Jakob Michael Reinhold Lenz

  • Jakob Michael Reinhold Lenz (1751-1792) ist heute vor allem noch für seine Sturm und Drang - Dramen "Der Hofmeister" und "Die Soldaten" bekannt. Er hat aber auch einiges an Prosa, Lyrik und Sachtexten verfasst.

    Ich las jetzt sein kurzes Romanfragment "Der Waldbruder", das Schiller posthum 1797 in seiner Zeitschrift "Die Horen" veröffentlichte. Das Manuskript stammt aber schon von 1776.


    Im "Waldbruder" persifliert Lenz recht gekonnt Goethes Werther, indem er einen jungen Mann mit dem angenommenen Namen Herz (sic!), einen unehelichen Sohn der Zarin Katharina, selbstmitleidig in Liebesweh um eine unerfüllte Liebe versinken lässt. Herz lernt seine Geliebte - eine bereits verlobte Gräfin - durch einen Briefwechsel mit seiner Zimmerwirtin kennen und verliebt sich in ihren Charakter, wie er sich in den Briefen spiegelt. Als er erkennt, dass sich diese Liebe nicht erfüllen kann, flüchtet er in die Einsamkeit des Odenwaldes, um ganz seinem Liebesweh zu leben. So romantisch, so unspektakulär. Interessant wird das Ganze dadurch, dass das Geschehen sich in einem Briefwechsel verschiedener Personen spiegelt, die direkt mit Herz, aber auch untereinander korrespondieren.
    Die Hauptrolle spielt dabei Herzens älterer Freund Rothe, der Goethe nachgebildet ist und der diesen als augenzwinkernden Intriganten und Epikuräer ausweist. Die munteren Kommentare zu Herzens Herzeleid machen dem Leser Spaß. Das Fragment ist leider nur einige dreißig Seiten dick, ganz plötzlich verliert Lenz die Lust zum Weiterschreiben, warum, das erläutert der Kommentar in meiner Ausgabe nicht. Ein nettes kleines Stück Prosa mit einigen funkelnden Passagen.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)