Sie bewerteten den Vorfall als Akt des Vandalismus, als Verstoß gegen das Urheberrecht, als Zerstörung eines international anerkannten Kunswerks und als direkter Angriff auf die Kunstschaffenden.
    Die Beteiligung von Kräften des örtlichen Militärkommandos (Komando Distrik Militer) an der Verbrennungsaktion und Kommentare zuständiger Autoritäten bekräftigen allerdings die Vermutung, dass es sich bei der Aktion um mehr als eine Aufräumaktion der Polizei gehandelt habe.
    Syarief Hakim räumte zunächst als weitere Begründung für die Zerstörung des Kunstwerks ein, dass keine schriftliche Empfehlung der lokalen Kulturbehörde, Dewan Kerajinan Nasional Daerah Bandung, für die Kunst-Installation im Babakan Siliwangi vorgelegen habe. Das Bandung Art Projekt, ein Zusammenschluss von Künstlern, die ein Cafe auf dem Gelände betreiben, hätten diese dagegen vorweisen können. Eine Koordination mit der benachbarten Künstlergemeinschaft, die die Installation aufbauten, habe es nicht gegeben. Allerdings sagte dazu die Kommissionsleiterin des Provinzparlaments, Lia Nurhambali, dass die Kulturbehörde für die Vergabe von Empfehlungen nicht zuständig sei und schon garnicht für die Vergabe von Erlaubnisschreiben.
    Vom Leiter der Informationsabteilung des Militärkommandos, Kapten Tugiman, war nach dem Vorfall zu vernehmen, dass es sich bei dem Kunstwerk um eine Beleidigung des Militärs gehandelt habe. Beschriftungen am Kunstwerk hätten eindeutig das Militär des Landes erniedrigt und verunglimpft. An der Installation waren Preislisten für die Toilettengänge verschiedener Militärabteilungen angebracht. Als Beweis dafür seien Fotos vor der Verbrennung gemacht worden.
    Sanjaya selbst erklärte dazu, dass „Special Prayer for Death“ eine Kritik an Gewalt darstellte, Gewalt überall auf der Welt und damit auch Maßnahmen des indonesischen Militärs mit einschließe. Und natürlich müsse ein Kunstwerk immer auch im Zusammenhang betrachtet werden. Falls das Militär sich gedemütigt fühle, so fragte Sanjaya, warum suchen die Verantwortlichen nicht den Weg des offenen Dialogs oder aber der rechtlichen Schritte.
    Die offizielle Erklärung des Kommandanten des örtlichen Militärs, Iwan Ridwan, zu dem Vorfall war erst am Sonntag, den 22. Februar in der Presse zu lesen. Ridwan rechtfertigte die Zerstörung des Kunstwerks mit der Begründung, dass das Militär mit Beschriftungen an der Installation beleidigt worden sei. Zudem erklärte er, dass die Aktivitäten der involvierten Künstler illegal seien und diese kommunistische Attribute zeigten. Das Militär sei die Festung des Landes und Menschen, die es beleidigten und hassten würden das Land zerstören wollen.



    Babakan Siliwangi
    Das Gelände des Babakan Siliwangi, von der Stadtregierung Bandungs verwaltet, ist zur Zeit selbst Gegenstand heftiger Kontroversen. Das Tal im Norden Bandungs ist als Stadtwald eins der letzten Grünflächen der Dreimillionenstadt. Seit den fünfziger Jahren arbeiten und leben dort Künstler und das Gelände wurde zu einem Ort für kulturelle Veranstaltungen. Auf einem Teil des Geländes wurden später ein Sportkomplex und das Veranstaltungsgebäude Sasana Budaya Ganesha der ITB, sowie ein Gebäude der Mineralwasser Firma Air Cerdas Ganesha errichtet.
    Der Rest der bewaldeten Fläche sollte im letzten Jahr, nach Plänen der Bandunger Stadtverwaltung, dem Bau eines 21 Stockhohen Appartmentgebäudes zum Opfer fallen. Neben diesem Vorhaben eines potentiellen Investors hatte auch das ITB einen ähnlichen Plan zur Bebauung und kommerzieller Nutzung des Geländes.
    Von der Künstlergemeinschaft, die als Nutzer in die Planung der Stadtregierung miteinbezogen hätte werden müssen, und solidarischen Gruppen wurden Einwände gegen die Zerstörung des Geländes vorgebracht. Sowohl die rechtlichen Aspekte der Nutzung als auch die Notwendigkeit der Erhaltung des ökologischen Wertes des Babakan Siliwangi wurden formuliert und in die Debatten eingebracht. Die ökonomische Gewinnabschöpfung durch die Veräußerung an einen Investor im Sinne der Stadtregierung steht in keinem Verhältnis zum Verlust des Geländes als öffentlichem Ort kulurellen Geschehens, als Ökosystem einer Millionenstadt und als Erholungsgebiet für Bewohner Bandungs.