Pepys, Samuel - Die Tagebücher

  • Hallo Maria,


    ja, aufs Pepys-Lesen freu ich mich und ein Austausch wäre schön! Vielleicht kann ich schon am Wochenende anfangen. Mal sehen.


    Es sind gerade auch die Kleinigkeiten, wie Du sie erwähnst, die ich interessant finde, da man dadurch so ein umfassendes Bild der Zeit bekommt, egal ob politisch, gesellschaftlich oder kulturell - und von Pepys selbst natürlich auch (der wahrlich vielseitig interessiert ist :zwinker:).


    Gruß, Gina

  • Ich habe jetzt bis März 1662 gelesen.



    Pepys reduziert seine Theaterbesuche und seinen Alkoholkonsum und widmet sich angestrengt seiner Arbeit im Flottenamt, was ihm auch Respekt einbringt (lt. seiner Aussage) ...


    Bisher hält er sich an seine eigenen Regeln, kümmert sich um häusliche Belange und vor allem um seine Arbeit. Zuvor hatte ich mich schon gewundert, wofür er eigentlich Geld bekommt, so selten wie er sich im Amt sehen ließ. Irgendwelche Arbeitszeitregelungen scheint es ja nicht gegeben zu haben.


    Und manches, das er notiert hat, könnte auch heutigen Nachrichten entstammen: ein schwerer Sturm hat große Schäden angerichtet, Pepys hat es mit einem Unterschriftenfälscher zu tun und deutsche Rüstungsexporte gab es auch schon - ein Deutscher stellt eine Seemine (!) vor ...


    "Romeo und Julia" bezeichnet er im März als das schlechteste Stück, das er je gesehen hat (die Schauspieler kannten allerdings auch ihren Text nicht).


    Gruß, Gina


  • ... Man erfährt, daß sich Pepys "Clerk of the Acts" (ein Titel aus der Navy?) nennen darf. ...


    Gruß,
    Maria


    Hallo Maria,


    beziehst Du Dich hier auf die Stelle am 22.04. (S. 86) oder kommt dazu nach April noch was?


    Ich denke, an der Stelle hat sich Pepys ein scherzhaftes Wortspiel erlaubt: "... wir (Dr. Clarke und er) nannten uns Vetter - da sein Name Clarke ist und ich mich "Clerk of the Acts" nennen darf."


    Sie sind durch Clarke/Clerk "verwandtschaftlich" verbunden (klingt gleich - zumindest im Britischen Englisch :zwinker:). Einen entsprechenden Navytitel hab ich nicht gefunden.


    Gruß, Gina



  • Ja, ich bezog mich auf dem 22. April und habe auf der Webseite des Magdalene College den Hinweis auf den Navy Titel gefunden.


    4. Abschnitt....
    http://www.magd.cam.ac.uk/samuel-pepys/


    du liegst schon richtig, dass hier Pepys ein Wortspiel anwendet, immerhin teilen die beiden Männer in dem Gasthof ein Bett miteinander. Ich wundere mich sowieso wie ungezwungen die Männer ein Bett rein freundschaftlich miteinander teilen, oder sogar am Bett Aufgaben delegieren oder Geschäfte abwickeln, schon öfters passiert am Bett von Lord Sandwich..


    Harte Sitten auch für Hausdiener; dieser Will bekommt oft Prügel von Pepys :rollen:


    Ich bin im Oktober 1662. Sein Haus ist fast fertig umgebaut (er bangt immer noch um ein Zimmer und den Zugang zur Dachterrasse), seine Frau ist zurück, der Haushalt bekommt wieder seine Ordnung, die er so liebt und braucht.


    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)


  • Ja, ich bezog mich auf dem 22. April und habe auf der Webseite des Magdalene College den Hinweis auf den Navy Titel gefunden.


    4. Abschnitt....
    http://www.magd.cam.ac.uk/samuel-pepys/


    Ah, super! Vielen Dank für den Link. :klatschen:
    (Am 29.06.1660: "..., where I got my warrant from the Duke to be Clerk of the Acts.")



    Harte Sitten auch für Hausdiener; dieser Will bekommt oft Prügel von Pepys :rollen:


    Ja, der gute Pepys scheint ein strenger Dienstherr gewesen zu sein und hat gerne Stock oder Rute geschwungen ... (aber wenigstens hat ihn einmal nach der Züchtigung selbst der Arm geschmerzt :smile:).


    Ich konnte seither leider gar nicht weiterlesen. Ich hoffe, es wird nächste Woche wieder etwas besser.


    Gruß, Gina

  • Ich habe 1662 inzwischen beendet. Pepys hat jetzt wieder ein wenig Pause.


    Das war wieder ein interessantes Jahr. Pepys hat sich an seine Vorsätze gehalten und sich weitgehend auf die Arbeit konzentriert. Dadurch hat sich seine Position gefestigt und er bekommt entsprechenden Zuspruch. Vor allem die Wertschätzung und das Vertrauen von Lord Sandwich sind ihm nach wie vor sehr wichtig.


    Ärgernisse gab es auch einige, wie der teilweise etwas chaotische Hausumbau und die leidige Erbschaftsangelegenheit. Interessant und unterhaltsam auch die "Schatzsuche" im Tower, die leider erfolglos blieb ... das hatte fast schon etwas komödienhaftes, wie sie sich durch den Keller gewühlt haben. :breitgrins:


    In diesem Band ist mir auch wieder bewusst geworden, wie unheimlich wichtig die Themse als Verkehrsweg in der Stadt lange war. Pepys geht zwar auch zu Fuß oder nimmt eine Kutsche, aber sehr oft nimmt er den Weg auf dem Fluss.


    In Claire Tomalins Pepys-Biographie habe ich vorhin beim ersten Durchblättern in einer Bildunterschrift gelesen: "The Thames was the main thoroughfare for Londoners, and the many water stairs on the banks acted rather like bus stops." :smile:


    Auf jeden Fall ist es immer wieder faszinierend in so umfang- und detailreichen Tagebüchern zu lesen, die vom Leben vor 350 Jahren erzählen.


    Gruß, Gina

  • Hallo Gina,


    ich bin nun auch durch mit 1662. Die Schatzsuche hat mir auch überaus gut gefallen! Vieles hat man wieder erfahren können, Ängste über Komplotte und Verschwörungen, die ungeliebten Bischöfe von London, die Aufstellung einer Fischfangflotte nebst staatlicher Förderung, den Tanger-Ausschuss, Dünkirchen wurde verkauft... dazu noch die häuslichen Probleme, z.B. dass Mrs. Pepys eine Gesellschafterin möchte und so abgeneigt ist Pepys nicht, solange sie tanzen und singen kann, die Krankheiten der Freunde, Erbschaftsangelegenheit, Umbau des Hauses, zum ersten Mal sah er Schlittschuhläufer ... ich finde es sogar interessant, daß Pepys sich einen Türklopfer besorgt hat, der in Mode gekommen ist... :breitgrins:


    Sehr wichtig ist ihm das Flottenamt. Gegen Ende des Jahres schreibt er:


    Es erfüllt mich mit Stolz, daß gesagt wird, er und Mr. Coventry verrichten die ganze Arbeit im Flottenamt. - 23.12.1662


    ja, und "Butterbier" ist keine Harry-Potter-Erfindung, schon Pepys trank es :trinken:


    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Beim lesen der Biographie Winston Churchills kam mir ab und zu der Gedanke, daß er der Pepys der 20. Jahrhundert war, mit seinem Mammutwerk an Briefen, Essays, Tagebüchern, Romane, Erinnerungen. Die Sichtung seiner Papiere dauern bis heute an.


    Er schrieb über seine Tätigkeit als Marineminister:


    Ich besuchte jedes Dock, jede Werft, jede Marineeinrichtung auf den britischen Inseln und im Mittelmeer und jedes wichtige Kriegsschiff.... Ich machte mich genau damit vertraut, wie alles aussah, wo alles war und wie sich alles ineinander fügte. Am Ende hatte ich auf Anhieb alles bereit, was gebraucht wurde..


    (Thomas Kielinger: Winston Churchill. Der späte Held )



    Pepys wie Churchill, beide bedeutsame Chronisten ihrer Zeit.

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Das ist ja eine interessante Beobachtung! Das Zitat könnte wirklich (fast) von Pepys sein! Alles ansehen, wissen wollen, vorbereitet sein ... :klatschen:


    (Bei gutenberg.org gibt's "Complete Works of Winston Churchill" - über 4000 Seiten! Die schlummern auf meinem Reader.)


    Gruß, Gina


  • Das ist ja eine interessante Beobachtung! Das Zitat könnte wirklich (fast) von Pepys sein! Alles ansehen, wissen wollen, vorbereitet sein ... :klatschen:


    (Bei gutenberg.org gibt's "Complete Works of Winston Churchill" - über 4000 Seiten! Die schlummern auf meinem Reader.)


    Gruß, Gina


    Verführerin :breitgrins:


    Allerdings, das eBook unter dem obigen Titel, ist vom amerikanischen Romancier Winston Churchill. Er und der britische Winston Churchill einigten sich darauf, dass der Engländer unter Winston S. Churchill veröffentlicht. Von diesem amerikanischen Schriftsteller habe ich noch nichts gehört.
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Winston_Churchill_(Romancier)


    Wobei Gutenberg.org keine Unterscheidung im Namen macht, erst wenn man das eBook aufschlägt. Da heißt es dann.... „[The Author is the American Winston Churchill not the British]


    Complete Works von Winston S. Churchill habe ich noch nicht gefunden. Nur Einzeltitel.


    Gruß,
    Mark

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

    Einmal editiert, zuletzt von JMaria ()

  • Oh hoppla, kleine Panne ... Das kommt davon, wenn man's auf den Reader packt und vorher nicht richtig guckt. :breitgrins: Danke für den Hinweis. Ich hätte es wohl erst in ein paar Jahren oder so gemerkt. :breitgrins:


    Gruß, Gina


  • Oh hoppla, kleine Panne ... Das kommt davon, wenn man's auf den Reader packt und vorher nicht richtig guckt. :breitgrins: Danke für den Hinweis. Ich hätte es wohl erst in ein paar Jahren oder so gemerkt. :breitgrins:


    Gruß, Gina


    :breitgrins:


    Ich habe ja noch Winston S. Churchill "Kreuzzug gegen das Reich des Mahdi" im SUB.
    Die Biographie von Thomas Kielinger mag ich sehr gern. Sie wirkt modern, sogar ein Hinweis auf YouTube ist enthalten... und dadurch, dass Kielinger manche Zitate m Original belässt (mit Übersetzung, aber erst im Original ist es wirklich originell) macht er dem Leser diese barocke Sprachgewalt Churchills verständlich. Manche Bonmots sind dem Engländer so eingebürgert, ähnlich Shakespeare Zitaten.


    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)


  • Ich habe ja noch Winston S. Churchill "Kreuzzug gegen das Reich des Mahdi" im SUB.
    Die Biographie von Thomas Kielinger mag ich sehr gern. Sie wirkt modern, sogar ein Hinweis auf YouTube ist enthalten... und dadurch, dass Kielinger manche Zitate m Original belässt (mit Übersetzung, aber erst im Original ist es wirklich originell) macht er dem Leser diese barocke Sprachgewalt Churchills verständlich. Manche Bonmots sind dem Engländer so eingebürgert, ähnlich Shakespeare Zitaten.


    Gruß,
    Maria


    So und ich hab bei amazon noch kurz reingelesen und schwuppdiwupp ist die Biographie auf meinem Wunschzettel gelandet ... :smile:


    Wenn ich den Namen Winston Churchill höre, muss ich immer an eine Stelle im Briefwechsel von Vita Sackville-West und ihrem Mann Harold Nicolson ("In der Ferne so nah") denken. Im April 1961 erzählt Nicolson von einem Bankett: "Ich sah, wie Winston ging. Der Präsident (der Royal Academy) nahm seinen einen Arm, ein Lohndiener den anderen, und dann trugen sie den alten Knaben fast die Treppe hinunter. Er ist schrecklich alt. Seine Augen sind erloschen und reglos. Ich sah, wie sein riesiger Kahlkopf die Treppe hinunter verschwand, und schickte ihm meinen Segen nach. "Das werden wir vielleicht nie wiedersehen", sagte hinter mir eine Stimme."


    Sehr bewegend, wie ich finde.


    Gruß, Gina